Helen Mirren bei der Eröffnung der 76. Cannes Filmfestspiele
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Helen Mirren bei der Eröffnung der 76. Cannes Filmfestspiele

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Stars unter Palmen: Das 76. Filmfest in Cannes ist eröffnet

Die Stars laufen wieder an der Côte d'Azur. Das größte Filmfest der Welt eröffnete mit Superstars wie Michael Douglas, Catherine Deneuve. Und Johnny Depp. Er ist der Hauptdarsteller im Eröffnungsfilm, dem Kostümdrama "Jeanne du Barry".

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Etwas korpulenter als zu seinen Captain-Sparrow-Tagen ist Johnny Depp derzeit, der Fan-Begeisterung tat das aber keinen Abbruch. Jubelschreie, sobald Depp Dienstagabend vor dem Grand Theatre Lumière des Cannes-Palais direkt am Hafen aus der Limousine stieg. Der Superstar, der zuletzt vor allem durch einen langwierigen Gerichtsprozess mit seiner Ex-Frau Amber Heard in den Schlagzeilen war, ist nach wie vor bei den französischen Filmfans äußerst beliebt. Depp nahm sich dann auch etwas mehr Zeit als seine Kollegen, die Besucher mit Selfies und Autogrammen sowie "Big Smiles" zu versorgen. Autogrammjäger und Schaulustige hatten gestern einen wahren "Fieldday".

Eröffnung der Filmfestspiele in Cannes

Zur Eröffnung des größten Filmfestivals der Welt in seinem 76. Jahr ist es wichtig, gesehen zu werden. Und so badeten Catherine Deneuve, Michael Douglas – er bekommt heuer die Ehrenpalme für sein Lebenswerk – mit Tochter und Ehefrau Catherine Zeta-Jones, Hellen Mirren mit blauer Turmfrisur, Uma Thurman, Mads Mikkelsen im Blitzlichtgewitter. Auch deutsche Prominenz gab sich die Ehre: Matthias Schweighöfer winkte den Fotografen ebenso zu wie Paula Beer (Serie "Bad Banks", "Undine") – sie ist gerade im Berlinale-Gewinner "Roter Himmel" im Kino zu sehen. Beer ist Jury-Chefin der Cannes-Reihe "Un Certain Regard". Große Namen wie Harrison Ford - er spielt zum fünften und letzten Mal Indiana Jones - , Martin Scorsese, Leonardo Di Caprio werden in den nächsten Tagen erwartet.

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Johnny Depp bei der Eröffnung der 76. Filmfestspiele von Cannes

Zur Eröffnung ein Kostümdrama aus Versailles

Natürlich sind Stars wichtig. Doch geht es in Cannes um Filme. Zum Einstieg hat die Leitung dann auch eine in Cannes bekannte Französin, die Regisseurin und Schauspielerin Maïwenn eingeladen. Sie hat sich selbst in der Rolle der berühmten Mätresse "Jeanne du Barry" inszeniert, die einst dem französischen König Louis, XV. (Johnny Depp) den Kopf verdrehte. Das Ergebnis ist ein konventionelles, bildlich opulentes Historiendrama über den Aufstieg der Jeanne du Barry zur Edel-Konkubine, die sich gern und sympathisch über die feine Gesellschaft mokiert, während sie der Männer geheimste vor allem sexuelle Fantasien wahr werden lässt.

Jeanne hüpft von Gönner zu Gönner, bis sie schließlich in König Louis ihre Liebe und der König seine Lieblingsmätresse findet. Das ist alles schön anzusehen, bisweilen witzig, aber auch etwas zu lang, der Soundtrack dröhnt. Und das strenge, bis zur Groteske durchorganisierte, stilisierte Leben in Versailles hat Sofia Coppola bereits in "Marie Antoinette" 2006 genau geschildert. Dennoch macht die Regisseurin Maïwenn vieles richtig, ist sie als Jeanne genau dann stark, wenn die Mätresse die Hofregeln lernt, sich dabei über sie lustig macht und den Modernismus allen Intrigen zum Trotz an den Hof und ins Leben ihres Königs trägt. Ein passsabler, kein grandioser Historienfilm, aber der perfekte Film als Eröffner für Cannes: tief französisch, konservativ und chic, modern und wild zugleich. Und damit so wie das Cannes Festival selbst.

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Maïwenn als "Jeanne du Barry" bringt im "Männer-Outfit" Schwung in den Hof von Louis XV. (Johnny Depp) (Filmszene).

Ein Superstar lässt auf sich warten

Und Superstar Depp? Überrascht mit akzentfreiem Französisch und einer erneut starken Performance als vom Leben mehr enttäuschter als erfüllter Monarch, der sich von der Wildheit seiner Mätresse verführen und begeistern lässt. Bei der Pressekonferenz ließ Depp 20 Minuten auf sich warten. Umso ausführlicher stand er der Weltpresse dann Rede und Antwort. "Ich war schon überrascht, dass sie einen Hillbilly aus Kentucky Louis XV. spielen lassen wollten", sagte er zu Maïwenns Plan, ihn als König zu besetzen. "Ich war in einer komplett anderen Kultur und Sprache unterwegs. Sagen wir's mal so, Maïwenn war sehr geduldig mit mir."

Auf die Frage, ob er sich immer noch – wie 2021 in der Sunday Times erwähnt – von Hollywood boykottiert fühle, gerade was große Studiofilme angeht, sagt Depp: "Sie müssten ohne Puls sein, um das nicht zu fühlen. Sie müssten sich aktiv sagen: Nein, das alles passiert nicht. Natürlich fühlt es sich so an, wenn Sie von einem Film abgezogen werden, den Sie gerade drehen. Und dann noch wegen Dingen, die im Großen und Ganzen Schall und Rauch sind. Aber fühle ich mich heute boykottiert? Nein. Nicht von Hollywood. Denn ich denke nicht über Hollywood nach. Es ist eine sehr schräge Zeit. Alle wollen so sein, wie sie wollen. Aber sie können nicht. Sie müssen sich anpassen. Also, wenn Sie so ein Leben führen wollen, dann wünsche ich Ihnen alles Gute!"

Auch auf die Frage, ob das jetzt sein Comeback sei, antwortet er ausweichend: "Seltsamer Begriff, dieses Wort Comeback". Er habe über 30 Comebacks gehabt und sei nie weggewesen. Vielleicht hätten einige Leute ihn nicht mehr angerufen, weil sie damals mit gewissen Ängsten zu kämpfen hatten. "Aber wie gesagt, ich bin nirgendwo hingegangen. Wenn Sie mit Comeback meinen, dass ich jetzt hier eine Stepptanznummer für Sie aufführe und hoffe, das gefällt Ihnen – also die Anmutung davon ist ziemlich bizarr."

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Schauspieler Michael Douglas mit der Ehrenpalme von Cannes für sein Lebenswerk am 16. Mai 2023.

Ehrenpreis für Michael Douglas

Alles mit einem verschmitzten Lächeln hinter einer getönten Sonnenbrille. Cool ist Johnny Depp auch noch mit 59 Jahren. Genauso wie sein Schauspieler-Kollege Michael Douglas. Der 78-Jährige Star aus Kino-Klassikern wie "Wall Street", "Eine verhängnisvolle Affäre" oder jüngst den Marvel-Antman-Filmen wurde am Eröffnungsabend mit der Goldenen Palme für sein Lebenswerk geehrt. Er fasste zusammen, wie sich das Festival auch nach 76 Jahren immer noch anfühlt: "Es ist immer wie eine frische Prise in Cannes zu sein. Eine wunderbare Plattform für mutige Kreatigve, künstlerische Kühnheit und großartiges Storytelling." Starke Worte, die mit Recht auf weitere spannende Festivaltage hoffen lassen.

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