Paletten und Transportgut wird von Trailern des Logistikunternehmens DB Schenker auf dem Gelände des Logistikzentrums im Seehafen entladen.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Jens Büttner

Schenker steht zum Verkauf: Die Logistiktochter der Bahn AG soll Geld in die Kasse bringen.

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DB Schenker: Verkauf der Bahn-Logistiktochter nimmt Fahrt auf

Die Bahn plagen hohe Schulden und ein Sanierungsstau. Zur finanziellen Entlastung soll nun die internationale Logistik-Tochter DB Schenker verkauft werden. Bis Ende 2024 sollen Interessenten gefunden sein, die Schenker ganz oder teilweise übernehmen.

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Seit einem Jahr prüft die Bahn AG bereits den Verkauf ihrer milliardenschweren Logistik-Tochter DB Schenker. Es handelt sich um eine internationale Spedition, die bei Luft- und Seefracht sowie auf der Straße zu den vier weltweit führenden Anbietern zählt.

Bis zur Hälfte des Umsatzes im gesamten Konzern der Bahn AG kommt von Schenker – und ein Großteil des Gewinns. Den Verkaufserlös will die Bahn offenbar zur Tilgung von Schulden verwenden, die in Zeiten hoher Zinsen zunehmend die Bilanz belasten. Ein Teil des Geldes könnte auch für den Ausbau des Schienennetzes in Deutschland verwendet werden.

Dürfte auch ein arabischer Staatsfonds Schenker kaufen?

Unklar ist, in wieweit DB Schenker zur kritischen Infrastruktur zählt, weil es mit Bundeswehr und Nato-Partnern zum Teil exklusive Lieferverträge für militärische Logistik gibt. Ein neuer Eigentümer, der möglicherweise aus dem Ausland kommt, müsste garantieren, dass militärische Lieferketten geschützt bleiben.

Zu möglichen Bietern gehören Konkurrenten wie DHL oder Kühne+Nagel oder Finanzinvestoren wie der Staatsfonds von Abu Dhabi (ADQ), der Interesse gezeigt haben soll. Die Deutsche Bank und mehrere Investmentbanken ermitteln jetzt den Verkaufspreis und ermöglichen Interessenten einen Einblick in die Bücher.

Schwierige Wertermittlung und langwieriger Verkaufsprozess

Die Ausgangsfrage, was DB Schenker nun eigentlich wert ist, lässt sich nicht so einfach beantworten. Aktuelle Schätzungen schwanken laut "Handelsblatt" zwischen 12 Milliarden Euro und 15 Milliarden Euro. Es wurden aber auch schon bis zu 20 Milliarden Euro genannt. Das war zu einer Zeit, als Logistik-Firmen allgemein noch höher bewertet wurden. Die Branche profitierte von der Globalisierung mit dem weltweiten Ausbau der Lieferketten und vom stark wachsenden Online-Handel.

Die Bahn AG könnte das Geld gut gebrauchen: Sie ist mit mehr als 30 Milliarden Euro verschuldet. Um noch mehr geht es bei der Bahn-Sanierung: 45 Milliarden Euro sollten in den nächsten Jahren für das deutsche Schienennetz vom Bund kommen.

Zeitpunkt für Schenker-Verkauf nicht optimal

Im Moment leidet allerdings die internationale Logistikbranche unter einem allgemeinen Wachstumsrückgang der Weltwirtschaft, der sich 2024 weiter fortsetzen soll. Außerdem nehmen politische Abschottung und Handelsstreitigkeiten wie zwischen den USA und China oder mit der EU eher noch zu, was schlecht für die internationale Logistikbranche ist.

So gesehen wurde der beste Zeitpunkt für einen Verkauf von DB Schenker wahrscheinlich verpasst. Hätte die Bahn ihre Tochter zum Höhepunkt des Logistik-Booms abgegeben, wäre damals deutlich mehr zu erzielen gewesen. Ein Preisunterschied von bis zu fünf Milliarden Euro könnte diesen Umständen geschuldet sein. So hat zum Beispiel auch die Aktie des Schenker-Konkurrenten DHL Group seit dem Höhepunkt ihrer Bewertung in 2021 um etwa ein Viertel nachgegeben.

Bahn AG nicht glücklich über Verkauf von ertragreichster Tochter

Andererseits wäre ein Verkauf des mit Abstand größten Umsatz- und Ertragsbringers für die Bahn AG auch mit schmerzhaften Verlusten verbunden. So erzielte DB Schenker 2022 mit 1,8 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen einen Rekordgewinn. 27,6 Milliarden Euro vom gesamten Konzernumsatz (Bahn AG: 56,3 Milliarden Euro) kamen ebenfalls von Schenker.

Güterverkehr auf der Schiene gerät zunehmend aufs Abstellgleis

Das meiste Geschäft machte die Bahn-Tochter Schenker dabei mit Luft- und Seefracht. Ein beträchtlicher Teil kam von der Straße und nur ganz wenig von der Schiene.

Die Bahn AG selber verdient mit ihrem Güterverkehr auf der Schiene so gut wie nichts, im Gegenteil. So machte die DB Cargo AG (vormals DB Schenker Rail AG) mit dem Einzelwagenverkehr 2022 einen Rekordverlust von 442 Millionen Euro. In ihrer Verzweiflung fährt DB Cargo seit Jahren immer weniger Güterbahnhöfe an, weil es sich zunehmend nicht mehr lohnt.

Eine zunehmende Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene – wie von der Politik seit vielen Jahren gefordert – war selbst im Bahn-Konzern eher Wunschdenken. DB Cargo führte stets ein Schattendasein in Deutschland neben dem international erfolgreichen Logistikriesen DB Schenker, dem alle Verkehrswege offen stehen, vor allem zur See und in der Luft.

Politische oder eine betriebswirtschaftliche Entscheidung?

Dagegen steht die klare politische Vorgabe vom Bahn-Eigentümer, der Bundesrepublik Deutschland, für mehr Personen- und Güterverkehr auf der Schiene zu sorgen. Die Bahn AG soll sich deshalb auf dieses Kerngeschäft im Inland konzentrieren, statt zur Hälfte ein Unternehmen im Ausland zu sein, das vor allem dort kräftig wächst und gedeiht. Der öffentliche Druck nahm zuletzt deutlich zu, seit klar wurde, welche riesigen Aufgaben die Bahn in Deutschland noch zu bewältigen hat.

Zu dem aktuellen Verkauf von Schenker hieß es jetzt bei der Bahn AG, dass neben der DB vielleicht auch Schenker davon profitieren könnte. Neue Eigentümer könnten der Logistik-Tochter womöglich mehr Kapital für Investitionen zur Verfügung stellen und mehr Flexibilität bieten als die alte Bahn AG. Die muss ihr Geld jetzt wirklich in Deutschland ausgeben.

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