Eine Holzhütte steht als Bushaltehäuschen an einer Landstrasse.
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Eine Holzhütte steht als Bushaltehäuschen an einer Landstrasse.

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Hohe Verluste: Bayerns private Busunternehmer vor dem Aus?

Pandemiebedingte Einnahme-Ausfälle und hohe Dieselpreise bringen private Busunternehmen in Finanzierungsprobleme. Das 9-Euro-Ticket könnte der Todesstoß werden. Wie lange können die Busunternehmen solche Verluste noch tragen?

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Der Busunternehmer Nicolaj Eberlein steht vor einer Gruppe Schülerinnen und Schüler in Obing bei Traunstein. "Ihr müsst halt schauen, dass ihr irgendwie jetzt in die Schule kommt", sagt er den Kindern bei der Protestaktion Mitte Mai, an der viele private bayerische Busunternehmer teilnehmen.

Es ist eine Situation, in der er lieber nicht wäre. Doch Eberlein sieht keine andere Möglichkeit, versucht den Schülerinnen und Schülern seine Lage zu erklären: "Warum heute kein Bus kommt, liegt daran, dass wir erstmals in unserer Firmengeschichte als Busunternehmen streiken. Warum? Weil wir in einer existenzbedrohenden Schieflage sind." Eberlein hat, wie viele private bayerische Busunternehmen, nach pandemiebedingten Ausfällen und den gestiegenen Dieselpreisen Angst um seinen Betrieb.

Trotz ÖPNV-Rettungsschirm: Hohe Verluste durch Corona-Pandemie

Trotz des ÖPNV-Rettungsschirms hat der Busunternehmer im öffentlichen Nahverkehr nach eigenen Angaben etwa 100.000 Euro in den beiden Jahren der Corona-Pandemie verloren. Dazu kommen die Reisebusse, die fast zwei Jahre lang ausschließlich in der Garage standen: "Da sind siebenstellige Beträge an Kapital gebunden, die kein Geld verdienen. Und das tut eben richtig weh", sagt er dem Politikmagazin Kontrovers.

Private Busunternehmer leiden unter gestiegenen Dieselpreisen

Nun sieht sich das Busunternehmen von Nicolaj Eberlein zusätzlich mit den gestiegenen Dieselpreisen konfrontiert. "Da haben Sie das Elend", sagt er, als sein Bus an einer Tankstelle vorbeifährt, "2,01 Euro für den Diesel. Und das sind die günstigen Mittagspreise. Frühs sehen Sie da auch mal 2,20 Euro."

Trotz günstiger Großhandelspreise muss er im Schnitt etwa 30.000 bis 43.000 Euro Mehrkosten bezahlen. Bislang muss er diese alleine schultern.

Soforthilfe noch nicht bei Busunternehmen angekommen

Das bayerische Verkehrsministerium reagiert auf die gestiegenen Dieselpreise: eine Soforthilfe in Höhe von zehn Millionen Euro soll den Landkreisen und kreisfreien Städten für die Busunternehmen zukommen. Nur angekommen ist das Geld bei vielen der privaten Busunternehmen bislang nicht.

Video: Bayerns Verkehrsminister Bernreiter im Interview

Christian Bernreiter (CSU), Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr.
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Christian Bernreiter (CSU), Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr.

Auch Isabelle Brodschelm ist Busunternehmerin, außerdem Vizepräsidentin des Bayerischen Omnibusverbands. Auf die Soforthilfe wartet auch sie noch, wie sie sagt: "Wir haben nichts bekommen. Das Geld ist noch nicht bei uns."

Private Busunternehmer: Soforthilfe reicht nicht aus

Auch Brodschelms Unternehmen befindet sich in einer ähnlichen Lage wie jenes von Nicolaj Eberlein. Brodschelm kritisiert, dass die Soforthilfe von zehn Millionen Euro – aufgeteilt auf alle privaten Busunternehmen – gerade mal einen Monat ausgleichen würde.

Sie sagt Kontrovers, dass ihr Busunternehmen in den vergangenen drei Monaten trotz der bayerischen Finanzhilfe wegen der hohen Dieselpreise auf einen Verlust von über 100.000 Euro komme.

Von Kreisen und Städten oft keine Unterstützung

Zwar könnten auch die Landkreise und kreisfreien Städte die privaten Busunternehmer finanziell unterstützen, doch Kontrovers-Recherchen zufolge können – oder wollen – zwei Drittel der bayerischen Landkreise dies nicht.

Das Busunternehmen von Nicolaj Eberlein ist im Landkreis Traunstein ansässig. Auf Kontrovers-Nachfrage teilt das Landratsamt Traunstein jedoch mit: "Die Verkehrsunternehmen bedienen den öffentlichen Nahverkehr hier eigenwirtschaftlich. Subventionen durch das Landratsamt Traunstein waren in diesem Zusammenhang nicht möglich."

9-Euro-Ticket erschwert Situation privater Busunternehmer zusätzlich

Weil die Unternehmen vonseiten der Landkreise und kreisfreien Städte sowie vom Freistaat nicht ausreichend Unterstützung erhalten, wendet sich der Bayerische Omnibusverband an das Bundesverkehrsministerium.

"Grundsätzlich war die Forderung auch vom Verkehrsminister, diese Diesel-Hilfe zu zahlen. Das war auch mehr oder weniger so zugesagt. Und dann kam eben das 9-Euro-Ticket. Eigentlich wurde die eine Zahlung durch die andere ersetzt." Isabelle Brodschelm, Vizepräsidentin Bayerischer Omnibusverband

Das Geld will der Bund Mitte Juni bereitstellen, dann wird es an die Landkreise verteilt.

Private Busunternehmen fürchten Insolvenzen

Für viele Busunternehmen könnte das allerdings zu spät sein. Denn bis dahin werden die privaten Busunternehmen erneut in Vorleistung gehen müssen. Am Beispiel der Schülertickets rechnet Nicolaj Eberlein vor: Das 9-Euro-Ticket bedeutet für ihn einen Verlust von etwa 80 Euro – pro Schüler und Monat. Viele private Busunternehmen in Bayern fürchten deswegen, dass ihnen die Insolvenz droht, wenn sie zu lange auf den Rettungsschirm des Bundes warten müssen.

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