Euro-Münzen regnen vom Himmel
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Bargeld

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re:publica: Bargeld als Gegenpol zur Digitalisierung

An der Kasse wird immer häufiger mit Karte oder dem Smartphone bezahlt. Die entstehenden Daten machen aber jeden Einkauf nachverfolgbar. Ein Dilemma. Auf der Digitalmesse re:publica gab es nun klare Statements zu Bargeld und zum digitalen Euro.

Über dieses Thema berichtet: Computermagazin & Umbruch am .

So deutlich hört man das nicht immer: Ramona Pop, Vorständin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), hat sich auf der Internetkonferenz re:publica in Berlin klipp und klar für den Erhalt des Bargeldes ausgesprochen. Bezahlen sei politisch, so Pop. Und wer wann was etwa im Supermarkt einkaufe, gehe niemanden etwas an. Viel zu viele Akteure im Finanzsystem wollten mittlerweile Daten abziehen: "Bargeld wird durch Digitalisierung wichtiger." Nur damit können Bürgerinnen und Bürger demnach die Hoheit über ihre Einkaufsdaten behalten.

Mit welchen Methoden der Handel versucht, mit Verbraucherdaten Geld zu verdienen, haben wir bei BR24 auch ausführlich in unserem Digitalpodcast Umbruch besprochen. Dabei geht es auch um Manipulation. Preise können angepasst werden, weil die Unternehmen wissen, wieviel Geld man zur Verfügung hat. Gemütszustände werden von Algorithmen und KI herausgefunden, um einen günstigen Zeitpunkt für ein Angebot abzupassen.

Nicht nur Handelskonzerne, auch die Finanzindustrie greift wertvolle Daten ab. Ramona Pop prangert die wachsende Datensammelwut an. Profiteure einer Gesellschaft, in der alle digital bezahlen, seien etwa mit Mastercard, Visa und Paypal "anglo-amerikanische Großsysteme" und Zahlungsdienstleister.

Vieles spricht für Bargeld

Für Pop ist Bargeld auch ein inklusives Zahlungsmittel. Jeder und jede kann damit bezahlen, auch ältere Menschen, die vielleicht kein Smartphone und keine Kreditkarte haben. Zudem gibt es noch immer viele Personen, die kein Bankkonto bekommen. Sie alle würde man bei einer Abschaffung des Bargeldes ausschließen.

Zudem bietet Bares eine Art Sicherheitsnetz. Wenn elektronische Bezahlungssysteme gehackt werden, wird schnell die Daten-Abhängigkeit deutlich. Ersichtlich wurde das laut Pop, als während der Corona-Pandemie bei einer großen Drogeriemarktkette die elektronischen Bezahlterminals zwei Wochen lang außer Betrieb waren. Die Verbraucherschützerin begrüßte daher, dass in Deutschland nur 15 Prozent sagen würden: "Bargeld brauch ich gar nicht mehr, das kann weg."

Kann der digitale Euro das Bargeld ersetzen?

In Europa wird schon seit geraumer Zeit an einem digitalen Euro gearbeitet. Wobei bisher noch nicht endgültig geklärt ist, ob er überhaupt kommt. Offenbar mehren sich aber die Zeichen für ein "Go".

Die EU-Kommission wird Ramona Pop zufolge Ende Juni einen Rahmenvorschlag für den digitalen Euro vorstellen. Danach wäre die Europäische Zentralbank am Zug. Sie führt noch bis zum Herbst Untersuchungen durch und entscheidet dann über den Eintritt in eine voraussichtlich dreijährige sogenannte Implementierungsphase. Ob der digitale Euro tatsächlich eingeführt wird, hängt aber von den Mitgliedsländern ab. Sie müssen einem entsprechenden Gesetz zustimmen. Laut Bundesfinanzministerium wird der digitale Euro dabei aber das Bargeld nicht ersetzen.

Finanzminister Lindner will keinen Kontroll-Euro

Die Europäische Zentralbank hat bereits ein Konzept vorgestellt, das "Anonymitätsgutscheine" vorsieht. Der digitale Euro ließe sich demnach ausgeben, ohne dass irgendjemand nachverfolgen kann, wer damit was bezahlt hat.

Datenschützer fordern immer wieder, dass der digitale Euro so anonym wie Bargeld sein sollte. Finanzminister Lindner, ebenfalls Redner auf der re:publica, denkt anscheinend auch in diese Richtung. "Wir wollen ein digitales Zentralbankgeld schaffen (…) und das soll als dritte Form, des Bargelds neben die Münze und neben den Schein kommen." Und dabei wünscht sich Lindner auch, dass die neue digitale Währung ähnlich funktioniert, wie Bargeld: "Anonym, nicht in dem Sinne programmierbar, dass du sagst, nee, mit dem digitalen Euro kannst du keine Schokolade mehr kaufen, weil du hattest diesen Monat schon zu viel Schokolade."

Aufpassen, dass beim digitalen Euro nichts schiefläuft

Die Daten des digitalen Euro dürfen demnach also weder für Krankenassen, noch für Handels- oder Finanzkonzerne und auch nicht für Marketingfirmen zugänglich sein. Damit die Wirtschaft in das Konzept nicht ihre Interessen einbauen lässt, dafür fühlt sich unter anderem Verbraucherschützerin Pop zuständig. Es gelte die kommenden Entwürfe genau zu prüfen, sagte sie auf der re:publica. Pop kann sich einen digitalen Euro allerdings durchaus vorstellen, wenn dahinter ein staatlich gestütztes System steht, das auch offline funktioniert, also wenn zum Beispiel die Supermarktkasse keinen Zugang zum Internet hat.

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