Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Jean-Stéphane Brons Doku "Oper. L'opéra de Paris"

Wie sieht es eigentlich hinter den Kulissen eines Opernhauses aus? Eine Kino-Doku geht dem nach: "Oper. L‘Opéra de Paris". Gedreht hat sie der 1969 in Lausanne geborene Jean-Stéphane Bron. Ausdrücklich kein Opern-Aficionado. Von Moritz Holfelder

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Der Dirigent wird von der Inspizientin zum richtigen Zeitpunkt an sein Pult geschickt, um den Applaus des Publikums entgegen zu nehmen. Die Aufführung beginnt. Ballett-Tänzerinnen hüpfen im Takt. Hinter der Bühne warten die Kollegen auf ihren Einsatz. Die Oper als ein riesiger, unübersichtlicher lebendiger Organismus. Eine Putzfrau saugt am nächsten Tag durch die Stuhlreihen des leeren Zuschauerraums. Im Ballett-Bereich wird vor den Spiegeln geübt. Eine Kostümbildnerin fährt einen Wagen mit Perücken durch die Gänge. Ein junger Sänger wird eingekleidet. Es wird geprobt, gesungen, geredet und geklatscht. Auch ein phänomenaler Stier bekommt Beifall, ein leibhaftiges französisches Charolais-Rind, das wuchtig in der Saisoneröffnungs-Inszenierung von Arnold Schönbergs Oper "Moses und Aron" auf der Bühne der Pariser Oper steht. Das fahlgelbe urzeitliche Tier macht einen schon als Zuschauer im Kino ein wenig nervös. Wie ist es erst, wenn man direkt daneben singen muss, wenn man als Statist vielleicht fürchtet, der Stier könnte auf einen losgehen? Natürlich ist ein Tiertrainer dabei, ein Aufpasser, aber der wird den eineinhalb Tonnen schweren Koloss auch nicht halten können, wenn dem etwas nicht passt.

Vorher noch nie in der Oper

Der Dokumentarfilmer Jean-Stephane Bron interessiert sich für solche Vorgänge, für logistische Herausforderungen und strukturelle Konzepte innerhalb des wilden Ameisenhaufens eines Opernbetriebes. Von außen mag der wuselig und chaotisch wirken, im Inneren ist er aber klar und hierarchisch organisiert. Er sei noch nie vorher in der Oper gewesen, erklärt Jean-Stephane Bron im Interview, er habe sich auch noch nie Opern angehört, aber für den Film habe das keine Rolle gespielt. Interessant seien für ihn andere Dinge gewesen – einfach die prinzipielle Frage, wie eine solche Institution funktioniere.

Wie ein staunendes Kind

Bron ist neugierig auf einen für ihn neuen Kosmos, die Opera de Paris, Ende des 17. Jahrhunderts gegründet und aktuell in zwei Häusern untergebracht: dem architektonisch großartigen, 1875 eröffneten Palais Garnier und der erst vor rund 30 Jahren gebauten Opera Bastille. Doch die Geschichte der beiden Häuser will Bron nicht erzählen, er interessiert sich mehr wie ein staunendes Kind für das Räderwerk aus Proben und Aufführungen. Neugierige Blicke und überwältigende Momente – ein Film wie ein auf zwei Kino-Stunden komprimiertes Praktikum bei der Opera de Paris.