Bernd Schmelzer ist bei der Frauen-WM vor Ort
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WM-Aus ist "herber Rückschlag für deutschen Frauenfußball"

So früh wie nie bei einer Fußball-WM sind die deutschen Frauen gescheitert. Die Gründe für das Aus in der Vorrunde sind vielschichtig. BR24Sport-Reporter Bernd Schmelzer sieht einen "herben Rückschlag für den deutschen Frauenfußball".

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Um den Titel wollten die deutschen Fußballerinnen bei der Weltmeisterschaft mitspielen. Doch für das Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg war in Australien bereits nach der Vorrunde und dem 1:1 gegen Südkorea Endstation. Von einer "Blamage" ist die Rede in den Medien, Vergleiche mit der deutschen Männernationalmannschaft werden gezogen, die schon länger in der Krise steckt - gleich zweimal hintereinander schied sie in der WM-Vorrunde aus.

Frauenfußball-Hype könnte schon wieder vorbei sein

Dabei sah vergangenes Jahr alles noch so gut aus bei den DFB-Frauen: Sie erreichten mit sehenswertem Fußball das EM-Finale, mussten sich dort nur Gastgeber England geschlagen geben und lösten einen regelrechten Frauenfußball-Hype in Deutschland aus, der bis jetzt andauerte. Noch nie wollten so viele Menschen die Spiele in der Frauen-Bundesliga verfolgen. Das Champions-League-Spiel der FC-Bayern-Frauen gegen den FC Barcelona sahen 24.000 Fans – Rekordkulisse.

BR24Sport-Reporter Bernd Schmelzer, der für die ARD vor Ort in Neuseeland und Australien ist, befürchtet, dass dieser Hype nach dem frühen WM-Aus vorbei sein könnte. Er glaubt: "Das ist ein herber Rückschlag für den Frauenfußball in Deutschland – gerade im Hinblick auf den neuen Vertrag, den die Frauen-Bundesliga unterzeichnet hat. Da geht es um Sichtbarkeit und Popularität."

Vor allem die Art und Weise, wie das Team von Voss-Tecklenburg aufgetreten ist, zeigt Parallelen zu den erfolglosen Männern. Zuletzt waren die Stadien bei den Länderspielen des Teams von Hansi Flick nicht mehr ausverkauft.

Schmelzer: "Zu wenig kreative Ideen im Mittelfeld"

Die Schwierigkeiten und Schwächen im deutschen Frauen-Team hatten sich schon länger abgezeichnet, die gewachsene Stärke der Konkurrenz ebenso. Was waren letztlich die Gründe für das frühe Aus des Weltmeisters von 2003 und 2007? Schmelzer sieht die größten Probleme vor allem im Mittelfeld. "Es fehlte an kreativen Ideen und an pfiffigen Einzelaktionen. Das Spiel war auf Flanke Huth, Kopfball Popp reduziert. Das ist zu wenig im internationalen Fußball."

Fehlende Präsenz im Strafraum und mangelnde Torchancen machten sich bei vielen Spielen seit der EM bemerkbar. Dabei hat die DFB-Auswahl in Kapitänin Alexandra Popp vom VfL Wolfsburg und Lea Schüller vom FC Bayern zwei internationale Topstürmerinnen. Doch die Außen Klara Bühl und Jule Brand kamen zu selten durch und von den Mittelfeldspielerinnen Lina Magull und Sara Däbritz kamen zu wenig Impulse. Selbst vier Tore von Popp, die sich für ihre Mannschaft aufrieb, reichten am Ende nicht.

Trotz vieler Ausfälle: "In der Defensive haben wir die WM nicht verloren"

Voss-Tecklenburg musste viele Ausfälle in der Defensive wegstecken. Abwehrchefin Marina Hegering konnte nach ihrer langwierigen Fersenverletzung erst im letzten Gruppenspiel eingreifen. Vor dem Turnier fielen die Außenverteidigerinnen Giulia Gwinn und Carolin Simon (beide FC Bayern) mit Kreuzbandrissen aus. Während der WM verletzten sich Sara Doorsoun und Felicitas Rauch. So wackelte die Hintermannschaft bei der WM mitunter wie im letzten Testspiel vor dem Turnier gegen Sambia (2:3). Doch Schmelzer stellt klar: "In der Defensive haben wir diese WM nicht verloren. Das Problem ist im Mittelfeld zu suchen."  

Dazu kommt auch, dass andere Nationen Riesensprünge gemacht haben und Teams wie Jamaika und Südafrika jetzt im Achtelfinale stehen und nicht Deutschland oder Brasilien. Das überraschte selbst Experten. "Der Frauenfußball hat sich so entwickelt in den letzten Jahren. Früher gab’s ja gefühlt nur Deutschland. Wir haben einen EM-Titel nach dem anderen gewonnen und mittlerweile ist es eben nicht mehr so einfach", sagte DFB-Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz. So zeigten die Kolumbianerinnen mit ihrem energiegeladenen Fußball dem deutschen Team die Grenzen auf – und selbst die bis dato tor- und punktlosen Südkoreanerinnen.

Wie geht es weiter mit Bundestrainerin Voss-Tecklenburg?

Und wie geht es nach diesem ideenlosen Auftreten gegen Südkorea mit Voss-Tecklenburg weiter? Sie selbst hat ihre Zukunft als Bundestrainerin nach dem WM-Vorrunden-Aus offen gelassen. Sie stehe dazu, "dass wir es nicht geschafft haben, aber gebe mir die Möglichkeit, nicht vorschnell etwas zu sagen", sagte die 55-Jährige.

Voss-Tecklenburg besitzt beim DFB noch einen Vertrag bis 2025. Es gehe darum, die WM "sauber zu analysieren und die entsprechenden Schlüsse zu ziehen". WM-Reporter Schmelzer glaubt nicht, dass es zu Schnellschüssen kommen wird. "Man wird sich zusammensetzen und analysieren – wie auch nach dem WM-Aus der Männer in Katar im letzten Winter. Man wird in den nächsten Wochen genau hinschauen, was da genau passiert ist während der WM. Eine Kurzschlussreaktion – auch von Voss-Tecklenburg – kann ich mir nicht vorstellen."

Video: Bittere deutsche Tränen nach historischem WM-Debakel

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg in Brisbane
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Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg in Brisbane

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