Experten warnen: Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) ist in seinem Bestand bedroht.
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Europäischer Aal: Bestand geht dramatisch zurück

Europäischer Aal: Bestand geht dramatisch zurück

Experten schlagen Alarm: Der Europäische Aal, bei uns als fetter Räucherfisch beliebt, schwindet seit Jahren in seinem Bestand. Die Ursachen für den Rückgang sind noch weitgehend unklar.

Am Thünen-Institut für Fischerei-Ökologie in Bremerhaven untersuchen Experten, warum der Bestand des Europäischen Aals in den vergangenen Jahren so stark zurück gegangen ist. Die Fischart gilt als vom Aussterben bedroht. Die Wissenschaftler wollen nun mehr über das Leben der Aale herausfinden.

16.000 Kilometer in Salz- und Süßwasser

Die Fische legen in ihrem Leben auf ihrer Reise von den Laichgebieten in der Sargassosee im West-Atlantik bis in unsere Gefilde mehr als 16.000 Kilometer zurück. Dabei wechseln sie auf dem Weg in die europäischen Flussgebiete vom Salz- ins Süßwasser und für ihre spätere Laichwanderung zurück ins Meer.

Wenig Daten über den Europäischen Aal

"Mittlerweile kommen in Europa nur noch etwa fünf Prozent der Jungaale an, die in den 1970er-Jahren gezählt wurden", sagt Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Instituts für Fischerei-Ökologie. Genaue Bestandszahlen sind nicht bekannt – dazu sind der Weg und das Leben des Aals zu komplex und zu schwer nachzuvollziehen. "Die Datenlage ist trotz internationaler Forschung gering. Es gibt vieles, das man nicht weiß", so Hanel weiter.

Zum Beispiel ist unklar, wie genau die Aallarven ihre tausende Kilometer lange Reise von den Laichgründen in der Sargassosee bewältigen: Jedes Exemplar, das in Deutschland gefangen und geräuchert wird, stammt aus einem Gebiet südöstlich von Bermuda. "Es gibt wenige andere Fischarten, die so weite Wanderwege zurücklegen", sagt Hanel.

Fangverbot in Irland - in Deutschland nicht

Die Wissenschaftler vermuten, dass auf diesem langen Weg die Ursachen liegen, warum der Bestand so eingebrochen ist, dass der Fisch als bedroht gilt. "Die Gefährdungsursachen sind komplex", sagt der Leiter des Thünen-Instituts. Klimaveränderungen, Schadstoffe, eingeschleppte Parasiten und Aale, die in den Turbinen von Wasserkraftwerken sterben – viele der Faktoren seien schwer zu beeinflussen. Andere Länder, allen voran Irland, beschlossen bereits Fangverbote. Deutschland nicht.

Viel geringere Fangmengen in Deutschland

Die Europäische Union (EU) hat mit verschiedenen Maßnahmen versucht, den Aal zu schützen. Im Jahr 2007 gab es den Beschluss, dass jeder Mitgliedsstaat Managementpläne für seine Bestände entwickeln muss. Frankreich zum Beispiel setzte auf Umsiedlung der Aale. Auch für deutsche Fischer hat sich viel verändert: "Beim Aalfang gibt es jetzt erheblich mehr Bürokratie als bei anderen Fischarten", sagt der Sprecher des Deutschen Fischereiverbandes, Claus Ubl. Jeder Aalfischer müsse gelistet sein und seine Fangmengen dokumentieren. Als Folge seien die Fangmengen aus deutschen Flüssen deutlich zurückgegangen, von 769 Tonnen im Jahr 2007 auf 463 Tonnen im Jahr 2016.

Schonzeit für den Aal statt Fangverbot

Der Bestand befindet sich nach Einschätzung des Thünen-Instituts dennoch weiter auf geringem Niveau. Einem zu geringen, meinen Experten. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) empfiehlt seit Langem, die von Menschen verursachte Sterblichkeit der Aale so gering wie möglich zu halten. Die EU schlug im vergangenen Jahr ein Aalfang-Verbot für die Ostsee, Nordsee und das europäische Atlantikgebiet vor. Eine Einigung dafür gab es aber nicht, am Ende stand ein Kompromiss: Statt eines generellen Verbots beschlossen die Minister eine dreimonatige Schonzeit, die jedes Land individuell zwischen Ende September und Ende Januar legen darf.

Geld mit den Glasaalen

Zudem werden jährlich Tausende zuvor an der europäischen Küste gefangene Jungfische in deutschen Flüssen ausgesetzt, um die Managementpläne der EU zu erfüllen. Allein in der Elbe waren es seit 2006 mehr als zwei Millionen Tiere. Fraglich bleibt jedoch, wie effektiv diese Maßnahmen sind, denn ein großer Teil der Jungtiere stirbt bei der Umsetzung. Ein weiteres Problem ist der illegale Handel mit Glasaalen: Strafverfolgungsbehörden gingen im März 2018 davon aus, dass in der laufenden Fangsaison mindestens 110 Millionen von Europa nach Asien exportiert wurden - obwohl das seit 2010 verboten ist.

Kritik von Umweltschützern

Umweltschützer kritisieren die Entscheidung. "Wir schlagen vor, dass der Aalfang für ein paar Jahre komplett eingefroren wird, damit sich der Bestand erholen kann", sagt Stefanie Sudhaus, Meeresschutz-Referentin vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Sie hat kein Verständnis dafür, dass sich die Länder die Monate für die Schonzeit selbst aussuchen können. Deutschland habe sich dazu entschlossen, den Aalfang von November bis Januar einzustellen, wenn sowieso nur sehr wenige Aale abwanderten. "Wirtschaftliche Aspekte stehen hier eindeutig vor Tierschutzaspekten", betont Sudhaus.