Solarpanels werden in Deutschland immer häufiger verbaut. An Wochenenden kann Solarstrom fast 50 Prozent des deutschen Energiebedarfs abdecken. Für den Klimaschutz gut und für die Wirtschaft auch - eigentlich. Doch illegale Massenimporte chinesischer Solarmodule führen zu Preis-Dumping und Steuerbetrug in Millionenhöhe.
Mindestpreis für Solarmodule wird umgangen
Das Geschäftsmodell ist immer das gleiche: Von China aus gelangen die Solarmodule nach Nürnberg. Von dort werden die Module in Solarparks verkauft. Der gesetzliche Mindestpreis wird dabei offiziell eingehalten. Doch am Ende erhält der Käufer eine Rückvergütung oder Vergünstigung, meist von einer ausländischen Briefkastenfirma. Und damit sind die Solarmodule viel billiger als eigentlich erlaubt. Schätzungen zufolge entgehen dem Staat durch die Tricksereien Einnahmen von mehreren Hunderten Millionen Euro.
Nürnberger Firma unter Verdacht
Eine Solarfirma aus Nürnberg soll dieses Geschäftsmodell perfektioniert haben. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Zollbetrug in Millionenhöhe und hat bereits mehrere Personen festgenommen. Darunter auch der stellvertretende Landrat von Erlangen-Höchstadt Christian Pech (SPD). Er soll sich in der Firma um den Vertrieb gekümmert haben. Nach vier Wochen Untersuchungshaft ist er inzwischen unter Auflagen wieder auf freiem Fuß. Er hat eine umfassende Aussage gemacht.
"Wir führen ein Verfahren gegen die Köpfe dieser Firma. Wir legen ihnen gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggel zur Last. Dann gibt es noch zwei Vertriebsmitarbeiter, denen legen wir Beihilfe hierzu zur Last." Anita Traud, Staatsanwaltschaft Nürnberg
Solarparks in ganz Deutschland betroffen
Recherchen des Polit-Magazins Kontrovers belegen, dass in einem Solarpark in Ingolstadt die chinesischen Billigmodule verbaut wurden. Die Betreiber wollen sich zu etwaigen Rückzahlungen oder Vergünstigungen nicht äußern. Bei zwanzig weiteren Solarparks ermitteln die Behörden. Die Ermittler wissen, dass vor allem der süddeutsche Raum betroffen ist. Beim Zollfahndungsamt stapeln sich aber auch Ermittlungsakten von Fällen in ganz Deutschland. Noch etwa 30 weitere Firmen haben sie im Visier. Geschätzter Gesamtschaden: mindestens 500 Millionen Euro.
"Bei unseren Ermittlungen haben wir festgestellt, dass die Module in Solarparks in ganz Deutschland geliefert worden sind. Brennpunkt war hier der süddeutsche Raum, aber auch Rheinland-Pfalz. Die Solarparks hatten Kapazitäten von bis zu zehn Megawattstunden." Christian Schüttenkopf, Zollfahndungsamt München
Die Recherchen belegen außerdem: Die Nürnberger Firma operierte europaweit mit chinesischen Billigmodulen. Etwa dreißig weitere Unternehmen in Tschechien, Österreich, Rumänien und Italien gehören zum Netzwerk der Nürnberger Solarfirma.
Billig-Solarmodule vernichten Arbeitsplätze
Für die deutsche Solarindustrie ist es eine Katastrophe, dass chinesische Billig-Solarmodule den Markt überschwemmen. Experten schätzen, dass in ganz Deutschland inzwischen um die 25.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden. Auch andere europäische Länder sind von den illegalen Importen betroffen.
"Niemand kann gegen Preise unter Herstellerkosten konkurrieren. Das heißt, die Produktion wurde eingestellt, die Arbeitnehmer haben ihre Jobs verloren, die Firmen sind teilweise verschwunden. Wir haben ungefähr 80 Prozent der Solarindustrie verloren." Milan Nitzschke, Präsident EU ProSun