Lea Schüller
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WM-Aus der DFB-Frauen: "Die deutsche Fußball-Krise ist perfekt"

Der deutsche Fußball steckt tief in der Krise: Die A-Nationalmannschaft zeigte zuletzt desaströse Leistungen, die U21 schied bei der EM in der Vorrunde aus - und jetzt scheiterte auch noch die Frauen-Nationalmannschaft vorzeitig bei der WM.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

Frühzeitig müssen die DFB-Frauen die Heimreise antreten. Nach dem mageren 1:1 im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea verpasste das Team von Martina Voss- Tecklenburg die K.o-Runde. Die internationale Presse reagierte mit großem Erstaunen, aber auch mit bissigen Quervergleichen zur Männer-Krise auf das WM-Debakel der deutschen Fußballerinnen in Australien.

"Was heißt Déjà-vu auf Deutsch?", fragte Südkoreas JoongAng in Anspielung auf das blamable Vorrunden-Aus der DFB-Männer 2018 in Russland. Damals traf der Titelverteidiger im letzten Gruppenspiel ebenfalls auf Südkorea und schied nach einem 0:2 aus. "Der deutsche Fußball ist nur noch ein Scheinriese", befand der Tagesanzeiger aus der Schweiz, die Neue Zürcher Zeitung kommt zu dem Schluss: "Die deutsche Fußball-Krise ist perfekt."

Deutsche Turniermannschaften sind Geschichte

Tatsächlich passt das WM-Aus der Frauen in Australien ins düstere Bild des deutschen Fußballs. Die A-Nationalmannschaft scheiterte nach 2018 auch 2022 bei der WM in Katar in der Vorrunde. Die letzten Länderspiele des Teams von Hansi Flick verliefen desaströs, die U21 verpasste als Titelverteidiger sang- und klanglos bei der EM die K.o-Runde, und jetzt hieß es auch für die DFB-Frauen: Endstation Vorrunde.

Der ehemalige englische Nationalspieler Gary Lineker sagte einmal: "Fußball ist ein einfacher Sport: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball hinterher und am Ende gewinnt Deutschland". Die deutschen Nationalmannschaften waren immer Turniermannschaften - 2014 feierten die Männer den Weltmeistertitel, die Frauen schafften es letztes Jahr mit mitreißendem Fußball ins EM-Finale, die U21 wurde 2017 und 2019 Europameister.

Die Heim-EM naht - wo bleibt die Fußball-Euphorie?

Das ist jetzt alles Geschichte - und das alles ein knappes Jahr vor der Heim-EM. Die Fußball-Euphorie ebbt in Deutschland ab. Die Männer hatten zuletzt Probleme, die Stadien voll zu bekommen - trotzdem glaubt DFB-Präsident Bernd Neuendorf an eine erfolgreiche Europameisterschaft. "Ich glaube, diese Vorfreude, die wird ganz sicher kommen", sagte Neuendorf im ZDF-"heute journal". Der 62-Jährige sagte aber auch: "Wir brauchen Erfolgserlebnisse, wir brauchen Siege. Aber grundsätzlich: Dass die Menschen sich freuen auf diese Europameisterschaft, das kann man an verschiedenen Dingen ablesen."

In der Betrachtungsweise, meinte Neuendorf, werde im deutschen Fußball zu viel "schwarz-weiß" gemalt. Der DFB-Präsident sagte "dass wir durchaus Erfolge hatten in der letzten Zeit". Der Fußball-Funktionär zählte die U17-EM-Titel bei den Frauen und Männern sowie die Vize-Europameisterschaft bei den U19-Frauen auf. "Wir haben im Nachwuchsbereich sicherlich auch Erfolge."

DFB-Frauen konnten Fußball-Fans "nicht wachküssen"

Aber: "In der Tat ist es so, bei den A-Nationalmannschaften, in der U21 haben wir jetzt Misserfolge zu verzeichnen gehabt. Wir sind mit Rudi Völler, was die A-Nationalmannschaft der Männer betrifft, sehr engagiert, das zu drehen", so Neuendorf. 

Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften, erhoffte sich sogar von einer erfolgreichen Frauen-WM inmitten der Männer-Krise Auftrieb für den gesamten Deutschen Fußball-Bund (DFB). "In meiner Aufgabe liegt es nahe, dass ich mir wünsche, dass alle unsere Mannschaften erfolgreich sind. Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn unsere Frauen die deutschen Fußballfans in dem Sommer noch mal wachküssen könnte", sagte der 47-Jährige damals im Rahmen der WM-Vorbereitung der DFB-Frauen in Herzogenaurach.

Wird EM statt Sommermärchen "ein Sommergrusel"?

Ob die Euphorie so schnell wiederkommt? Die frühere Liga-Chefin Donata Hopfen sieht im WM-Debakel der deutschen Fußballerinnen den Beweis für ein größeres Problem. "Der deutsche Fußball ist abgehängt und braucht dringend Veränderung - neue Ideen, Offenheit für moderne Impulse und Angänge. Und trotzdem ist das Gefühl, dass es weiter so gehen wird wie bisher", schrieb die ehemalige Geschäftsführerin der Deutschen Fußball Liga im sozialen Netzwerk "LinkedIn".

"Hoffentlich wachen die Verantwortlichen in Fußballdeutschland vor der EM 2024 im eigenen Land auf, sonst wird aus dem erhofften Sommermärchen ein Sommergrusel", mahnte Hopfen in ihrem Beitrag mit Blick auf die kommende Männer-Europameisterschaft in Deutschland.

Die nächste Möglichkeit, Fußball-Deutschland wach zu küssen, hat das Team von Flick: Anfang September trifft das DFB-Team auf Japan und Frankreich. Diese Spiele (alle im BR24Sport Livecenter) sind ein echter Härtetest. Gegen Japan verlor die Nationalmannschaft damals in der Gruppenphase bei der WM in Katar und schied aus, Frankreich ist Vize-Weltmeister.