Symbolbild: Verfolger-Rennen beim IBU-Biathlon.
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Symbolbild: Verdacht der Korruption - Ermittlungen gegen Sportvermarkter Infront.

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Biathlon: Ermittlungen wegen Untreue und Korruption

In Norwegen läuft derzeit ein Prozess gegen den Ex-Präsidenten des Biathlon-Weltverbandes (IBU) wegen Korruptionsvorwürfen. Im Zuge dessen wurde bekannt: Staatsanwälte in Wien ermitteln auch gegen Verantwortliche des Sportvermarkters Infront.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Biathlon – früher ein Randsport, heute schalten in Deutschland Millionen ein, wenn die Wettbewerbe live übertragen werden. Eine wichtige Rolle beim Aufschwung des Biathlons spielte der Norweger Anders Besseberg. Von 1993 bis 2018 war er Präsident des Biathlon-Weltverbandes (IBU). Seit Anfang der Woche steht er in Norwegen vor Gericht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: "schwere Korruption". Vor allem aus Russland soll Besseberg zahlreiche Zuwendungen angenommen haben: wertvolle Uhrengeschenke, aufwendige Jagdausflüge und Dienste von Prostituierten. Besseberg bestreitet vor Gericht alle Vorwürfe. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Schon 2021 hatte eine externe Untersuchungskommission im Auftrag der IBU dem früheren Verbandspräsidenten zahlreiche Verfehlungen vorgeworfen, vor allem im Umgang mit Russland. So stellte die Kommission in ihrem Bericht fest, Besseberg habe während seiner Zeit an der Spitze des Verbands russische Machenschaften in Zusammenhang mit Doping jahrelang gedeckt und die Aufklärung russischen Staatsdopings verschleppt und verzögert.

Jagdausflüge und ein BMW vom Sportvermarkter Infront

Doch nicht nur um Russland geht es bei dem Prozess in Norwegen, sondern auch um das Geschäftsgebaren des weltweit führenden Sportvermarkters Infront Sports & Media AG. Die Schweizer Firma, die in 17 Ländern Niederlassungen hat, handelt höchst erfolgreich mit Sportrechten von Kunden wie dem Fußballweltverband Fifa oder dem Skiverband FIS. Mit dem Biathlon-Weltverband laufen die Verträge bis 2030. Auch in Deutschland werden zahlreiche Sportevents von Infront vermarktet, darunter die Spiele der Eishockey-Nationalmannschaft und die Vierschanzentournee der Skispringer. Der Deutsche Fußballbund DFB allerdings beendete die jahrelange Zusammenarbeit 2020.

Vor dem Gericht in Norwegen geht es derzeit um Korruption. Denn die Staatsanwälte werfen dem ehemals obersten Biathlon-Funktionär Besseberg auch vor, er habe vom Sportvermarkter Infront Austria GmbH Vorteile angenommen. So habe er sich seit 2009 "regelmäßig, ein- bis dreimal im Jahr" zu exklusiven Jagden in Österreich oder Tschechien einladen lassen. Die Kosten habe Infront übernommen. "Normalerweise nahm Besseberg auch Trophäen des von ihm erlegten Wildes an", so die norwegischen Staatsanwälte. Zudem habe Infront von 2011 bis 2018 Besseberg an dessen Wohnsitz in Norwegen privat einen BMW X5 zur Verfügung gestellt. Die Kosten habe Infront getragen.

Infront Austria im Visier der Staatsanwälte

Ermittlungen dazu laufen nicht nur in Norwegen, sondern auch in Wien, bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auf Anfrage von BR, Augsburger Allgemeinen, Spiegel, der österreichischen Zeitung Der Standard und des norwegischen Fernsehsenders NRK bestätigt die Wiener Staatsanwaltschaft nur ganz allgemein, es gebe "ein Ermittlungsverfahren gegen (ehemalige) Verantwortliche der IBU und eines Unternehmens zur Vermarktung von Sportrechten wegen des Vorwurfs der Untreue und der Korruption". Man arbeite mit den norwegischen Kolleginnen und Kollegen "im Rahmen eines gemeinsamen Ermittlungsteams" zusammen.

Die norwegischen Staatsanwälte wurden im Prozess gegen Besseberg bereits konkreter. Bei der Verlesung der Anklage enthüllten sie, dass sich die Ermittlungen in Wien auch gegen zwei Mitarbeiter der Infront Austria GmbH richten, einen derzeitigen Geschäftsführer und einen ehemals Verantwortlichen. Dabei gehe es auch um die Abwicklung der Verträge des Biathlon-Weltverbandes IBU mit Infront und Marketingvereinbarungen. Weder Infront noch die beiden Beschuldigten wollen sich zu dem laufenden Verfahren in Wien äußern. Auf Anfrage von BR und den Partnermedien schreibt Infront, die Firma halte daran fest, dass Verträge mit der IBU "seit jeher marktüblich und durch Gremienbeschlüsse innerhalb der IBU breit abgestützt" seien. "Wir bestreiten jegliche unrechtmäßige Einflussnahme auf das Zustandekommen dieser Verträge."

Auch Münchner Staatsanwälte interessieren sich für Infront

Hierzulande interessieren sich Staatsanwälte derzeit für die Geschäfte von Infront mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB). Wie der BR, die Augsburger Allgemeine und der Spiegel im vergangenen November berichteten, geht es dabei um den Anfangsverdacht der Untreue gegenüber dem langjährigen DEB-Präsidenten Franz Reindl. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob Reindl Vermarktungsrechte für die Eishockey-Nationalmannschaft zu günstig an Infront abgegeben habe. In dem Verfahren ist Reindl bisher der einzige Beschuldigte. Der DEB und der ehemalige Präsident Franz Reindl wollten sich wegen der laufenden staatsanwaltschaftlichen Untersuchungen zu den Vorgängen nicht äußern. Reindl hatte in der Vergangenheit jeden Verdacht auf ein strafwürdiges Verhalten zurückgewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung. Infront kooperiert laut eigenen Angaben in dem Fall mit der Staatsanwaltschaft.

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