Unter einem Mikroskop sieht man ein Glas mit medizinischer Gerätschaft und Eizellen; In-vitro-Fertilisation; Embryobiopsie im Biologielabor.
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Zehn Jahre Präimplantationsdiagnostik in Deutschland: In-vitro-Fertilisation; Embryobiopsie im Biologielabor.

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Immer noch umstritten: 10 Jahre Präimplantationsdiagnostik

Ein Kind zu bekommen, ist für viele ein Lebenstraum. Für manche ist dieser aber mit Sorgen verbunden – und zwar um die Gesundheit des Kindes. Seit zehn Jahren verspricht die Präimplantationsdiagnostik Abhilfe. Sie ist aber nach wie vor umstritten.

Als Präimplantationsdiagnostik (PID) bezeichnet man die genetische Untersuchung einer im Reagenzglas befruchteten Eizelle, bevor sie in die Gebärmutter übertragen wird. Gezielt wird dabei beispielsweise nach Erbkrankheiten oder Chromosomenanomalien gesucht. Das soll die Eltern im Fall der Fälle unter anderem vor einem möglichen Schwangerschaftsabbruch oder einer Fehlgeburt schützen.

Entscheidende Abstimmung im Bundestag vor zehn Jahren

Die entscheidende Abstimmung über solche Gentests an Embryonen fand am 7. Juli 2011 im Bundestag statt – also vor genau zehn Jahren. Damals stimmten die Abgeordneten in Berlin fraktionsübergreifend dem Gesetzesentwurf der PID-Befürworter zu.

Entscheidend dabei ist, dass der Gentest nur in Ausnahmefällen erlaubt wird – und zwar dann, wenn bei den Eltern oder einem der Elternteile ein hohes Risiko einer Erbkrankheit aufgrund genetischer Veranlagung besteht, wie zum Beispiel bei Mukoviszidose, Muskelschwund oder Sichelzellenanämie.

Designer-Babys? Diskussion um die PID reißt nicht ab

Kritiker bemängelten anfangs unter anderem, dass eine Ethikkommission zur Kontrolle der praktischen Anwendung fehle. Dafür zuständig ist in Bayern seit 2015 die Bayerische Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik; sie entscheidet über Anträge von Betroffenen, die in Bayern eine PID durchführen lassen möchten.

Kritik an der PID gibt es bis heute: So werde unter den Embryonen selektiert, vermeintlich fehlerhaftes menschliches Leben aussortiert. Die Präimplantationsdiagnostik öffne das Tor zum Designer-Baby, so die Gegner.

Befürworter heben dagegen die überwachende Funktion der Ethikkommission hervor und betonen, dass bereits ein ähnliches Instrument mit der Pränataldiagnostik zur Anwendung kommt – darunter versteht man zum Beispiel Krankheitserkennung per Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft.

Im Video: Doku zu Chancen und Risiken der Pränataldiagnostik

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Schon früh in der Schwangerschaft lassen sich durch Pränataldiagnostik Fehlbildungen, aber auch Trisomien erkennen.

PID birgt auch medizinische Risiken

Neben ethischen Gründen gibt es aber auch medizinische Bedenken: Unter anderem steigt die Wahrscheinlichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft, was wiederum gesundheitliche Risiken für die Mutter birgt. Darüber hinaus weisen im Reagenzglas erzeugte Embryonen ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko auf, wie Studien belegen.

In einer 2021 veröffentlichen Studie kritisiert ein Forscherteam um Norbert Gleicher, Direktor des Center for Human Reproduction in New York, nicht nur die mangelhafte Validierung des PID-Verfahrens. Des Weiteren zeigt die Untersuchung, dass Embryonen Anomalien, die in einem sehr frühen Stadium auftreten, durchaus oft später noch selbstständig korrigieren können. Und schließlich sei eine eindeutige Diagnose kaum möglich.

Neuere PID-Methoden machen Hoffnung

Nichtsdestotrotz bringen neuere Forschungsarbeiten erstmals kostengünstigere und vor allem nichtinvasive Eingriffe ins Spiel, mit denen auch geringere gesundheitliche Risiken verbunden wären.

Vielleicht gibt es also zumindest aus medizinischer Perspektive in Zukunft weniger Kritikpunkte an der PID. Das wäre von großem Vorteil, besonders weil im vergangenen Jahr die Zahl der Anträge von werdenden Eltern auf Präimplantationsdiagnostik in Bayern deutlich gestiegen ist.

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