Noch immer werden täglich D-Mark gegen Euro getauscht
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Noch immer werden täglich D-Mark gegen Euro getauscht

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20 Jahre Euro: Viele haben immer noch D-Mark und tauschen

Am 1. Januar 2002 hat das Euro-Zeitalter begonnen. Um den Umstieg auf die neue Währung zu erleichtern, verpflichtete der Gesetzgeber die Bundesbank, die D-Mark zeitlich unbefristet umzutauschen. Jeden Tag machen Menschen davon Gebrauch.

Um kurz nach zehn Uhr morgens hat sich an den drei Privatschaltern der Bundesbankfiliale im Münchner Norden eine kleine Schlage gebildet. Luise Moser ist aus Raubling bei Rosenheim hierhergekommen. Mit 350 D-Mark in der Handtasche. Der Großvater der jungen Frau ist vor zwei Jahren gestorben. "Das Geld haben wir beim Ausräumen gefunden, und ich bin jetzt als Enkelin beauftragt, es umzutauschen." Ein paar Minuten später ist alles erledigt . "Ich habe jetzt 178 Euro und 95 Cent bekommen, das geht jetzt wieder an meine Oma zurück."

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Vergessen oder aufgespart - viele haben noch D-Mark

Oft ist ein unverhoffter Fund beim Aufräumen Grund für den Besuch in der Bundesbank. Andrea Hörl aus Ebersberg hat kürzlich den Speicher entrümpelt. Die alte Computertasche ihres Mannes wollte sie schon unbesehen auf den Müll geben, dann hat sie doch nochmal alle Fächer angeschaut. Und zwei Hundertmarkscheine gefunden. "Nagelneu, vielleicht hat sie mein Mann für eine Dienstreise eingesteckt und dann vergessen", erzählt die Frau.

Der nächste Kunde bringt keinen Zufallsfund zum Umtausch. Der 52-Jährige aus dem Landkreis Mühldorf will anonym bleiben. Und als er am Schalter seine Geldtasche öffnet, ist auch die Bundesbankkassiererin ein bisschen baff. Ein dickes Bündel Hunderter legt der Mann auf den Tresen, oben drauf noch zwei Tausender. Wieviel es genau ist, weiß er selbst nicht genau. "So an die 25.000 Mark", sagt er. Mehr als 20 Jahre hat er das Geld verpackt in einem Briefumschlag zuhause in einer Kommode aufbewahrt, jetzt will er es endlich umtauschen. "Das habe ich aufgespart dahoam, das liegt seit D-Mark-Zeiten dahoam und jetzt ist Zeit zum Umtauschen."

100.000 D-Mark zur Hochzeit

Das Kassenpersonal jagt die Scheine erstmal durch die Zählmaschine, dann schauen die besonders geschulten Bundesbankmitarbeiterinnen jeden Hunderter einzeln an. Es könnte ja Falschgeld dabei sein. Was durchaus vorkommt, aber in diesem Fall sind alle Scheine echt. Und so steht nach weniger Minuten fest: Die eiserne Reserve des Mannes aus Oberbayern beträgt exakt 23.0000 D-Mark, für die er knapp 12.000 Euro ausgehändigt bekommt.

Nicht die größte Summe in diesem Jahr. Ein Kunde hatte sogar einen ungeöffneten Umschlag mit rund 100.000 Mark dabei. Dieser Mann hatte das Kuvert nach eigenem Bekunden vor vielen Jahren von seinem Vater zur Hochzeit bekommen, verbunden mit der Auflage, es erst zu öffnen, wenn er in Not sei.

Natürlich ein spektakulärer Einzelfall, sagt der Leiter der Münchner Bundesbankfiliale Reiner Pillep, aber auch durch die viele kleinen Beträge komme einiges zusammen. "Bei uns in der Filiale München haben wir jetzt im Laufe diesen Jahres ungefähr 3 Millionen D-Mark umgetauscht."

12 Milliarden D-Mark noch im Umlauf

Außer in München betreibt die Bundesbank in Bayern auch in Nürnberg, Augsburg, Regensburg und Würzburg Niederlassungen, bundesweit sind es insgesamt 31 Filialen. Und so wie es aussieht, werden sie noch viele Jahre mit dem Umtausch von D-Mark in Euro beschäftigt sein.

Denn noch, das kann die Bundesbank fast auf den Pfennig genau sagen, sind 12 Milliarden D-Mark im Umlauf. Manche Leute scheinen sich also von ihren D-Mark-Beständen nicht trennen zu wollen. Vorausgesetzt, sie wissen überhaupt davon. Etwa 60 Prozent der noch nicht getauschten Mark sind übrigens Münzen. Ein Großteil davon: besondere Prägungen für Sammler. Deren Erwartung, dass die Münzen im Laufe der Jahre eine Wertsteigerung erfahren, hat sich bis jetzt in den meisten Fällen nicht erfüllt.

Einen ganzen Tag lang hat sich Rentnerin Edeltraud Deubler bei Händlern erkundigt. Und überall die gleiche Auskunft bekommen: "In diesen Gedenkmünzen ersticken wir, die will niemand mehr haben." Jetzt tauscht die Münchnerin ihre rund 150 Fünf- und Zehn-Markstücke, die sie geerbt hat, bei der Bundesbank um. Mit dem Geld will sie sich einen lang gehegten Wunsch erfüllen und einen Kaffeevollautomaten kaufen.

Wegen Corona: D-Mark-Umtausch wird eingestellt

Um in Zeiten der Pandemie den Publikumsverkehr zu minimieren, wird im neuen Jahr der D-Mark-Umtausch eingestellt. Aber nur vorübergehend, wie die Bundesbank versichert. Sobald es Corona zulasse, will sie ihre Privatkundenschalter wieder öffnen, damit die Menschen auch weiterhin ihr altes Geld kostenlos tauschen können. Von dem kaum etwas übrig bleibt. Die D-Mark-Münzen werden eingeschmolzen, die D-Mark-Scheine zu winzig kleinen Papierschnipseln geschreddert.

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