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Schockanruf So setzen Betrüger Opfer am Telefon unter Druck

Stellen Sie sich vor, Ihr Sohn, Ihre Tochter oder Ihr Enkelkind ruft Sie völlig aufgelöst unter Tränen an - und macht ein schlimmes Geständnis. Wie Schockanrufe funktionieren und was Sie dagegen tun können.

Published at: 8-3-2023

Frau erschrickt | Bild: mauritius-images

Das Telefon klingelt und am anderen Ende der Leitung meldet sich mit tränenerstickter Stimme der Sohn, die Tochter oder das Enkelkind. Ein Schock für alle Eltern und Großeltern - und eine mittlerweile sehr beliebte Betrugsmasche.

Schockanruf Unfall

Auch BAYERN 1-Hörerin Susi aus München ist das vor kurzem passiert: Ihr Sohn war an diesem Tag mit dem Auto unterwegs in die Berufsschule. Gegen 11 Uhr vormittags kam dann der Anruf - vermeintlich von ihrem Sohn selbst. Er habe gerade an einem Zebrastreifen eine Frau überfahren, die nun tot sei, schluchzte er. Vor Aufregung erkannte Susi nicht, dass es sich nicht wirklich um ihren Sohn handelte. Sie wurde aber stutzig, als das Telefon kurz darauf an einen angeblichen Polizeihauptkommissar übergeben wurde, der den Vorschlag machte, dass sie ihren Sohn mit einer Kaution in Höhe von 85.000 Euro freikaufen könne. Als Susi ihre Tochter ins Gespräch brachte, die neben ihr stand, legte der Betrüger einfach auf.

Schockanruf Polizei

"Die Betrüger machen sich bei solchen Schockanrufen oder dem gängigen Enkeltrick unser instinktives Verhalten zunutze", erklärt Karl Schneid, Erster Kriminalhauptkommissar im Polizeipräsidium München: "Irgendwann fällt natürlich der Vorname des Enkels. Das machen die Täter ganz geschickt: Sie weinen und sind aufgelöst und es ist der Instinkt jedes Elternteils oder auch von Omas und Opas, irgendwann zu fragen: ‚Max, bist das du?‘ Die Täter greifen diesen Vornamen dann natürlich auf und bestätigen ihn." So hat es letztlich auch geklappt, dass Susi wirklich kurzzeitig dachte, ihr Sohn habe tatsächlich einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht.

Ähnliche Betrugsmaschen - wenn auch nicht ganz so heftig - sind auch laufend auf WhatsApp unterwegs. Wie sie funktionieren, lesen Sie hier: Betrügerische Nachrichten im Umlauf - Sohn oder Tochter mit neuer Nummer

Schockanruf - was tun?

Karl Schneid sagt, Susi habe sich intuitiv richtig verhalten, indem sie eine dritte Person hinzugezogen hat. Grundsätzlich aber rät er dazu, beim ersten Zweifel sofort aufzulegen und die Polizei anzurufen. Spätestens dann, wenn zu Zahlungen gedrängt werde, sei Vorsicht geboten: "Was ganz, ganz wichtig ist und das ist bei allen anderen dubiosen Anrufen auch so: Weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft würde jemals am Telefon Geld von Ihnen fordern", betont Karl Schneid.

Schockanrufe Bayern

Bei unserer Hörerin ist zum Glück nochmal alles gut gegangen. Doch die Telefonbetrugsmaschen würden zurzeit wieder zunehmen, bestätigt Karl Schneid. Innerhalb eines Tages seien kürzlich neun Fälle gemeldet worden – nur in München: "Man weiß außerdem, dass die Dunkelziffer hoch ist, weil sich viele Menschen schämen, wenn sie Opfer geworden sind", sagt Schneid.

Wie kommen die Betrüger an meine Daten?

"Genau sagen kann man das leider nicht", sagt Peter Werthmann von der Presseabteilung des Polizeipräsidiums München. Oft nutzen die Betrüger ein Zufallsprinzip und verschicken beispielsweise gefälschte Bank-Mails. Trifft diese Mail dann auf jemanden, der tatsächlich bei dieser Bank ist, kann es schnell zu einem Betrugsfall kommen. Bei Anrufen, wie dem Schockanruf, nutzen Kriminelle gerne die Verunsicherung der Opfer aus und stellen häufig die richtigen Fragen nach Daten, die man unter Schock unbewusst preisgibt. Tückisch daran ist: Es bleibt das Gefühl zurück, die Betrüger hätten im Vorfeld schon alle Daten gehabt.
Die E-Mail-Adressen und Telefonnummern ziehen sich die Betrüger nicht selten aus dem Internet über bestimmte Anmeldungen oder Registrierungen, die wir tätigen. Außerdem wird vermutet, dass die Daten teils im Darknet zu bekommen sind. Was die Telefonnummern angeht, wird auch nicht ausgeschlossen, dass die Betrüger nach dem Zufallsprinzip ganze Nummerblöcke generieren und Nachrichten auf "gut Glück" verschicken.

Wie verhalte ich mich richtig bei oder nach einem Fake-Kontakt?

Es gibt so viele Maschen, dass man trotz großer Vorsicht schnell zum Opfer betrügerischer Machenschaften werden kann. Diese Tipps könnten Sie aber bei einem Versuch schützen:


- alle Mails kritisch hinterfragen und den Absender genau prüfen und darauf achten, ob man persönlich angesprochen wird
- Whatsapp von unbekannten Nummern kritisch begutachten, auf keine Links klicken und keine Daten angeben, bis geklärt ist, von wem diese Nummer wirklich stammt
- bei Anrufen mit unbekannter Nummer zunächst mit einem einfachen "Hallo" rangehen und nicht gleich den eigenen Namen preisgeben
- hat man etwas als Betrug enttarnt, unbedingt  Mail oder Telefonnummer blockieren

Ein weiterer guter Tipp: Nutzen Sie mehrere E-Mail-Adresse (beispielsweise eine ausschließlich für "Seriöses", eine für Social Media, eine für Gewinnspiele, Newsletter etc.)

Melde ich den Betrüger bei der Polizei?

Bei einem Betrugsversuch gibt es oft zu wenig Anhaltspunkte für Ermittlungsansätze, umso mehr sollte man in diesem Fall die Nummer oder die E-Mail blockieren und sich so selbst vor weiteren Angriffen schützen.
Ist man auf einen Betrüger hereingefallen und hat beispielsweise Geld überwiesen, sollte das dringend gemeldet und zur Anzeige gebracht werden. Manchmal ist es möglich, das Geld noch zurückzuholen. Je nach Betrugsvariante sollte man dann noch weitere Vorkehrungen treffen, um sich zu schützen, beispielsweise das Konto sperren zu lassen.  

Es kursieren eine ganze Reihe von ähnlichen Maschen, mit denen Betrüger versuchen, arglose Menschen abzuzocken - etwa von der angeblichen Federal Police: Ruft diese Polizei bei Ihnen an, gleich auflegen. Vorsicht auch vor angeblichen Polizisten, die bei Ihnen anrufen oder sogar an der Haustür klingeln: Lesen Sie hier, wie Sie falsche Polizisten erkennen.


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