Ist Temu seriös Was ist dieses neue Temu?
Werden Sie derzeit auch über Facebook und Instagram förmlich überflutet mit Werbung für Temu? "Shoppe wie ein Milliardär", lautet das Versprechen. Aber wer oder was steckt dahinter?

Ist Temu echt?
"Ja, Temu gibt's tatsächlich", sagt Simone Bueb, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bayern. "Temu ist ein chinesischer Anbieter und damit ein echter Shop. Er bewirbt vor allem Jugendliche und junge Menschen, weil es eben alles so günstig ist, weil ich mir plötzlich alles leisten kann. Das ist so ein bisschen der Trick dahinter. Und es scheint auch zu funktionieren."
Warum ist bei Temu alles so billig?
"Wenn Sie bei Temu etwas bestellen, kaufen Sie nicht direkt bei Temu ein", erklärt Verbraucherrechtlerin Bueb. "Der Shop ist eigentlich eine Plattform und hat selbst keine großen Lager", so Bueb weiter "und deshalb kann Temu unter anderem so billig sein." Temu vermittelt also nur zwischen Ihnen und dem jeweiligen Hersteller oder der jeweiligen Fabrik. Das wiederum bedeutet: "Sie selbst wissen also eigentlich gar nicht, bei wem genau Sie einkaufen", betont Bueb.
Wer steckt hinter Temu?
Temu wurde 2022 in den USA gegründet, gehört aber einem chinesischen Konzern. "Der Anbieter hat bisher außerhalb Europas vor allem in den USA und natürlich auch in China große Geschäfte gemacht - und will jetzt auf den europäischen Markt drängen. Was sie ganz gut zu schaffen scheinen", resümiert Bueb.
Wer hat Erfahrungen mit Temu Shop?
"Wir selbst (i.e. die Verbraucherzentrale Bayern; Anm.d.Red.) haben noch keine Beschwerden von Verbrauchern - aber wir haben Erfahrungsberichte gelesen und uns natürlich auch mit dieser App beschäftigt", erklärt Verbraucherschützerin Bueb. Die Waren seien schon äußerst billig, was sich oft an der Qualität bemerkbar mache: "Es kann sein, dass beispielsweise elektronische Produkte nicht das europäische Prüfsiegel, das sogenannte CE-Siegel haben. Dass die Waren minderwertig sind oder auch dass Waren teilweise schon defekt ankommen, weil sie nicht richtig verpackt sind."
"Einfach nur weil es billig ist, heißt das nicht, dass ich tolle Waren bekomme."
Simone Bueb, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Bayern e.V.
Aber auch in Sachen Nachhaltigkeit sieht Bueb die Plattform Temu kritisch: "Ich weiß nicht, wie die Waren produziert werden - da sie extrem günstig sind, sicherlich in Massen und aus Materialien, die ich nicht einschätzen kann. Dann der Versand von China nach Deutschland: Es dauert teilweise Wochen, bis die Sachen bei mir ankommen, und wenn's blöd läuft, sind sie beschädigt oder nicht so wie ich es mir vorgestellt habe - und dann kann ich sie gleich direkt wegwerfen."
Temu Zollgebühren
Was viele Kunden nicht bedenken, ist, dass es oft nicht bei dem Schnäppchenpreis bleibt, der sie zum Kauf verlockt. Bueb warnt: "Da die Waren aus China kommen, fallen Zollgebühren an." Die werden vom Anbieter nicht miteingepreist, da sie je nach Zielland unterschiedlich hoch ausfallen - in Deutschland orientieren sie sich vor allem am Warenwert. "Dann haben Sie beispielsweise ein Schnäppchen für 30 Euro inklusive Versandkosten gemacht - aber mit den Zollgebühren ist das Schnäppchen eben gegebenenfalls gar nicht mehr so günstig", erklärt die Verbraucherschützerin.
Temu Rücksendung
Temu selbst wirbt auf seiner Webseite damit, dass die erste Retoure für jede Bestellung kostenlos sei und alle Artikel im Originalzustand innerhalb von 90 Tagen nach dem Kauf vollständig erstattet werden können.
Doch das scheint wohl nicht immer reibungslos zu funktionieren, wie die Verbraucherschützerin anmerkt: "Es gibt zwar einen Kundenservice für Europa, aber der scheint - soweit wir es mitbekommen haben - auch nicht 100-prozentig zu funktionieren." Dazu kommt, dass selbst bei einer kostenlosen Rücksendung sehr wohl weitere Kosten anfallen können: "Denn wenn ich etwa 10 Artikel für 24 Euro bestellt habe und davon 5 Artikel im Wert von 10 Euro zurückschicken möchte - dann überlegt sich jeder gut, das zu machen, weil dann vielleicht nochmal Zollgebühren anfallen." Bueb kritisiert: "Durch dieses System werden letztendlich meine Verbraucherrechte ausgehebelt - denn ich habe zwar eine Rücksendemöglichkeit, aber die Frage ist: Zu welchen Kosten? Und lohnt sich das?
Das Fazit der Verbraucherschützerin zu Temu: "Temu ist kein Fake-Shop, aber ich muss mir überlegen: Möchte ich gute Ware? Möchte ich geprüfte Ware - gerade bei Elektrogeräten? Möchte ich unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit nicht irgendetwas wegwerfen müssen, lange Postwege verursachen? Man kann sich das anschauen, aber man sollte sehr vorsichtig sein."
Mehr zum Thema Online-Shopping: Fast jeder von uns hat schon mal online im Ausland geshoppt - ohne es zu merken. Was tun, wenn ich auf einmal Zoll zahlen muss oder meine Lieferung gar nicht kommt? Lesen Sie dazu: Online Einkaufen im Ausland. Fake-Shops erkennen und So schützen Sie Ihr Paypal-Konto.
Hören Sie zum Thema Onlineshopping auch diese Folge unseres Nachhaltigkeitspodcasts "Besser leben" (hier in der ARD Audiothek kostenlos downloaden und abonnieren):
https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/wie-nachhaltig-ist-onlineshopping/bayern-1/12120691/