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Daten-Affäre: Facebook schweigt zu den Betroffenen

Wer sind die 270.000 Facebook-Nutzer, die eine mysteriöse Firma ausgespäht hat? Dazu schweigt das soziale Netzwerk auf BR-Anfrage. Bis auf Weiteres empfiehlt sich Vorsicht beim Login in neue Smartphone-Apps. Von Florian Regensburger

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Cambridge-Professor Aleksandr Kogan hat eine App gebaut, die ihren Nutzern eine Art Persönlichkeitsprognose verspricht. Die Daten dafür bezieht die App Thisisyourdigitallife (dt. "Das ist Dein digitales Leben") aus dem Facebook-Profil des jeweiligen Nutzers: Mit diesem muss man sich in der App anmelden, damit fließen die persönlichen Informationen automatisch auch an die App. Das steht im Einklang mit Facebooks-Nutzungsbedingungen. Doch die Daten blieben nicht bei Professor Kogan.

Facebook-Daten für Trumps Wahlkampf

Wie Facebook bekanntgab, wurden die Daten von Kogan an das so umstrittene wie mysteriöse Unternehmen Cambridge Analytica weitergegeben, das unter anderem am Social-Media-Wahlkampf von Donald Trump maßgeblich beteiligt war. Das geschah ohne Kenntnis und Zustimmung von Facebook oder der betroffenen Nutzer. Die Analyse der Daten, welche wiederum Rückschlüsse auf das Verhalten und die Vorlieben auch anderer als der betroffenen 270.000 Facebook-Nutzer zulässt, soll die maßgeschneiderte Anzeige zielgruppenspezifischer Wahlwerbung bei Facebook begünstigt haben.

Wohl vor allem registrierte US-Wähler betroffen

Die Daten, die der App Thisisyourdigitallife zugänglich waren, umfassen laut Facebook unter anderem den angegebenen Wohnort, Informationen über gelikete Bilder oder Videos des Nutzers, sowie nicht näher definierte, "begrenzte Informationen" seiner Facebook-Freunde, die das "in ihren Privatsphäre-Einstellungen erlaubt haben", antwortete Facebook auf Anfrage von BR24. Aus welchen Regionen die Betroffenen stammen, dazu schweigt Facebook. In Medienberichten heißt es jedoch, es handele sich vor allem um registrierte US-Wähler.

Apps haben Zugriff auf die Freundesliste

Was Facebook nur in einem Nebensatz erwähnt, die "begrenzten Informationen" über Freunde der App-Nutzer, offenbart die Tragweite des Falls: Auf Facebook ist es ein Leichtes, über einen bekannten Kontakt auch Informationen über dessen Freunde zu erhalten - auch für Apps: "Apps haben (…) Zugriff auf deine Freundesliste", heißt es in den Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook, ohne dass dazu eine Möglichkeit angeboten würde, dem zu Widersprechen.

Zugriff auf 50 Millionen Facebook-Profile?

Whistleblower Christopher Wylie, der als Datenanalyst für Cambridge Analytica und auch Professor Kogan tätig war, nennt eine erschreckende Zahl: Auf insgesamt 50 Millionen Facebook-Profile habe er bei seiner Arbeit mit den fraglichen Daten Zugriff gehabt, zitiert der Guardian Wylie. Dabei seien letztlich Nutzerprofile entstanden, die wesentlich mehr Informationen enthalten, als typischerweise öffentliche Facebook-Informationen wie Name und Wohnort eines Nutzers und wer dessen Freunde sind. Die Zusammenführung solcher rudimentären Daten mit Informationen aus anderen, nicht näher benannten Datenquellen habe letztlich zu Personenprofilen inklusive E-Mail-Konversationen, Rechnungen, Verträgen und Banktransaktionen geführt und damit detaillierte Psychogramme ermöglicht.

Andere Datenquellen, woraus Informationen sich etwa anhand von Fotos und Namen leicht mit Facebook-Konten zu umfangreicheren Personen-Profilen zusammenführen ließen, könnten öffentliche Google-, Instagram oder andere Social-Media-Accounts sein. Wie Cambridge Analytica aber etwa Banktransaktionen nachvollziehen können soll, erklärt das freilich noch nicht.

Komfort versus Datenschutz

Zwar hat Facebook nun nach eigenen Angaben die Datenschnittstellen für die fragliche App Thisisyourdigitallife gekappt. Alle anderen Apps, über die Nutzer sich per Facebook-Profil einloggen, können aber nach wie vor auf Profildaten ihrer Nutzer und teilweise auch derer Freunde zugreifen. Diese Option bei vielen populären Apps - Login per Facebook-Profil - bietet ein Plus an Komfort. Mitunter muss man keinen eigenen Account anlegen, das App-Angebot kann gegebenenfalls automatisch auf individuelle Interessen hin personalisiert werden.

Allerdings muss jeder Nutzer sich bewusst sein, dass das nur unter Auswertung seiner Daten funktioniert. Und diese Daten werden von den Unternehmen auch noch weiterverwertet, in der Regel für Werbezwecke, damit zum Beispiel kostenlose Apps überhaupt kostenlos angeboten werden können. Ein Missbrauch ist bei solchen Geschäftsmodellen nie ausgeschlossen.