Campingsee in Kahl am Main
Bildrechte: BR/Katrin Küx

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Campingsee in Kahl: "Mangelhaft" oder "Trinkwasserqualität"?

In Kahl am Main bei Aschaffenburg liegt Bayerns größter Camping-See. Die Europäische Umweltagentur benotet die Wasserqualität mit "mangelhaft". Der Bürgermeister spricht hingegen von "Trinkwasserqualität".

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Jürgen Seitz steht am Campingsee Freigericht-Ost in Kahl am Main bei Aschaffenburg und schüttelt mit dem Kopf. Die Europäische Umweltagentur EEA hat dem Badesee kürzlich eine schlechte Wasserqualität bescheinigt. Bürgermeister Seitz betont: "Das, was wir in Kahl hier haben, ist Trinkwasserqualität – die höchste Stufe! Und das lasse ich mir auch von der EU nicht kaputt machen!"

Jürgen Seitz verweist auf monatliche Proben des Aschaffenburger Gesundheitsamts und auf Proben, die der Campingplatz selbst jeden Monat entnehmen lässt – an vier Stellen nahe des Ufers. Alle Proben sind ohne Beanstandung. Doch wie kann es zu so unterschiedlichen Bewertungen kommen? Wer hat recht – die EU oder die Experten vor Ort?

Wie gefährlich ist das Bad im See?

Eine negative Probe von vor mehreren Jahren sei schuld, sagt Platzbetreiber Peter Duzak: "So eine kleine vorgelagerte Insel war an dieser Badestelle – für Fische, die laichen. Dann wurde gesagt, durch diese Insel wird das Wasser zurückgehalten, es kann also nicht ausgetauscht werden. Dann haben wir diese Insel schweren Herzens 2018 entfernt, diesen Strandbereich 2020 nochmals begradigt, so dass das Wasser durchfließen kann. Und seitdem sind die Werte ja auch einwandfrei."

Auch das Aschaffenburger Gesundheitsamt bescheinigt dem See Freigericht-Ost sehr gute Werte, testet ebenfalls monatlich. Auf Nachfrage dort, wie es zu der unterschiedlichen Bewertung durch die EU kommt, heißt es: diese nehme nur eine Probe jährlich. Und: Für ihre Einstufung zieht die EU einen Zeitraum von vier Jahren heran – ist ein Wert schlecht, bleibe der Makel mehrere Jahre haften.

EU-Beurteilung umfasst mehrere Jahre

Die EU-Gewässerverordnung ist erst kürzlich von drei auf vier Jahre erweitert worden. Kahls Bürgermeister Jürgen Seitz hat die Europaabgeordneten in seinem Wahlkreis auf das Problem aufmerksam gemacht, wollte erreichen, dass der Turnus verkürzt wird. Die Antwort: "So sind halt die Richtlinien." Die Badenden in Kahl lassen sich vom schlechten Zeugnis der EU nicht beeindrucken. "Das Wasser ist klar, wir haben noch nie Ausschlag oder Durchfall bekommen hier und wir kommen seit vielen Jahren regelmäßig", sagt eine Frau aus Frankfurt. Ein Mann aus Hanau lacht: "EU-Wert? Das hat für mich keinerlei Aussagekraft!"

Kinder besonders gefährdet

Vorsicht ist an Badeseen geboten, wenn viele Wasservögel unterwegs sind, schreibt das Bayerische Landesamt für Gesundheit. Enten- und Gänsekot verursacht mitunter Darmerkrankungen, betont auch Dr. Christian Wieg, Chefarzt in der Aschaffenburger Kinderklinik, und sieht vor allem eine Gruppe gefährdet: "Wir wissen, dass wenn man in einem Gewässer schwimmt, man immer ein bisschen Wasser schluckt. Umso kleiner ein Kind ist, ist die Menge des Wassers in Bezug auf das Körpervolumen natürlich größer. Das heißt, kleinere Kinder haben ein größeres Risiko, sich mit kontaminiertem Wasser zu infizieren."

Wenn es lange heiß ist, kaum regnet und viele Wildvögel auf dem Wasser unterwegs sind, kann das Bad im See für die Kleinen gefährlich werden, betont der Mediziner. Das gilt für alle Seen. Und die Population an Grau-, Nil- und Kanadagänsen hat an vielen Orten stark zugenommen. Der Appell von Kahls Bürgermeister Jürgen Seitz ist deshalb ein bayernweiter: "Bitte füttern sie keine Tiere bei uns am See!"

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