Roter Zug am Bahnhof von Langenzenn.
Bildrechte: BR/Karin Goeckel

Vor 150 Jahren fährt die erste Vizinalbahn in Bayern, die heutige Zenngrundbahn. Sie fährt zwischen Siegelsdorf und Markt Erlbach.

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Als die Bahn aufs Land kam: 150 Jahre Vizinalbahn in Bayern

Vor 150 Jahren erobert die Eisenbahn das Land: Bayern bringt das "Vizinalbahngesetz" auf den Weg. Damit können kleine Städte an das Bahnnetz angeschlossen werden. Die erste Vizinalbahn in Bayern fährt von Siegelsdorf nach Langenzenn.

Über dieses Thema berichtet: BR-Heimatspiegel am .

In einer Zeit, in der man mit dem Auto fast überall hinkommt, kann man sich gar nicht mehr vorstellen, was für eine Bedeutung die Eisenbahn einst hatte. Doch im 19. Jahrhundert war es tatsächlich so: Die Orte mit Bahnhof blühten auf, die anderen wurden abgehängt. Kein Wunder, dass Kleinstädte viel Geld in einen Bahnanschluss investierten. Vor 150 Jahren ging die erste sogenannte Vizinalbahn in Bayern in Betrieb – und das wird an diesem Wochenende im Landkreis Fürth gefeiert.

Vizinalbahngesetz: Gemeinden mussten teuren Bahndamm bauen

Das Vizinalbahngesetz von 1869 regelte die Finanzierung der neuen Bahnstrecke. Gemeinden, die an das Eisenbahnnetz angeschlossen werden wollten, stellten den Grund und bauten den Bahndamm – der bayerische Staat errichtete Schotterbett, Gleise, Bahnhöfe, Stellwerke und übernahm den Betrieb. Den Gewinn sollten sich beide Parteien teilen. Für die Gemeinden war das ein eher schlechtes Geschäft, erklärt Historiker Rainer Mertens, stellvertretender Direktor des DB Museums in Nürnberg. "Für die Trassierung muss man Ingenieure beschäftigen, da muss man Mengen von Material wegbringen. Grade wenn es in Bayern gebirgiger wird, ist das unsinnig.

Für Vizinalbahn verkauften Gemeinden Tafelsilber

Die Gemeinden zwischen Langenzenn und Siegelsdorf schreckte das Abenteuer Bahn aber nicht. Sie verkauften eine Menge Tafelsilber, um den Bahnanschluss zu bekommen. Am 25. Mai 1872 fuhr der erste Zug. Der Anschluss an die große weite Welt war geschafft – denn der Endbahnhof Siegelsdorf liegt an der Fernbahnstrecke Nürnberg – Würzburg.

Lokalbahngesetz hatte weniger strenge Auflagen

13 weitere Gemeinden folgten dem Beispiel der Zenngrundbahn und ließen sich auf die Bedingungen des Vizinalbahngesetzes ein. Das waren nicht besonders viele. Der bayerische Staat aber wollte den Fortschritt der Städte auf dem Land, zu dem auch ein Bahnanschluss gehörte, und besserte nach. Das Lokalbahngesetz machte nicht ganz so strenge Vorgaben. So entfiel zum Beispiel die Schrankenwärterpflicht. Zudem übernahm der Staat mehr Kosten. Auch die Strecke Siegelsdorf-Langenzenn konnte dadurch zunächst bis Wilhermsdorf und später bis Markt Erlbach verlängert werden.

Die Zenngrundbahn: Für Bürger unverzichtbar

Heute ist die Zenngrundbahn, die erste Vizinalbahn in Bayern, unverzichtbarer Verkehrsträger. 1.700 Passagiere nutzen sie im Schnitt pro Werktag. Viele pendeln nach Fürth oder Nürnberg zur Arbeit oder in die Schule – auch wenn sich viele Anwohner entlang der Strecke eine engere Taktung wünschen würden. Die Zenngrundbahn fährt stündlich. Auch andere Bahn-Nebenstrecken im Großraum Nürnberg waren einst Vizinalbahn: Die Strecke von Lauf nach Schnaittach etwa. Auch die heutige S-Bahn nach Altdorf wurde einst nach dem Vizinalbahngesetz errichtet.

Feierwochenende: 150 Jahre Vizinalbahn

Das Jubiläum "150 Jahre Vizinalbahn" wird am Wochenende groß gefeiert. An jedem Bahnhof der Zenngrundbahn gibt es Programm: Theater, Stadtführungen, Musik und Oldtimertreffen, die Heimatvereine haben extra Modellbahn-Ausstellungen erarbeitet. Am Sonntag fährt ein Dampfzug zwischen Fürth und Markt Erlbach, und in Langenzenn wird ein Zug getauft. Ab Montag fährt der Zug mit dem Namen "Stadt Langenzenn" dann ganz regulär auf der Strecke der Zenngrundbahn.

💡 Was bedeutet Vizinalbahn?

Warum das Gesetz, das die Eisenbahn in Bayern aufs Land brachte, Vizinalbahngesetz heißt, ist nicht ganz geklärt. Historiker Rainer Mertens vom DB Museum glaubt, dass es vom lateinischen Wort "vicus" – das Dorf – abgeleitet wurde. Eine Vizinalbahn wäre demnach nichts Anderes als eine Dorfbahn. Möglich ist aber auch die Ableitung vom lateinischen Wort "vicinus" – Nachbar.

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