Eine Mitarbeiterin eines ambulanten Pflegedienstes bei einer Patientin.
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Eine Mitarbeiterin eines ambulanten Pflegedienstes bei einer Patientin.

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Ambulante Pflegedienste: Azubis dringend gesucht

In der Pflege herrscht Personalmangel. Nur wenige junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung in diesem Bereich. Vor allem bei ambulanten Diensten ist das spürbar. Doch trotz vieler Schwierigkeiten ist es für Pflegende oft ein Traumjob

Es ist 7 Uhr morgens. Natalia Baal läuft über die glatten, schneebedeckten Straßen. Es ist noch dunkel draußen, als sie ein Mehrfamilienhaus betritt und den Gang entlang zu ihrer ersten Patientin an diesem Morgen geht. Anna Möller wartet schon an der Wohnungstür. Mit Hausschuhen und einem rosa Bademantel gekleidet, empfängt sie Natalia Baal.

Sie arbeitet seit 2016 als Pflegekraft bei der Diakonie Passau. Erst mit 45 Jahren hat sie ihre Ausbildung zur Pflegerin begonnen. Zuvor war sie schon als Erzieherin, Bautechnikern und Kauffrau tätig. So wie Natalia Baal entscheiden sich viele erst spät dafür, eine Ausbildung in der Pflege zu machen.

Personaldecke entspricht nicht dem Bedarf

18 Prozent der Pflegekräfte sind laut Statistischem Bundesamt älter als 30 Jahre, wenn sie ihre Ausbildung beginnen. Hinzu kommt, dass 15 Prozent der Absolventen später nicht im Beruf arbeiten, wie die Vereinigung der Pflegenden in Bayern angibt.

Doch Personal in der Pflege wird derzeit dringend benötigt: Rund 41 Prozent der Einrichtungen in Bayern geben laut Vereinigung der Pflegenden an, dass die aktuelle Personalausstattung nicht dem Bedarf entspricht. Das sieht auch Werner Hartl, Pflegedienstleiter der Diakonie Passau so: "Die benötigten Pflegekräfte, die wir eigentlich brauchen, um den Kunden optimal versorgen zu können, haben wir einfach nicht, weil sie auf dem Markt nicht vorhanden sind."

"Das Problem ist, dass die Pfleger meist überlastet sind"

Anna Möller sitzt an ihrem Küchentisch, den Ärmel des Bademantels hat sie hochgekrempelt, sodass Natalia Baal ihren Blutdruck messen kann. Die 78-Jährige ist sehr dankbar für die Arbeit der Pflegerin, erzählt sie. Sie weiß aber auch, dass die Situation angespannt ist. "Das Problem ist, dass die Pfleger meist überlastet sind, weil sie bei Krankheit, Ausfall oder Urlaub für die anderen mitarbeiten müssen", sagt Anna Möller.

Auch für Natalia Baal gab es schon Zeiten, in denen sie nur zwei Tage im Monat frei hatte, wie sie auf dem Weg zu ihrer nächsten Patientin erzählt. Trotzdem ist sie glücklich mit ihrem Beruf und froh, die Ausbildung gemacht zu haben. "Das ist meine Traumarbeit", sagt sie. Für sie ist es vor allem der Austausch mit den Menschen, der ihren Beruf so interessant macht. "Viele denken, die Arbeit wäre eklig, da man auch mit unangenehmen Sachen umgehen muss. Das war auch für mich anfangs eine Herausforderung, aber daran habe ich gearbeitet", sagt sie. Warum so viele diesen Beruf nicht ausüben wollen, versteht sie nicht.

Pflegekraft Natalia Baal misst bei einer Patientin den Blutdruck.
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Pflegekraft Natalia Baal misst bei einer Patientin den Blutdruck.

Seit 2020: neue Pflegeausbildung

Auch Werner Hartl hätte gerne mehr Auszubildende. Trotzdem ist er glücklich über die neue Pflegeausbildung, die es seit 2020 gibt: Sie führt die bisher getrennten Ausbildungsrichtungen der Alten-, Gesundheits-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zusammen und ermöglicht es den Absolventen, in allen Versorgungsbereichen zu arbeiten.

"Ich bin ein sehr großer Befürworter dieser Ausbildung, da wir endlich die Pflege auf einen Gleichstand bringen. Es gibt also nicht mehr den Unterschied zwischen Kranken- und Altenpflege, sondern die Pflege professionalisiert sich und ich denke, das ist ein großer Fortschritt in diesem Beruf", sagt Hartl. Jedoch können er und die anderen ambulanten Dienste nur wenig von dieser Ausbildung profitieren.

Die meisten Absolventen arbeiten nach ihrer Ausbildung im Krankenhaus oder in der stationären Pflege. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Pflegebedürftigen in Zukunft stark zunehmen wird. Bis 2040 erwartet die Vereinigung der Pflegenden eine Steigerung von 44 Prozent.

Um mehr Menschen für diesen Beruf motivieren zu können, müsse er eine größere Lobby in der Gesellschaft bekommen und auch von der Politik besser unterstützt werden, sagt Hartl. Auch Natalia hat eine klare Meinung: "Das muss man einfach können und lieben. Du musst die Menschen einfach richtig mögen." Es gehe nicht um Geld, glaubt sie: "Vielleicht fehlt es den Menschen einfach an Menschlichkeit."

Dieser Beitrag entstand in der Lehrredaktion Audio/Video des Studiengangs Journalistik und Strategische Kommunikation an der Universität Passau in Zusammenarbeit mit Journalistinnen und Journalisten aus dem BR-Studio Niederbayern/Oberpfalz. Weitere Geschichten über die medizinische Versorgung in Niederbayern finden Sie unter www.br24.de/niederbayern.

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