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Mehr Obdachlose durch Flüchtlinge?

"Wegen anhaltender, ungebremster Migration: Zahl der Obdachlosen in Deutschland erreicht nie gekannte Ausmaße." So die AfD Bayern auf Facebook. Sie nennt Daten der Wohnungslosenhilfe. Was diese Zahlen bedeuten. Von Patrizia Kramliczek und Lisa Weiß

"Gibt es dank Merkel bald 1,2 Millionen Obdachlose im 'reichen Deutschland'?" So steht es in dem Bild des Facebook-Posts der AfD Bayern vom 9. Dezember. Das Problem: Die Partei wirft in dem dazugehörigen Text "Wohnungslose" und "Obdachlose" in einen Topf. Dabei ist der Unterschied erheblich: Denn die einen haben ein Dach über dem Kopf, die anderen nicht.

Wer ist wohnungslos, wer obdachlos?

Als wohnungslos gilt, wer eine keine Wohnung inklusive Mietvertrag hat, aber zum Beispiel von der Stadt eine Unterkunft gestellt bekommt, von der freien Wohlfahrt aufgenommen wird oder bei Freunden unterkommt. „Obdachlos“ ist, wer die ganze Zeit über auf der Straße lebt. Und das sind nach Erfahrung der Wohnungslosenhilfe etwa 10 bis 15 Prozent der Wohnungslosen.

2016: 440.000 wohnungslose anerkannte Flüchtlinge

Die Wohnungslosenhilfe geht davon aus, dass 2016 etwa 52.000 Menschen in Deutschland obdachlos waren, wohnungslos dagegen 420.000 Personen. Dazu kommen etwa 440.000 wohnungslose anerkannte Flüchtlinge. Macht zusammen 860.000. Von 2017 bis 2018 prognostiziert die Wohnungslosenhilfe einen weiteren Zuwachs auf ca. 1,2 Millionen Wohnungsloser - aber nicht Obdachloser, wie die AfD Bayern nahelegt.

Sozialministerium: Bayern schickt anerkannte Flüchtlinge nicht in die Obdachlosigkeit

Anerkannte Asylbewerber sind deshalb oft wohnungslos, weil sie nach Abschluss ihres Verfahrens eigentlich aus den Asylunterkünften ausziehen müssten. Sie sind aber selten obdachlos: Der Freistaat Bayern beispielsweise duldet einen vorübergehenden Verbleib der Anerkannten als sogenannte Fehlbeleger in den Asylunterkünften - das erklärt das bayerische Sozialministerium auf BR-Anfrage und folgert: „Damit führt der Zugang von Asylbewerbern nicht zu einem Anstieg von Obdachlosigkeit.“

"Migranten" oder "Flüchtlinge"?

Ein Migrant kann ein Flüchtling sein, aber auch jemand, der zum Beispiel aus einem EU-Land zuwandert. Die Prognose der Wohnungslosenhilfe spricht von "Flüchtlingen", die AfD Bayern in ihrem Facebook-Post von "Migranten". Aber die Partei bezieht sich in erster Linie auf Flüchtlinge, was aus dem im Post verlinkten Artikel deutlich wird.