Baustelle der Geothermie-Anlage bei Geretsried - Aufnahme von Anfang 2023.
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Hier in Gelting nahe Geretsried entsteht derzeit eine Geothermie-Anlage, die einmal die größte Anlage dieser Art Bayerns sein soll.

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Größte Geothermie-Anlage Bayerns im Bau

Mit Geothermie lässt sich die Wärme aus dem Erdinneren als Energiequelle nutzen. An sich geht das nur dort, wo sich heißes Thermalwasser im Untergrund nutzen lässt. Bei der größten Geothermie-Anlage Bayerns, die derzeit entsteht, geht man anders vor.

Tief unten im Erdkern herrschen Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius. Diese Hitze strahlt weit hinauf und heizt Wasser unter der Erdoberfläche auf. Schon in 50 Meter Tiefe lässt sich dieses Wasser mit oberflächennaher Geothermie nutzen. Ab einer Tiefe von 400 Metern spricht man von Tiefengeothermie. Bis mehrere Kilometer Tiefe unter der Erde gibt es heißes Thermalwasser, das als Energiequelle dienen kann. So funktionierte Geothermie bisher.

Größte Anlage für Geothermie in Bayern mit neuer Technik im Bau

In Gelting nahe Geretsried gibt es in den tieferen Bodenschichten zwar kein heißes Wasser, das man zur Energiegewinnung fördern könnte. Trotzdem soll dort bis 2026 die größte Geothermie-Anlage Bayerns stehen. Möglich macht dies eine neue Technik, mit der ein spezielles Wassergemisch erst in die Tiefe und dann durch in das Gestein gemeißelte Röhrensysteme geschickt wird. Das Wassergemisch kommt – dank der Wärme des Gesteins - dann mit bis zu 120 Grad an die Erdoberfläche zurück und soll anschließend per Fernwärme in Geretsried und Wolfratshausen zum Heizen – und zur erneuerbaren Stromerzeugung genutzt werden. Bis zu 200.000 Haushalte sollen mit dieser Wärme versorgt werden können. Ganz billig ist das Projekt nicht. Das kanadische Energieunternehmen Eavor, das die sogenannte Loop-Technik entwickelt hat, rechnet mit 250 bis 300 Millionen Euro Baukosten. 100 Millionen Zuschuss kommen aus einem Technik-Fonds der Europäischen Kommission. Bereits im Herbst 2024 soll eine von zwei Anlagen in Betrieb gehen, 2026 sollen die Anlagen mit dem Kraftwerk fertig sein.

Welche Regionen sich für Geothermie-Anlagen bisher eignen – und warum

In Deutschland sind - ohne die neue Loop-Technik - nur wenige Regionen für die Nutzung der Geothermie so gut geeignet wie Südbayern. Im süddeutschen Molassebecken, das sich von der Donau bis zum Alpenvorland erstreckt, gibt es zahlreiche Heißwasservorkommen – bisher unabdingbare Voraussetzung für die Energiegewinnung mittels Geothermie.

Die existierenden Geothermie-Anlagen in und um München

Die meisten bisher existierenden Geothermie-Anlagen finden sich in und um München. Das Thermalwasser in 2.000 bis über 3.000 Metern Tiefe ist im Norden Münchens rund 80 Grad heiß und im Süden sogar bis zu 140 Grad.

Die Stadtwerke München nutzen die Erdwärme mit mehreren Geothermie-Anlagen, beispielsweise in Riem, Sauerlach und Freiham. Seit 2021 ist die Geothermie-Anlage auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd in München-Sendling in Betrieb, die nach Angaben der Stadtwerke die leistungsstärkste in ganz Deutschland ist.

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Der Geothermie-Bohrturm am ehemaligen Heizkraftwerk Süd in München im Jahr 2019.

Um das heiße Wasser aus der Tiefe zu nutzen, werden bei der tiefen Geothermie zwei Löcher gebohrt: Über das eine wird das heiße Wasser nach oben gefördert und dort dazu verwendet, um Fernwärme, elektrischen Strom oder beides zu produzieren. Danach wird das Wasser über das zweite Loch wieder in die Tiefe gepumpt.

Geothermie ist abgasfrei und immer verfügbar, aber aufwendig

Geothermie hat mehrere Vorteile: Sie setzt keine Abgase frei, ist unerschöpflich und, im Gegensatz zu Sonne und Wind, ständig verfügbar. Erdwärme lässt sich zudem ohne großen Verlust in Fernwärme umwandeln. Wenn das Thermalwasser über 80 Grad heiß ist, kann es auch zur Stromerzeugung dienen. Mit Geothermie lässt sich auch Kälte erzeugen, die im Sommer zum Beispiel Häuser kühlen kann.

Geothermie lässt sich aber nur in wenigen Gegenden Deutschlands nutzen. Zudem ist die Nutzung von Geothermie teuer und aufwendig: Um einen passenden Standort für eine Anlage zu finden, sind eingehende Untersuchungen des Untergrunds und oft tiefe Probebohrungen notwendig. Manchmal kann es dann sein, dass sich die gewählte Stelle doch nicht als geeignet erweist.

Zum Beispiel, wenn eine Probebohrung zwar heißes Wasser zutage bringt, aber davon zu wenig. An manchen Orten lehnen überdies Anwohner Geothermie-Projekte ab, weil sie befürchten, das Ab- und Zurückpumpen des Wassers könnte Erdbeben oder Bodenbewegungen auslösen.

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Die Geothermieanlage in Holzkirchen liefert nicht nur Fernwärme, sondern produziert auch elektrischen Strom.

Erneuerbare Energiequelle mit Potenzial

In Deutschland sind nach Angaben des Bundesverbandes Geothermie (Stand: 2022) 42 Anlagen mit einer Bohrtiefe von mehr als 400 Metern im Einsatz: 30 davon liefern Wärme, drei elektrischen Strom, neun Anlagen beides. Die installierte Wärmeleistung lag bei rund 350 Megawatt, die Stromleistung bei 47 Megawatt. Theoretisch könnte die unterirdische Wärme in Deutschland ein Vielfaches des bundesweiten Energieverbrauchs decken.

Bisher scheitert der Bau von Geothermie-Anlagen aber oft an den hohen Kosten. Wenn eine Anlage aber einmal in Betrieb ist, arbeitet sie ohne Brennstoffkosten, abgasfrei und unabhängig von Jahres- und Tageszeiten, Windverhältnissen oder Sonnenstand.

Vierwaldstättersee
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Die Schweizer setzen am Vierwaldstättersee bei der Energiewende auf Seethermie, bei der aus kaltem Seewasser Wärme gewonnen wird.

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