Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), kommt zur Pressekonferenz.
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EZB-Chefin Christine Lagarde gibt sich entschlossen, den Kampf gegen die Inflation so lange weiter zu führen, bis der Zielwert erreicht ist.

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EZB erhöht Zinsen zum zehnten Mal: Der richtige Schritt?

Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen das zehnte Mal in Serie angehoben auf nunmehr 4,5 Prozent. Laut ifo-Präsident Fuest ist das der richtige Schritt, auch wenn die deutsche Wirtschaft darunter ächzt.

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Die Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde haben auf ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause beschlossen, den Leitzins – wie schon im Juli – erneut um einen viertel Prozentpunkt zu erhöhen. Auch der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, klettert von 3,75 auf 4,00 Prozent. Damit dürfte es bei den Geschäftsbanken bald auch für Sparer noch einmal etwas steigende Zinsen geben.

"Die Inflation geht weiter zurück. Es wird jedoch nach wie vor erwartet, dass sie zu lange zu hoch bleiben wird. Der EZB-Rat ist entschlossen, für eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von zwei Prozent zu sorgen." Christine Lagarde, EZB-Präsidentin

Zinserhöhung soll Inflation dämpfen

Mit steigenden Leitzinsen will die EZB die Inflation in der Eurozone wieder zurück in den angestrebten Korridor drücken. Die Inflation soll nämlich nach offizieller Ansicht der Zentralbank nahe bei 2 Prozent liegen, aber nicht darüber. Im August lag der Wert bei 5,3 Prozent. Das heißt, dass Waren und Dienstleistungen in der Eurozone im Durchschnitt um 5,3 Prozent teurer waren als im August 2022. Das ist der gleiche Wert wie im Juli. Aber: Immerhin zeigt der Trend bei der Inflation mittlerweile nach unten. Im April waren es noch 7,0 Prozent.

Der gesamtwirtschaftliche Zusammenhang zwischen Leitzinsen und Inflation ist vereinfacht gesagt wie folgt: Höhere Leitzinsen machen es teurer für Kreditnehmer, an Geld zu kommen. Das führt mit einer gewissen Verzögerung zu weniger Nachfrage nach knappen Gütern und Dienstleistungen. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage soll durch die Zinserhöhung wieder ins Gleichgewicht kommen, dann wäre der Preisauftrieb beendet.

  • Zum Artikel: Zinserhöhung der EZB: Was das für Sparen und Bauzinsen bedeutet

Inflation entwickelt sich unterschiedlich

Allerdings entwickelt sich die Teuerungsrate im europäischen Währungsraum sehr unterschiedlich - was die Aufgabe der EZB erschwert. In den Niederlanden und in Spanien etwa geht die Inflation deutlich schneller zurück als in Deutschland. Während es auf der einen Seite also Länder gibt, die wohl schon bald die Zwei-Prozent-Zielmarke der Inflationsrate wieder erreichen werden, gibt es andere – darunter Deutschland –, in denen es schwieriger sein wird, schnell auf 2 Prozent herunterzukommen.

Die EZB betrachtet jedoch den Währungsraum in seiner Gesamtheit und deutet an, dass man – sollte nichts Unvorhergesehenes passieren – jetzt erst einmal eine Pause bei den Zinsen einlegt:

"Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird." Christine Lagarde, EZB-Präsidentin

So entschlossen sich die Führung der EZB bei der Inflationsbekämpfung auch gibt: Im globalen Vergleich läuft sie den Zinserhöhungen der US-amerikanischen und der britischen Notenbank gewissermaßen hinterher. Das mag zu einem gewissen Teil auch daran liegen, dass das Wirtschaftswachstum im Euroraum und hier ganz besonders in Deutschland schwach ist. In Deutschland rechnen Fachleute für dieses Jahr sogar mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Da würden kräftigere Drehungen an der Zinsschraube sich ungünstig auswirken.

Grafik: Die Leitzins-Erhöhungen der vergangenen Jahre

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Auch nach der Zinserhöhung durch die EZB bleiben die Zinsen im Euroraum niedriger als in den USA (Fed) und in Großbritannien (BoE).

EZB-Prognose: Inflation geht langsam zurück, Wirtschaft wächst langsam

Jetzt rechnet die EZB nach den Worten von Christine Lagarde für das Gesamtjahr 2023 mit einer Inflation von 5,6 Prozent. Im kommenden Jahr mit 3,2 und erst 2025 mit 2,1 – also der Annäherung an den Zielwert.

Ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum der Euro-Zone haben die EZB-Experten erheblich gesenkt: Sie erwarten für die Wirtschaft des Euroraums nun ein Wachstum von 0,7 Prozent für 2023, 1,0 Prozent für 2024 und 1,5 Prozent für 2025.

Auch die Bundesbank rechnet nicht damit, dass die Inflation – hier für Deutschland betrachtet – bald wieder unter zwei Prozent sinkt. Im Juli sagte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel, dass er in Deutschland mit einer Inflation von 6,0 Prozent für das Gesamtjahr 2023 rechnet. Im nächsten Jahr liegt seine Prognose bei 3,1 Prozent und auch 2025 soll mit 2,7 Prozent das Ziel der EZB in Deutschland deutlich verfehlt werden.

ifo: Zinserhöhung für Deutschland schmerzhaft

Der ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank gelobt, auch wenn sie nach seiner Bewertung die deutsche Wirtschaft besonders herausfordern wird:

"Die Zinserhöhung der EZB ist gut begründet. Die Inflation bleibt trotz der konjunkturellen Abkühlung hoch. Für das Jahr 2024 hat die EZB ihre Inflationsprognose erhöht, vor diesem Hintergrund ist die Zinserhöhung folgerichtig. Für Deutschland ist die Zinserhöhung angesichts der Schrumpfung der Wirtschaft schmerzhaft. Die EZB macht aber Geldpolitik nicht nur für Deutschland, sondern für den Euroraum insgesamt." Clemens Fuest, ifo Institut

Nach dem Zinsentscheid der EZB zeigen sich die Anleger an den Aktienmärkten vorsichtig optimistisch. Der deutsche Leitindex Dax drehte ins Plus und notierte etwas höher. Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, rückte ebenfalls vor. Diese ersten Börsenreaktionen können ein Anzeichen sein, dass die Märkte jetzt erst einmal nicht mit baldigen weiteren Zinserhöhungen rechnen.

Im Video: EZB erhöht Leitzins im Kampf gegen die Inflation

Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Europäische Zentralbank erneut die Zinsen angehoben.
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Im Kampf gegen die hohe Inflation hat die Europäische Zentralbank erneut die Zinsen angehoben.

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