Silhouetten von Figuren mit Einkaufswagen
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Mehr Profit durch einen individuell angepassten Preis? Für Unternehmen scheint das insbesondere im Online-Handel möglich.

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Personalisierte Preise: Wie uns der Handel austrickst

Der Handel findet immer besser heraus, wofür wir bereit sind, einen hohen Preis zu zahlen. Das liegt vor allem daran, dass nicht nur im Internet immer mehr Daten über uns gesammelt werden. Was kann dagegen helfen?

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Wer kennt sie nicht: Die Tankstelle, die am Sonntagabend einen anderen Preis für den Liter Sprit verlangt als am Montagmorgen oder das City-Hotel, das am Wochenende billiger ist als an Werktagen? Solche sogenannten "dynamischen Preisanpassungen" - egal in welcher Branche - sind längst Alltag. Aber gibt es auch ein "Personal Pricing", also "Personalisierte Preisanpassungen", bei dem der Preis eines Produkts individuell variiert? Insbesondere bei Online-Angeboten scheint es so zu sein, tauchen dort doch ständig Waren und Leistungen zu unterschiedlichen Preisen auf. Oft wird der Preis immer höher, je länger die Recherche dauert. Dagegen vorzugehen, ist trotz der bestehenden Bestimmungen schwer.

Personalisierte Preisanpassung: Nachweise in den USA

Für "personalisierte Preisanpassungen", also Preise, die individuell variieren, gibt es in Deutschland zwar mangels Forschung keine eindeutigen Belege. Internationale Studien liefern aber längst Hinweise, dass Unternehmen so etwas wie "Personal Pricing“ betreiben. Speziell in den USA:

"Also in den USA ist das nachgewiesen, dass es gerade im Onlinebereich 'Personal Pricing' gibt [..] Dass da auch die Frage: 'Mit welchem Computersystem greift man auf bestimmte Webseiten zu?' Einfluss darauf hat, welche Preise einem angeboten werden. Der Apple Kunde ist generell zahlungskräftiger, wird behauptet, weil die Gerätschaften einfach einen Luxusfaktor haben - darüber gibt es dann Erfahrungswerte, das wird ausgewertet und das wird dann auch sicherlich verfeinert mit anderen Daten." Peter Kenning, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Düsseldorf

Vereinfacht gesagt: Wer per iPhone online bestellt, zahlt potenziell mehr als der Nutzer mit dem Android-Smartphone – so der Verdacht.

Keine Transparenz bei Händlern, aber Kunde immer gläserner

Wirklich stichhaltige Belege für das Vorgehen der Händler gibt es wenige. Der Kunde hingegen wird immer gläserner. Er hinterlässt Daten beim Zahlen an der Online-Kasse, muss schließlich seine Identität preisgeben. Er hinterlässt beim Surfen im Internet Spuren, die auf Interessen und seine persönliche Situation, wie etwa seine Zahlungsfähigkeit, hindeuten. All das können Unternehmen verwenden, um es für die entsprechende Preisgestaltung besonders gewinnbringend zu nutzen. Wie das genau geschieht, ist nicht vollends klar. Algorithmen helfen dabei, aber wie die Händler genau an der Preisschraube drehen, darüber lassen sie sich nicht in die Karten schauen.

"Es liegt eben daran, dass man an die entsprechenden Systeme nicht herankommt und das hat auch teilweise etwas mit dem Geschäftsgeheimnis zu tun. Weil Händler natürlich ein großes Interesse daran haben, die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden maximal abzuschöpfen." Peter Kenning

Aber nicht nur im Online-Handel kann eine Datenerfassung zu variablen Preisen führen. Sogar im stationären Handel ist so etwas möglich. Elektronische Preisschilder sind die Voraussetzung dafür. Mithilfe von Kameras wird das Kundenverhalten analysiert und je nachdem das vernetzte Preisschild verändert.

Vergleichsportale liefern nicht unbedingt den günstigsten Preis

Wer im Internet sucht, geht oft auf die Webseiten von Vergleichsportalen. Die helfen aber leider auch nicht immer. Häufig ist der günstigste Preis dort nicht zu finden. Warum ein Portal welche Ergebnisse ausspuckt und welche nicht, bleibt oft nebulös.

Personalisierte Preisanpassung: Reguliert das der Markt?

Wie sollen wir mit dem Phänomen der gewinnbringenden Rechenspiele der Händler also umgehen? Reguliert das der Markt? Peter Schaar, Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in Berlin und ehemaliger Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, ist nicht davon überzeugt.

"Das ist eine total naive Vorstellung. Ein Unternehmen ist in allererster Linie daran interessiert, sich im Wettbewerb zu behaupten. In dem Moment, wo man ein richtig schlechtes Image kriegt, ist das dann blöd - das ist schon ein Risiko - aber vielfach fällt das nicht auf - und es gibt auch Unternehmen, denen das wirklich völlig egal ist." Peter Schaar, Vorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in Berlin

Preisbewusstsein hilft gegen Abzocke

Der Verbraucher ist trotzdem überhöhten Preisen nicht ganz schutzlos ausgeliefert. Da gibt es zum einen die rechtlichen Bestimmungen. So ist die Datenerhebung nur dann rechtmäßig, wenn der Verbraucher erkennen kann, in was er einwilligt und soweit er das auch freiwillig tut. Anbietern, die sich an diese Vorschriften halten, sind bei der individuellen Preisbildung dadurch Grenzen gesetzt. Außerdem: Wer eine klare Vorstellung davon hat, was ein Produkt oder eine Leistung kosten darf, kann nicht so leicht übers Ohr gehauen werden.