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Archiv: Horst Seehofer und Markus Söder

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CSU: Der Trennungsbeschluss von Seehofer und Söder

Seit zwei Monaten regiert in Bayern Markus Söder, Horst Seehofer ist in Berlin. Die beiden CSU-Alphatiere hatten sich vorgenommen, ihre Dauer-Feindschaft zurückzustellen und zusammenzuarbeiten. Zeit für eine Bilanz. Von Achim Wendler

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

So weit wie an diesem Vormittag sind Horst Seehofer und Markus Söder selten auseinander. Seehofer sitzt in Berlin in seinem Innenministerium inmitten seiner Staatssekretäre. Markus Söder sitzt derweil in Brüssel in der bayerischen Vertretung inmitten seines Kabinetts.

Zwischen ihnen liegen ziemlich genau 775 Kilometer. Genug Abstand, um dem jeweils anderen mal wieder eins mitzugeben. Seehofer ist gerade gefragt worden, was er von Söders Kreuz-Erlass halte. Früher wäre ihm das Anlass genug gewesen, um mindestens eine spitze Bemerkung über Söder zu machen, bei Bedarf auch deftigeres. Jetzt aber das:

"Ich werde zu Dingen, die im Zusammenhang stehen mit der Arbeit meines Nachfolgers, nichts sagen." Horst Seehofer CSU-Chef und Bundesinnenminister

 Auch auf Nachfrage bleibt er dabei, keine Antwort. Er habe auch nach seinen früheren Ministertätigkeiten nie die Politik der Nachfolger kommentiert.

Das laute Schweigen in der CSU

Es ist tatsächlich so: Seehofer schweigt nicht nur zum Kreuz-Erlass seines Nachfolgers Söder, sondern auch zur Frage der Amtszeitbegrenzung für den Ministerpräsidenten und zum neuen bayerischen Kabinett.

Umgekehrt ist es genauso. Markus Söder schweigt zu allem, was der Bundesinnenminister sagt und tut. Zum Familiennachzug etwa oder zu den Ankerzentren für Asylbewerber. Eine Ausnahme war Seehofers Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Dazu äußerte sich Söder in einem Interview: "Die Aussage stimmt ja!“ 

Funktionierende Fernbeziehung?

Ansonsten gilt eine Art Trennungsbeschluss: Seehofer macht Bundesinnenpolitik, Söder hält sich auffallend strikt an sein Bekenntnis „Mein Platz ist Bayern" und macht bayerische Politik. Und wenn der Ministerpräsident doch mal in die Bundesliga ausholt, dann zum Thema EU und Haushalt, ein Feld, auf dem er Olaf Scholz trifft, aber nicht Horst Seehofer. 

Zwischenbilanz nach zwei Monaten: "Überraschend ruckelfrei“, sagt ein CSU-Mann, der beide sehr gut kennt. Söders Bilanz ist positiver:

"Wir können gut Doppelpass spielen!" Markus Söder (CSU), bayerischer Ministerpräsident

Alles konfliktfrei zwischen Seehofer und Söder?

Ist das zu positiv? Interessant ist, wie der CSU-Bundestagsabgeordnete Stefan Müller die Frage nach dem Arbeitsverhältnis der CSU-Alphamänner beantwortet:

"Nach meinem Eindruck klappt diese Zusammenarbeit sehr, sehr gut. Es gibt eine enge Abstimmung zwischen München und Berlin, auch was Themen angeht." Stefan Müller, Parlamentarischer Geschäftsführer CSU-Landesgruppe

 Wohlgemerkt, Müller spricht von Abstimmung "zwischen München und Berlin", nicht zwischen Söder und Seehofer. 

Keimfreier Kontakt per SMS

Es gab ja Zeiten, da redeten die beiden praktisch gar nicht miteinander. Im Moment besprechen sie sich gelegentlich, am vergangenen Montag zum Beispiel saßen sie zusammen in Seehofers Büro in der CSU-Zentrale und berieten den Umgang mit der AfD. Hauptsächlich aber kommunizieren sie per SMS.

Söder wie Seehofer sagen, sie hätten immer dann gut zusammengearbeitet, wenn es ernst oder einfach notwendig war. Im Moment trifft zweifellos beides zu für die CSU, fünf Monate vor der Landtagswahl.

Seehofer fehlte bei Söders Vereidigung

Aber kann man wirklich von "sehr, sehr guter Zusammenarbeit“ sprechen? Von "Doppelpass"? Als Söder Mitte März als Ministerpräsident vereidigt wurde, fehlte Horst Seehofer. Er habe einen "dringenden Termin“, ließ er wissen. Wenn das stimmt, drängt sich die Frage auf, weshalb er den Termin nicht verlegt hat. Denn allein spielt es sich nun mal schlecht Doppelpass.

Hinkt der Vergleich?

Sein demonstratives Schweigen zu Söders Politik begründet Seehofer damit, sein Vorgänger Günther Beckstein und auch Edmund Stoiber hätten es genauso gehalten. Der Vergleich hat nur einen Haken: Stoiber und Beckstein waren komplett raus aus der aktiven Politik, als sie schwiegen. Seehofer dagegen ist zwar nicht mehr Ministerpräsident, aber nach wie vor CSU-Chef. Kann er als solcher wirklich schweigen zur Arbeit des CSU-Ministerpräsidenten? Nicht-Einmischung ist nicht gleich Zusammenarbeit.