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Die blinden Flecken der RAF

40 Jahre ist der Deutsche Herbst her. Die Zeit des Terrors, mit dem die RAF die Bundesrepublik in einen Ausnahmezustand versetzte. Der Terrorismus-Forscher Wolfgang Kraushaar legt ein Buch über „Die blinden Flecken der RAF“ vor. Von Knut Cordsen

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Heute vor 40 Jahren, im Herbst 1977 befand sich das Land in "kriegerischer Hysterie" (Rainald Goetz): der Generalbundesanwalt Siegfried Buback und der Bankmanager Jürgen Ponto waren ermordet, der Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer entführt worden. Der Terror der „Rote Armee Fraktion“ hielt die Bundesrepublik in Atem.: vom 5. September bis 18. Oktober 1977.

Der Terrorismusforscher Wolfgang Kraushaar geht in seinem neuen Buch verschiedenen Aspekte der oft mythisierten RAF nach. Er beschäftigt sich z.B. mit der Frage, warum sich 1974 der seinerzeit berühmteste Philosoph Frankreichs, Jean-Paul Sartre, als Sprachrohr und „Megaphon“ der RAF einspannen ließ. Mit rüden Worten von Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin dazu aufgefordert, hatte Sartre Andreas Baader im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim besucht und seine „allgemeine Sympathie“ mit den Inhaftierten bekundet. Ein anderer Prominenter, um dessen Unterstützung man ebenfalls warb, war Erich Fromm, doch der Sozialpsychologe fand die Strategie und Taktik der RAF „politisch und auch menschlich äußerst abstoßend“. Im intellektuellen Milieu der Bundesrepublik genossen die Terroristen nicht selten eine Bewunderung, die mit Blick auf ihre fürchterlichen Taten irritiert. Aber gerade die künstlerische Szene, die Avantgarde der 60-er Jahre war für Wolfgang Kraushaar so etwas wie eine Keimzelle des Terrorismus der RAF: etwa die Münchner Künstler-Gruppe "SPUR" (sie brachte eine Zeitschrift namens "Der Anschlag heraus), deren "subversive Aktionen" irgendwann in Gewalt abdrifteten.

Kraushaar zeigt in seinem Buch, inwiefern die RAF weniger ein politisches als vielmehr „identitätspolitisches Projekt“ war, zeichnet die entscheidenden Ereignisse der siebziger Jahre nach, beleuchtet kritisch die Rolle des Staates und hinterfragt die popkulturelle Heroisierung der RAF. Eines ist sein Buch „Die blinden Flecken der RAF“ nicht, versichert der 69-jährige: eine Handlungsanleitung, wie man mit der terroristischen Bedrohung durch den Islamischen Staat heute umgehen kann.

Wolfgang Kraushaars Buch „Die blinden Flecken der RAF“ ist für 25 Euro bei Klett-Cotta erschienen - ein erhellendes, kluges, anschaulich geschriebenes Buch.