Ein junger Baum steht in dem durch Flussbaumaßnahmen begradigten Rappenalpbach im Rappenalptal bei Oberstdorf.
Bildrechte: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Mit den im September durchgeführten Arbeiten am Rappenalpbach hat sich am Montag das Verwaltungsgericht Augsburg befasst.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Bagger im Rappenalptal – Streitparteien schließen Vergleich

Das Rappenalptal bei Oberstdorf zählt zu den am strengsten geschützten Naturschutzgebieten in Europa. Dennoch wurde dort im vergangenen Jahr gebaggert. Vor Gericht wurde jetzt ein Vergleich geschlossen, der die Renaturierung voranbringen könnte.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Im Streit um die Kosten für die Renaturierung im Rappenalptal bei Oberstdorf haben sich der Freistaat Bayern und die Alpgenossenschaft vor dem Verwaltungsgericht Augsburg auf einen Vergleich geeinigt. Die Kosten werden aufgeteilt, die Baggerarbeiten am Rappenalpbach übernimmt die Alpgenossenschaft, die Kosten für die Organisation übernimmt nach Angaben des Gerichts der Freistaat. Für alle Folgemaßnahmen werden die Kosten geteilt.

Landratsamt und Bund Naturschutz begrüßen Vergleich

Das Wasserwirtschaftsamt hat, so wurde am Montag bekannt, bereits in den vergangenen Wochen und Monaten umfangreiche Untersuchungen und Pläne gemacht, wie eine Renaturierung aussehen könnte. Die Arbeiten könnten noch in diesem Juli beginnen.

In einer ersten Reaktion hat Thomas Frey vom Bund Naturschutz den Vergleich positiv bewertet, sofern die Arbeiten nun zügig beginnen würden. Man kenne allerdings den Umfang der Pläne noch nicht und hoffe nun darauf, dass dem Rappenalpbach mehr Platz gegeben werde und man sich an alten Karten orientiere. Dann würden die Alpflächen auch bei einem Unwetter nicht mehr in gleichem Maße wie bisher mit Geröll zugeschüttet werden.

Die Landrätin im Oberallgäu, Indra Baier-Müller (FW) lobte in einer ersten Reaktion den Vergleich ebenfalls. "Generell sind wir mit dem heutigen Ergebnis zufrieden. Ich denke, dass das Ergebnis der Verhandlung die bestmögliche Lösung im Sinne des Rappenalpbachs ist. Nun können wir im Sinne der Natur sofort handeln und müssen nicht den Ausgang eines langen Gerichtsverfahrens abwarten", so die Landrätin in einer schriftlichen Stellungnahme.

Der Landesbund für Vogelschutz fordert in seiner Reaktion, die Renaturierung müsse zu einer deutlichen Aufwertung des Gebietes führen. Außerdem müsste nicht nur der Rappenalpbach wiederhergestellt werden, auch weitere 10.000 Kilometer verbaute und kanalisierte Fließgewässer in Bayern müssten renaturiert werden. Das sei aktive Hochwasservorsorge und fördere die Artenvielfalt, heißt es in der Erklärung.

Alpgenossenschaft setzt auf zügige Umsetzung der geplanten Maßnahmen

Auch die zuständige Alpgenossenschaft ist mit der juristischen Entscheidung zufrieden. Ihren Worten nach gebe es mit dem Vergleich und dem Maßnahmenpaket für den Rappenalpbach eine verlässliche Grundlage für den Naturschutz- und Hochwasserschutz sowie für die Alpwirtschaft. Gemeinsam könnte nun zügig mit der Umsetzung des Maßnahmenpaketes begonnen werden. In der Stellungnahme heißt es weiter: "Wir sind zuversichtlich, dass bei künftigen Starkregenereignissen, die fortwährend die Gewässerdynamik beeinflussen, mit dem Markt Oberstdorf als Träger der Unterhaltslast für den Rappenalpbach Lösungen gefunden werden, die die Belange der Alpwirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes berücksichtigen."

Gericht attestiert Fehler bei Landratsamt und Alpgenossenschaft

Im Prozess stellte die Richterin Verena Hueck klar, dass es hier nicht um Schuld oder Unschuld gehe, sondern darum unverzüglich etwas für die Natur zu tun. Deshalb könne nur ein Vergleich eine Lösung darstellen, da alles andere Jahre dauern könne.

Beide Parteien hätten im Rappenalptal Fehler gemacht, so die Richterin, aus Unkenntnis oder anderen Gründen. Das Gericht stellte auch klar, dass für sämtliche Unterhaltsmaßnahmen laut Wasserrecht der Markt Oberstdorf zuständig gewesen wäre und nicht die Alpgenossenschaft oder die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt. Künftig sollen nach einem Unwetter alle Maßnahmen mit dem Markt Oberstdorf besprochen werden.

Gutachten soll helfen, strafrechtliche Verantwortung zu klären

Hintergrund des Streits ist, dass die Genossenschaft im Herbst 2022 den streng geschützten Wildbach im Rappenalptal bei Oberstdorf auf einer Länge von etwa eineinhalb Kilometern mit einem Bagger begradigt und massiv verändert hatte. Auslöser der Bauarbeiten waren Hochwasserschäden, die die Genossenschaft Rappenalpe beseitigen wollte. Der Fall hatte in der Folge auch den bayerischen Landtag beschäftigt, der Bund Naturschutz in Bayern (BN) spricht von einem "der schlimmsten Naturskandale der letzten Jahre".

Dass die Arbeiten nicht zulässig waren, hatten in Eilverfahren bereits das Verwaltungsgericht in Augsburg und auch der Verwaltungsgerichtshof in München bestätigt. Streit gibt es allerdings zwischen der Genossenschaft und dem Landratsamt Oberallgäu über die Verantwortung. Denn das Landratsamt hatte gewisse Arbeiten an dem Gewässer erlaubt. Wegen der Naturzerstörung gibt es auch Strafermittlungen.

Für das zu erstellende Gutachten der Staatsanwaltschaft soll das gesamte Wachstumsjahr im Rappenalptal betrachtet werden. Demnach wird das Ergebnis frühestens im Jahr 2024 vorliegen.

Im Video: Bagger im Rappenalptal – Streitparteien schließen Vergleich

2022 wurde der geschützte Wildbach im Allgäuer Rappenalptal durch Baggerarbeiten teilweise zerstört. Wer für den Schaden verantwortlich ist - darüber haben eine Alpgenossenschaft und das Landratsamt Oberallgäu lange gestritten.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Wer für den Schaden verantwortlich ist - darüber haben eine Alpgenossenschaft und das Landratsamt Oberallgäu lange gestritten.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!