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Make Verdi great again!

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Donald lässt es krachen: "Rigoletto" im Trump-Tower

Donald lässt es krachen: "Rigoletto" im Trump-Tower

Am Landestheater Linz lässt Regisseur Andreas Baesler den Hofnarren Rigoletto bei Familie Trump aufmarschieren. Kann das funktionieren? Der "König" amüsiert sich jedenfalls prächtig, und das Volk applaudiert! Nachtkritik von Peter Jungblut.

Über dieses Thema berichtet: Die Kultur am .

Ohne Hofnarren ist Donald Trump ja gar nicht vorstellbar, und bekanntlich nimmt er sich die Freiheit, Spaß zu haben - auch und gerade, wenn das viele andere für unmoralisch, empörend oder geschmacklos halten. Mit anderen Worten: Was wir da in Washington gerade erleben, ist nichts anderes als Verdis "Rigoletto", so jedenfalls sieht es der Regisseur Andreas Baesler in seiner Linzer Inszenierung, und auch, wenn es am Ende ein paar Protestrufe gab: Diese Sichtweise ist ziemlich plausibel.

Probleme haben die anderen

Verdi vertonte mit seinem "Rigoletto" das Drama "Der König amüsiert sich" von Victor Hugo, und da geht es tatsächlich um einen Herrscher, der skrupellos für seine Leidenschaften lebt, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen, auf Anstand und Sitte. Und das bittere daran: Er kommt damit hervorragend durch! Probleme haben die anderen. Ausstatter Harald B. Thor hat sich vom Trump-Tower in New York inspirieren lassen. Keiner weiß, wie viele Stockwerke das Hochhaus hat, denn Trump selbst soll ja für eine etwas nachlässige Nummerierung der Aufzug-Tasten gesorgt haben, nur damit seine Immobilie höher aussieht als sie ist.

Donald lässt die Puppen tanzen

Wie auch immer: Nach der Linzer Interpretation geht im 67. Stock die Party ab, da lässt Donald die Puppen tanzen, lädt ein zur Miss World Wahl mit Bikini-Show und lässt Kritik an sich abperlen. Wesentlich weiter unten lebt Rigoletto, der Hofnarr und Berater, der seine Tochter Gilda in einem Plüschtier-Käfig gefangen hält, aus Angst, jemand könnte sich an ihr vergreifen. Genau das erlaubt sich der Herrscher mit dem schmückenden "D" auf dem Dinnerjacket, "D" wie "Duca", also Herzog von Mantua, oder, hier naheliegender, "D" wie Donald.

Im 13. Stock werden die Kehlen aufgeschlitzt

Ganz unten, im Keller des Trump-Towers, betreibt der Auftragsmörder Sparafucile eine Karaoke-Bar und ein Bordell, wobei der 13. Stock natürlich der schlimmste ist: Da werden die Kehlen aufgeschlitzt. Mag sein, dass das eine arg derbe Satire auf heutige Potentaten ist: Die goldprunkenden Rokoko-Möbel, die bei Familie Trump in Mode und auf der Linzer Bühne zu bewundern sind, passen ja auch zu vielen anderen geltungssüchtigen Regierungschefs. Was die einen für neureich und ordinär halten, finden andere prachtvoll, angemessen und stilsicher.

Rigoletto ist mürrischer Angestellter

Aber was hat Rigoletto hier zu suchen? Er sieht in der Regie von Andreas Baesler aus wie ein mürrischer Angestellter, der sich morgens einen künstlichen Buckel umschnallt, eine rote Clowns-Perücke überstülpt und dann Tag für Tag den zynischen Spaßmacher gibt. So ganz passte das nicht, so überzeugend, ja überragend Federico Longhi die Titelrolle auch spielte und sang. Womöglich wäre es treffender gewesen, aus Rigoletto in diesem Fall einen der fanatischen, rechtskonservativen Radiomoderatoren zu machen, die Amerika in Atem halten und um keine bösartige Bemerkung verlegen sind. Wie auch immer: Es war eine aktuelle, grelle und zupackende Verdi-Deutung, ein spannender, bildstarker und witziger "Rigoletto".

Karaoke-Maschine streikt

Das ausgerechnet zur bekanntesten Arie des lebenslustigen Herzogs die Karaoke-Maschine streikte und erst nach einem kräftigen Schlag wieder los schepperte, war einer der süffigen Gags. Die britische-amerikanische Sopranistin Julia Sitkovetsky sah als Gilda in ihrem rosa Kittelkleid und mit langen, schwarzen Haaren aus wie eine mexikanische Hausangestellte am Hofe Trump, was wohl kein Zufall war. Sie war stimmlich so ausdrucksstark und anrührend wie der südkoreanische Tenor Hyojong Kim als Herzog: Er zog eine tolle Comedy-Nummer ab, samt Mikrofon-Ständer-Choreographie.

Make Verdi great again!

Dirigent Martin Braun ging recht athletisch zu Werk, was ihn prompt mächtig ins Schwitzen brachte: Viel Energie, die in ein ausbalanciertes Klangbild floss, nicht etwa in dröhnende Lautstärke. Hier und da hätte etwas mehr Emotionalität nicht geschadet, aber da war wohl Angst vor allzu viel Gefühligkeit im Spiel. Der leicht spröde musikalische Gesamteindruck kann aber auch als perfekter Kommentar zum eisig-diabolischen Treiben auf der Bühne gehört und gewertet werden. Make Verdi great again - in Linz ist das gelungen!


Wieder am 7., 9. und 17. November, sowie weitere Termine.