Willi Dürrnagel und Jürgen Weber im Würzburger Ratssaal.
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Willi Dürrnagel und Jürgen Weber im Würzburger Ratssaal.

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50 Jahre im Stadtrat: Zwei Würzburger waren damals die Jüngsten

Es ist das Jahr 1972: In München finden die Olympischen Sommerspiele statt, Willy Brandt ist Bundeskanzler – und in Würzburg wird der neue Stadtrat gewählt. Damals werden zwei Neulinge gewählt, die das Rathaus seitdem nicht verlassen haben.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Das Herzstück der Würzburger Kommunalpolitik: Der Würzburger Ratssaal. Hier erzählt das Wandgemälde von Wolfgang Lenz die Stadtgeschichte. Und hier kommt einmal im Monat der Stadtrat zusammen. Willi Dürrnagel und Jürgen Weber waren 1984 dabei, als über den neuen Ratssaal heiß diskutiert wurde: Ein Wandgemälde wie in einer Kirche, so meinten einige, das sei nicht angemessen! Trotzdem fiel die Entscheidung am Ende für die künstlerische Umgestaltung aus. "Und heute ist das ein Kleinod", freut sich Weber.

In Würzburg verwurzelt, geboren, aufgewachsen

Zwölf Jahre vorher wurden Dürrnagel und Weber erstmals in den Würzburger Stadtrat gewählt. Sportverein, Karnevalsverein, Kirchengemeinde: Ehrenamtlich waren beide schon seit ihrer Kindheit aktiv – für die Kommunalwahl 1972 entscheidend, sagt Jürgen Weber, denn "ohne diese Verwurzelungen wäre man nicht gewählt worden. Da musste man dabei sein, sonst bist du ein Nobody."

Erste große Entscheidung betraf Hertie-Kaufhaus am Vierröhrenbrunnen

Mit Mitte zwanzig gehörten die beiden gebürtigen Würzburger zu den Jüngsten. "Wir Neuen saßen alle in der Mitte an einem Tisch, am 'Katzentisch'", erinnert sich Weber. Mitentscheiden durften sie natürlich trotzdem, sie hatten eine Stimme wie jeder andere im Stadtrat auch. Eine der ersten großen Entscheidungen, bei denen sie dabei waren: Darf Hertie ein Kaufhaus am Mainkai bauen? Die Frage wurde zum Politikum. Der Stadtrat diskutierte lebhaft, es gab massive Bürgerproteste – schließlich wurde das Gebäude aber 1977 gebaut.

Mehrere Stunden täglich für das Ehrenamt

Und genau das, sagt Willi Dürrnagel heute, macht für ihn gute Stadtratsarbeit aus: Eine Brücke schaffen hin zum Bürger. Rund drei Stunden verbringt er deshalb täglich damit, Nachfragen und Anrufe von Bürgern zu beantworten, Sitzungen vor- und nachzubereiten. Dass das nicht jeder und jede leisten kann, ist ihm bewusst. "Die jüngeren Stadträte heute haben ja ihre Zukunft noch vor sich, nicht nur den Stadtrat im Kopf, sondern Beruf, Familie und andere Aufgaben." Dürrnagel versucht auch andere Arten kommunalpolitisch zu arbeiten zu verstehen – "da müssen wir Älteren einfach mitwachsen." Denn am Ende ziehen ja alle an einem Strang: "Jeder will das beste für die Stadt."

Weber: "Dass ich mich ärgern kann, ist Motiv"

Dürrnagel und Weber haben ihre Art das Mandat zu nutzen nach 50 Jahren längst raus. Und ihre Erfahrung wollen sie gerne weitergeben – ob sie bei der nächsten Kommunalwahl nochmal antreten? "Ich kann mich noch jeden Tag ärgern, über Dinge, die ich gern geändert hätte. Solange ich dieses Ärgernis noch spüre, ist das für mich Motiv." Bis heute haben beide mehrmals die Fraktion gewechselt. Jürgen Weber war von 1990 bis 2002 Oberbürgermeister der Stadt.

Beide werden für ihr Engagement geehrt

Inhaltlich haben die beiden heute 75- und 76-jährigen Stadträte die Kommunalpolitik nicht satt – es gibt doch immer wieder Neues zu lernen und entdecken. Genau wie auf dem Gemälde im Würzburger Ratssaal. "Ich finde immer wieder was Neues", sagt Dürrnagel und deutet auf die Darstellungen, die sich mit der amerikanischen Besatzung Würzburgs befassen. "Es sind so viele Details und jede Einzelheit erzählt so viel", ergänzt Jürgen Weber, dessen Lieblingsstelle im Lenz-Gemälde die Jahrhundertwende ist.

Und genau hier im Würzburger Ratssaal kommt am Donnerstagnachmittag wieder der Stadtrat zusammen. Dann ehrt Oberbürgermeister Christian Schuchardt die beiden für ihr außergewöhnliches ehrenamtliches Engagement.

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