Die Kinder in einer Kindertagesstätte machen am Vormittag eine Corona-Pooltestung (Lollitest)
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Die Kinder in einer Kindertagesstätte machen am Vormittag eine Corona-Pooltestung (Lollitest)

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Wie schlimm ist Omikron für Kinder?

Omikron fegt durch Kitas und Schulen. Eltern sorgen sich momentan weniger um Oma und Opa als um ihre Kinder. Im Fokus stehen Folgekrankheiten wie PIMS, Diabetes und Long Covid. Doch Kinderärzte geben Entwarnung.

Das Robert Koch-Institut meldet, dass in den vergangenen Wochen vor allem bei Kindern und Jugendlichen ein besonders starker Anstieg der Infektionszahlen zu bemerken sei. Es gebe Inzidenzen von über 3.000 in den Altersgruppen von fünf bis 14 Jahren. Die steigenden Zahlen führen auch zu einer größeren Zahl an Krankenhausaufenthalten - selbst in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen.

Omikron sorgt meist für milden Verlauf

Bereits im Dezember 2021 hatten die pädiatrischen Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Erkrankungs­schwere bei Omikron "in allen Altersgruppen deutlich unter der der Delta-Variante" liege.

Das zeigten auch Berichte aus Südafrika, den USA und Großbritannien, wo die Omikronwelle schon früher als in Deutschland für hohe Ansteckungsraten sorgte. "Wir haben eine massive Zunahme der Infektionszahlen", sagt Johannes Hübner, stellvertretender Klinikdirektor des Haunerschen Kinderspitals in München.

"Wir sehen auch mehr Kinder denn je in dieser Pandemie bei uns im Krankenhaus. Aber der Verlauf ist bei Omikron insgesamt milder." Oberarzt Johannes Hübner

Stabile Lage im Haunerschen Kinderspital in München

Wie jedes Jahr im Januar und Februar sind viele Kinder mit Atemwegserkrankungen im Haunerschen Kinderspital in München. "Das sind immer unsere Großkampfmonate", sagt Oberarzt Johannes Hübner. Aber anders als vor der Pandemie gibt es momentan kaum Grippe-Patientinnen oder Patienten. Auch andere Infekte der Atemwege sind kaum zu beobachten. Den überwiegenden Teil der Kinder auf Station machen derzeit Omikron-Fälle aus.

Die Gesamtzahl der jungen Patientinnen und Patienten sei aber momentan nicht höher als in früheren Jahren im Winter, sagt Hübner: "Wir sehen kaum Lungenentzündungen, wohl aber, bedingt durch Omikron, Probleme in den oberen Atemwegen. Es gibt kaum schwere Verläufe. In der Regel sind die Kinder nach ein bis drei Krankenhaustagen wieder zu Hause."

PIMS tritt bei Kindern und Jugendlichen auf

PIMS steht für Pediatric Multisystem Inflammatory Syndrom- eine andere Bezeichnung ist Multisystem Inflammatory Syndrom in Children, kurz MIS-C. Damit ist eine Ganzkörperentzündung bei Kindern gemeint, die in wenigen Fällen nach einer Corona-Infektion eintreten kann.

Schätzungen des Universitätsklinikums Dresden zufolge sind daran seit Beginn der Pandemie etwa 1.000 Kinder in Deutschland erkrankt, wenn man die vermutete Dunkelziffer mit einberechnet. Gemeldet worden sind seit Mai 2020 genau 661 Fälle (Stand 6. Februar 2022), wie aus einem Register der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) hervorgeht.

Im Haunerschen Kinderspital in München gab es im Laufe der Pandemie rund 20 betroffene Kinder. In München ist bislang kein Kind an PIMS verstorben. Die Zahl der PIMS-Patienten sei relativ konstant geblieben in den letzten Monaten, erklärt Hübner: "Keine Zunahme weder durch Delta noch durch Omikron noch durch eine andere Variante."

Bei PIMS spielt das Immunsystem verrückt

Kinder mit PIMS oder MIS-C haben mehrere Tage anhaltendes Fieber sowie Durchfälle oder Hautauschläge. Bei ihnen zeigen sich erhöhte Entzündungswerte im Blut. Das Immunsystem greift fast alle Organe an. Etwa ein Viertel der Betroffenen muss auf einer Intensivstation behandelt werden. Es sind mehr Jungen als Mädchen davon betroffen.

Die gute Nachricht: Mit Kortison lassen sich die Entzündungen wieder zurückfahren. Die Erkrankung heilt meist ohne spätere gesundheitliche Folgen wieder aus. Laut der US-Gesundheitsbehörde CDC schützt die Gabe von zwei Dosen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs bei Kindern und Jugendlichen von 12 bis 18 Jahren in hohem Maße vor PIMS.

PIMS-Anteil bei Erkrankten gering

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie sammelt Daten zu erkrankten Kindern und Jugendlichen. Konkret für den 6. Februar 2022 meldet die Gesellschaft 112 Kinder und Jugendliche mit SARS-CoV-2 Infektion in deutschen Kliniken. 18 sind Verdachtsfälle der Entzündungsreaktion PIMS.

Zwei von diesen 18 befinden sich auf einer Intensivstation, die anderen auf einer normalen Station. Dieses Register soll dazu dienen, "aussagekräftige Daten über die Anzahl und Schwere der stationären Krankheitsverläufe im Jahr 2022 zu präsentieren und letztlich fundierte Daten zur Mehrbelastung der deutschen Kliniken zu liefern".

Video: Kinder und Corona: Erfahrungen aus der Arztpraxis

Die Infektionszahlen der Omikronvariante sind hoch, deshalb haben Eltern oft Angst vor einem positiven Test der Kinder und den möglichen Folgen.
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Die Infektionszahlen der Omikronvariante sind hoch, deshalb haben Eltern oft Angst vor einem positiven Test der Kinder und den möglichen Folgen.

Mehr Kinder von Typ-1-Diabetes betroffen

Seit der Pandemie zeigt sich statistisch gesehen eine Zunahme von Typ-1-Diabetes bei Kindern. Auch eine Studie aus den USA vom 7. Januar 2022 gibt Hinweise, dass Kinder nach einer Corona-Infektion vermehrt an Typ-1-Diabetes erkranken. Diese Diabetesart gehört zu den Autoimmunerkrankungen, die seit Jahrzehnten in den Industrienationen zunehmen, ohne dass sich bisher genaue Ursachen bestimmen ließen.

"In den Jahren 2011 bis 2019 ist die Zahl der Typ-1-Diabetiker im Kindesalter jedes Jahr um knapp zwei bis drei Prozent gestiegen", weiß Clemens Kamrath, Pädiater am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. "Hätte sich der Trend normal fortgesetzt, hätten wir im Jahr 2020 und im ersten Halbjahr 2021 eine Inzidenz von etwa 21,2 Fällen pro 100.000 Patienten pro Jahr haben müssen. Stattdessen wurden pro 100.000 Kindern und Jugendlichen 24,4 mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes registriert."

Long Covid ist bei Kindern selten

Kinder zeigen bei einer Corona-Infektion oft gar keine Symptome. Wenn doch, dann haben sie meist Fieber, Husten oder Schnupfen. Andere leiden auch an Magen-Darm-Problemen. "Eine Covid-Erkrankung bei Kindern kann auch wie eine klassische Durchfallerkrankung aussehen", sagt der Nürnberger Kinderarzt Wolfgang Landendörfer am 10. Februar 2022 in der BR-Abendschau.

Schwere Verläufe und Spätfolgen wie Long Covid treten sehr selten auf. Trotzdem haben die Kinderkliniken von TU München und Ludwig-Maximilians-Universität eine Ambulanz für Long Covid bei Kindern eingerichtet. Es sei wichtig, wichtig, das Krankheitsbild bei Kindern besser zu verstehen.

"Long Covid kann im Einzelfall auch Kinder betreffen. Das macht uns Sorge." Christoph Klein, Direktor der Kinderklinik im Haunerschen Kinderspital

47 Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen in der Pandemie

Dem Robert Koch-Institut sind seit Beginn der Pandemie 47 Covid-19-Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 bis 19 Jahren übermittelt worden. Bei 31 Fällen lagen Angaben zu bekannten Vorerkrankungen vor. Dem stehen etwa 119.000 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 in der Gesamtbevölkerung in Deutschland gegenüber.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand eine falsche Prozentangabe zur Kindersterblichkeit bei Covid-19. Wir haben diese entfernt.

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