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Symbolbild: Methadonfläschchen

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Methadon - Neue Gesetzeslage in der Drogensubstitution

Für Ärzte, die den Ersatzstoff Methadon für Drogensüchtige verschreiben, herrschte bisher ständig die Gefahr, Ärger mit der Staatsanwaltschaft zu bekommen. Daher wurde das Gesetz vor einem halben Jahr geändert. Nun ziehen Ärzte eine erste Bilanz.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Drogensubstitution ist für viele Konsumenten eine Erfolgsgeschichte.

"Gesundheitlich stabilisiert, erste eigene Wohnung, Ich konnte Freundschaften wiederbeleben, auch neu orientieren, ohne Substitution wäre das nicht möglich gewesen." 

Das Zitat stammt aus einem Film des Bundesverbandes JES, einem Verein für Drogensüchtige, Ehemalige und Substituierte. Das ist die eine, die positive Seite. Die andere, die problematischere: Damit es keinen Missbrauch gibt, ist die Substitution sehr streng geregelt. Was sicher sinnvoll ist, aber für die Betroffenen oft vor große Hürden stellt.

"Siebenmal in der Woche muss ich reinfahren, das ganze Leben dreht sich um das, wenn man Münchner ist, hat man es ein bisschen leichter, wenn man von weiter kommt wie ich, hat man es ein bissl schwieriger, schafft es manchmal nicht." Patient, der mit Methadon substituiert
"Es muss der Patient jeden Tag kommen, weil er es sonst daheim hätte, dann weiß ich nicht, was er damit macht, ob er es verkauft, wir geben es ihm auch nicht mit." Dr. Hannes Rabe, Vorsitzender der Methadonkommission der Kassenärztlichen Vereinigung

Neues Gesetz gibt Ärzten mehr Kontrolle

Hannes Rabe behandelt seit über 20 Jahren mit Ersatzstoffen und kennt die Probleme für die Patienten und für die Behandler. Er hat selbst am neuen Gesetz mitgewirkt, das die Behandlung auf eine völlig neue Grundlage stellen soll.

"Ich entscheide. Nicht mehr die Politik, sondern ich entscheide. Wieviel Urinkontrollen, auf was alles kontrolliert wird, wie oft das kontrolliert wird, welche Laborkontrollen sind nötig, für HIV, für Hepatitis, in welchem Maße ist psychosoziale Kontrolle notwendig." Dr. Hannes Rabe, Vorsitzender der Methadonkommission der Kassenärztlichen Vereinigung

Stand der Wissenschaft ist entscheidend

Anders formuliert es Oliver Pogarell, Professor für Psychiatrie an der Münchner LMU. Nicht mehr das Gesetz entscheidet, wie behandelt werden muss, sondern der Stand der Wissenschaft. Es gelten jetzt die Richtlinien der Ärztekammer, aber die können wesentlich schneller an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angeglichen werden als ein Gesetz.

"Ich kann durchaus auch verschiedene Medikamente zusätzlich einsetzen, die unter den alten Regeln gesetzlich problematisch waren, ich komme hier aus den strafrechtlichen Regeln heraus. orientiere mich am Stand der Wissenschaft." Oliver Pogarell, Professor für Psychiatrie an der Münchner LMU

Ärzte auf dem Land bekommen mehr Rechte

Nochmal zur Sicherheit: die Substitutionstherapie, etwa mit Methadon, ist immer noch streng geregelt. Der behandelnde Facharzt hat aber mehr Spielräume. Was zum Beispiel ermöglichen kann, dass manche Patienten nicht mehr siebenmal in der Woche in die Praxis kommen müssen, sondern nur noch fünfmal. Dass in besonderen Fällen das Mittel auch in der Apotheke abgeholt und dort eingenommen werden kann. Dass sogenannte Konsiliarärzte, also Hausärzte auf dem Land in Absprache mit dem Facharzt in der Stadt, mehr Rechte bekommen. 

"Aufm Land, wo wir wenige substituierende Ärzte haben, da kann auch der Hausarzt die Betreuung übernehmen, das waren bisher beschränkt auf drei Patienten, jetzt sind es zehn, weil wir einfach den Bedarf haben." Oliver Pogarell, Professor für Psychiatrie an der Münchner LMU

Denn für die Patienten ist das tägliche Antanzen beim Facharzt kein kleines Problem. Wohlgemerkt: die besonders strenge sieben Tage-Regel gilt nicht für alle Patienten. Aber die, für die sie gilt, sind manchmal stundenlang unterwegs, kommen mit der Szene in Kontakt.

Beigebrauch heißt nichts anderes, als andere Drogen zu konsumieren. Und solcher Beigebrauch, wie die Fachleute sagen, macht die Regeln für die Patienten sofort wieder strenger. Deshalb dürfte grade für Patienten vom Land die neue Regelung in mehrfacher Hinsicht Verbesserungen bringen. Der eigene Hausarzt bekommt mehr Rechte, und: der Fakt, dass Ärzte, die Substitutionsbehandlung anbieten, nicht mehr mit einem Bein im Gerichtssaal stehen, könnte auch wieder mehr dazu motivieren, sich auf die Behandlung einzulassen.