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Symbolbild: Bauarbeiter auf einer Baustelle

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Arbeiter aus Osteuropa: Machtlos gegen Ausbeutung

Sie hoffen auf gute Bezahlung in Deutschland und stehen am Ende oft ohne Geld da: Arbeiter aus Osteuropa sind fast machtlos, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt. Der Grund: undurchsichtige Firmengeflechte. Das ist Arbeiter Simon aus Serbien passiert.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Seit Sommer 2017 begleiten Kontrovers-Reporterinnen den serbischen Wanderarbeiter Simon, der auf Baustellen in ganz Deutschland gearbeitet hat - und um tausende Euro Lohn geprellt wurde. Jetzt will er mit Hilfe von Gewerkschaftern doch noch sein Geld bekommen ...

Im kleinen Örtchen Aleksinacki Rudnik im Südosten Serbiens sitzt Simon im Wohnzimmer seiner Wohnung. Hier lebt er normalerweise mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern. Doch er ist, wie so oft, alleine. Alle in seiner Familie sind Wanderarbeiter, haben Jobs in Montenegro und in der Schweiz. Auf dem Wohnzimmertisch vor Simon stapelt sich ein Berg an Unterlagen. Sie dokumentieren: Arbeitsstunden, Dienstpläne, Verträge - alle von seiner Arbeit mit deutschen Firmen. Jena, Essen, Berlin, Dresden, Leipzig - überall hat er schon als Monteur auf dem Bau gearbeitet. Doch den vereinbarten Lohn hat er nicht immer erhalten: Rund 11.000 Euro schuldet ihm einer der Auftraggeber.

"Ich habe keine Wahl"

Doch warum geht er trotzdem immer wieder ins Ausland, um dort zu arbeiten? "Ich habe keine andere Wahl", sagt er. "Du bekommst einen Job und musst hin. Wovon soll ich sonst leben?" Seit in seinem Ort eine Kohlemine geschlossen wurde, gibt es dort kaum noch Arbeit. Deshalb muss er immer wieder weit weg von zu Hause arbeiten, in der Hoffnung, diesmal anständig bezahlt zu werden. Auch wenn er das Risiko kennt:

"Du gehst arbeiten, bekommst deinen Lohn für die ersten ein, zwei Monate. Dann gibt es angeblich Probleme und du arbeitest weiter, ohne bezahlt zu werden." Simon, Arbeiter aus Serbien

Wer muss den Lohn der Arbeiter zahlen?

Das System mit den Leiharbeitern läuft so: Subunternehmen aus Osteuropa heuern die Arbeiter an und schließen mit ihnen Arbeitsverträge. Über diese Unternehmen fordern Firmen, zum Beispiel aus Deutschland, Arbeitskräfte an, die dann auf den Baustellen arbeiten. So war es auch im Fall von Simon. Ein slowenisches Subunternehmen hatte ihn unter Vertrag genommen und zum Bauunternehmen Caverion mit Sitz in München entsandt. Doch dann meldete der slowenische Subunternehmer Insolvenz an und Simon bekam seinen Lohn nicht.

In diesem Fall muss laut Gesetz eigentlich der Generalunternehmer, also Auftraggeber des Subunternehmers, zahlen: Im Fall von Simon das Münchner Unternehmen Caverion. Doch die Firma reagiert mehrere Monate nicht auf seine Zahlungsaufforderung.

Reporterinnen des BR Politikmagazins Kontrovers haben unterdessen den Geschäftsführer des slowenischen Subunternehmens ausfindig gemacht. Er gibt zu, dass seinen ehemaligen Mitarbeitern noch Lohn aussteht. Die Schuld sieht er aber beim Münchner Generalunternehmen Caverion. Das habe ihn irgendwann nicht mehr bezahlt.

Verantwortlichkeiten werden hin- und hergeschoben

Auf Anfrage von BR Kontrovers bei Caverion heißt es: "Die Zusammenarbeit wurde (…) durch Caverion vorzeitig beendet. Ursachen dafür waren qualitative Mängel in der Ausführung sowie ein zeitlicher Verzug der Maßnahmen." So werden die Verantwortlichkeiten hin- und hergeschoben.

Nadja Kluge vom Gewerkschaftsprojekt Faire Mobilität kennt viele solcher Fälle. Für sie besteht eines der Hauptprobleme darin, dass viele Subunternehmen sehr klein sind und kaum Startkapital haben:

"Man müsste eigentlich an die Verursacher rangehen. Man müsste sich auch den Vertrag zwischen Subunternehmer und Generalunternehmer ansehen und schon bei der Vergabe prüfen: Wie hoch ist die Gewinnmarge? Hat der Subunternehmer überhaupt die Chance, dieses Projekt durchzuführen? Und entsprechend so viel zu verdienen, dass er auch ohne Gewinn zu machen, seine Bauarbeiter bezahlen kann." Nadja Kluge, Gewerkschaftsprojekt Faire Mobilität

Leidtragende sind die schwächsten Glieder in der Kette: die Arbeiter. Nach erneuter Anfrage von BR Kontrovers kündigt Caverion an, den Lohn von Bauarbeiter Simon auszuzahlen: "Nach einer internen rechtlichen Prüfung der vorliegenden Ansprüche liegt zweifelsfrei eine Haftung durch Caverion vor. Prüfungen des Anspruchs sowie der Höhe der Forderungen wurden umgehend eingeleitet." Viele andere Arbeiter aus Osteuropa stehen alleine da und sehen von den Unternehmen, die sie beauftragt haben, nie ihren Lohn.