Eine Frau mit schwarzen Haaren und dunkler Brille, dahinter zwei aufgeschlagene Notenblätter an einer Orgel.
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Constanze Pott lebt seit zwei Monaten als Frau. Als Transfrau wird sie beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg mitwirken.

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Coming-Out: Als Transfrau im Kirchenvorstand

Constanze Pott ist Synodale aus Neunkirchen am Brand, sie vertritt die Interessen der Christen in den Dekanaten Gräfenberg und Erlangen. Seit zwei Monaten lebt Pott als Frau. Als Transfrau wird sie beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg mitwirken.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Versunken in den Klangwelten – wenn Constanze Pott Orgel spielt, ist sie ganz bei sich. Die 52-Jährige spielt jeden Sonntag in der Christuskirche in Neunkirchen am Brand im Landkreis Forchheim. Außerdem ist sie im Kirchenvorstand und Landessynodale, das heißt sie vertritt die Dekanate Gräfenberg und Erlangen bei der evangelischen Landessynode. Vor zehn Wochen hatte Constanze Pott ihr Coming-Out. Zuvor hatte sie sich jahrzehntelang heimlich geschminkt, jetzt lebt sie ihr Frausein offen aus.

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Blicke mit einem Lächeln kontern

Constanze Pott trägt einen dunkelblauen Blazer und Hose, dazu schwarze Pumps, die schulterlangen schwarzen Haare hat sie locker nach hinten gebunden. Die Blicke der anderen kontert sie mit einem Lächeln und geht offen auf die Leute zu. Der Neunkirchner Pfarrer Axel Bertholt hat sie von Anfang an unterstützt. Er sagt, man habe schon lange gemerkt, dass da jemand mit sich probiert. Pott kam als erstes zu ihm, um über die Transition und das weitere Vorgehen zu sprechen.

Langer Weg zur Frau

Die Transition ist bei Constanze Pott der lange Weg zum Frauwerden. Bis vor drei Monaten lebte sie ein männliches Leben als Familienvater, Organist, Kirchenvorstand, Triathlet und im Beruf als Berater für Künstliche Intelligenz bei Siemens. Der Personalausweis ist nach wie vor männlich, die Mitarbeiterkarte bei Siemens auch. Dieser Hausausweis wird in den kommenden Wochen getauscht, die Email-Adresse hat die Personalabteilung schon umgestellt. Der Arbeitgeber hat schnell reagiert, denn Siemens hat einen Leitfaden für Diversität erarbeitet. Das Projekt gibt es seit eineinhalb Jahren.

Siemens richtet zum Beispiel genderneutrale Toiletten ein und begleitet die Transition jedes Mitarbeitenden individuell. Die Angestellten sollen sich wohlfühlen, erzählt Andrea Boese von der Personalabteilung, sie hat das Projekt von Anfang an mit begleitet. Engagierte und kreative Mitarbeitende sind immer schwieriger zu finden und viele dieser Talente legen Wert auf Inklusion und Diversität. Arbeitgeber wie Siemens können mit ihren Diversitätsleitfäden punkten. Insgesamt kennt Andrea Boese zehn Transpersonen im Unternehmen.

Premiere - Predigt beim Kirchentag

Kurz vor der Mittagspause hat Constanze Pott noch ein Meeting. Die Tage der Beraterin sind eng getaktet. Um Frau werden zu können, muss sie Therapiesitzungen und Gutachten vorlegen und ein Jahr als Frau leben, erst dann kann sie den Pass ändern und eine entsprechende Operation bei der Krankenkasse beantragen.

Die ersten großen Schritte in der Öffentlichkeit sind getan. Auch die ersten körperlichen Veränderungen hat Constanze Pott machen lassen. So hat sie die ersten Sitzungen zur Entfernung der Barthaare hinter sich. Insgesamt wird die Transition wohl mehrere Jahre dauern. Constanze Pott möchte sich keine sportlichen Ziele setzen und vertraut auf ihren Glauben. Beim Evangelischen Kirchentag wird die Transfrau mitwirken, wieder eine Premiere, die viel Mut braucht, doch das Selbstvertrauen dazu hat Constanze Pott.

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