Es gebe keine rote Welle, sondern nur die grüne Welle, sagt Uli Schäpe, der Chef der Ampelplaner für die Münchner Innenstadt und den Osten der Stadt. Die grüne Welle gibt es zu Stoßzeiten, wenn morgens die Pendler von auswärts in die Stadt zur Arbeit fahren und spätnachmittags, wenn sie wieder nach Hause wollen. Dann werden die Grünphasen an den Ausfallstraßen verlängert, um den Verkehr flüssig zu halten.
Viel Planung für viel Grün
"Wir planen die grünen Wellen. Wir holen uns vorher die Verkehrszahlen. Wir schauen, wann fahren wie viele Fahrzeuge in welche Richtung. Dann koordinieren und planen wir die Ampeln, und das wird dann tagtäglich geschaltet. Am Samstag wird die Welle anders geschaltet wie am Sonntag – und Montag bis Freitag auch wieder anders." Uli Schäpe, Münchner Chef-Ampelplaner
Es gibt sogenannte Festzeit-Ampelanlagen, die alle 90 Sekunden immer gleich lange Grün- oder Rotphasen wiederholen. Und, es gibt die sogenannten verkehrsabhängigen Anlagen, die genau erkennen können, wie viele Fahrzeuge gerade unterwegs sind.
Parken in zweiter Reihe setzt Ampel schachmatt
Dazu sind direkt an der Ampelanlage Detektoren in die Fahrbahn eingebaut. Solche "Helmholtz-Schleifen" liegen auch 20 und 50 Meter vor der Kreuzung unter der Fahrbahndecke. Die Ampelanlage registriert dann, wie dicht der Verkehr ist. Wenn etwa zwei Sekunden lang kein Fahrzeug mehr kommt, schaltet die Ampel auf Rot. Wenn allerdings ein Auto in zweiter Reihe länger auf einer "Helmholtz-Schleife" parkt, funktioniert das System nicht mehr.
150 grüne Wellen möglich
In München gibt es ungefähr 1.100 verkehrsabhängige Ampeln. Diese sind miteinander verknüpft, sodass zurzeit 150 grüne Wellen ausgelöst werden können.
"Wir planen immer mehr, aber es ist nicht so leicht, weil die Ampeln immer weiter auseinander sind – da zieht sich dieser Verkehrspulk wahnsinnig auseinander. Die ersten Autos kommen drüber, das dritte oder vierte Auto vielleicht nicht, oder die Leute fahren schneller wie 50, das heißt, die fahren vorher auf die rote Ampel auf, dann ist wieder ein Stau da. Da gibt es viele Faktoren, die gegen eine grüne Welle sprechen." Uli Schäpe, Münchner Chef-Ampelplaner
Busse und Trambahnen sorgen für rote Ampeln
Dass es in München doch so was wie rote Wellen gibt, räumt Schäpe indirekt ein und macht dafür einen Stadtratsbeschluss verantwortlich, wonach Busse und Trambahnen beschleunigt werden. Wenn ein Bus auf eine Ampel zufährt, schickt er Signale voraus, damit er Grün bekommt.
"Das heißt, das ganze Ampelprogramm dreht sich so für Bus und Straßenbahn hin, dass der Verkehr in der Nebenrichtung leider auf Rot aufläuft. Aber, das hat der Stadtrat so beschlossen, und wir setzen das um." Uli Schäpe, Münchner Chef-Ampelplaner
Entweder Bus oder grüne Welle
Beispiel Wasserburger Landstraße: Viele Autofahrer sind frustriert von dieser Ausfallstraße, weil viele Fahrer das Gefühl bekommen, von roten Ampeln gegängelt zu werden.
"Also, wenn sie morgens stadteinwärts fahren, haben sie zumindest weniger Halte, wie wenn sie in der Früh stadtauswärts fahren. Aber die vielen Busse beeinflussen die Anlagen, weil wir wollen, dass mehr Leute mit dem Bus fahren, und das wirkt sich halt negativ auf die grüne Welle aus. Also beide Sachen können wir nicht machen: entweder Bus oder grüne Welle. Und dadurch, dass ja der Bus auch zwischen den Ampeln anhält, springt diese grüne Welle manchmal drüber und sie müssen anhalten." Uli Schäpe, Münchner Chef-Ampelplaner
Schäpe: Rote Welle wäre kontraproduktiv
Der öffentliche Personennahverkehr hat in München Vorrang. Busse und Trambahnen verwandeln damit ungewollt grüne in rote Wellen. Das erklärt, warum Autofahrer auf bestimmten Ausfallstraßen tatsächlich von roten Ampeln ausgebremst werden. Dass die Verkehrsplaner aber willentlich rote Wellen und Staus produzieren, verneint Chef-Ampelmann Schäpe ganz entschieden:
"Das wäre total kontraproduktiv, denn dann würden sich die Autofahrer Schleichwege suchen – vorbei an Schulen und Kindergärten etwa. Das aber will niemand." Uli Schäpe, Münchner Chef-Ampelplaner
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