Anne Ratte-Polle als frustrierte Mutter in "Alle wollen geliebt werden" von Katharina Woll (Filmszene).
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Anne Ratte-Polle als frustrierte Mutter in "Alle wollen geliebt werden" von Katharina Woll (Filmszene).

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"Alle wollen geliebt werden", "Fabelmans": Neustarts der Woche

"Die Fabelmans": Steven Spielberg erzählt seine Familiengeschichte ,"Alle wollen geliebt werden" zeigt eine Psychotherapeutin vorm Nervenzusammenbruch und "Die Eiche" entführt in die wundervolle Welt der Natur: die wichtigsten Neustarts der Woche.

Über dieses Thema berichtet: kinokino am .

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Der Moment, wo es um den jungen Spielberg geschehen ist: "Die Fabelmans" besuchen das Kino, und danach ist der Sohn "infiziert".

"Die Fabelmans" – Steven Spielberg verfilmt seine eigene Familiengeschichte

Steven Spielberg, der große Geschichten-Erzähler Hollywoods, erzählt nun seine eigene Geschichte. In "Die Fabelmans" entdeckt ein kleiner Junge seine Liebe zum Film, als ihn seine Eltern ins Kino mitnehmen. Die Szene eines entgleisenden Zuges brennt sich unauslöschlich in sein Gedächtnis ein. Und damit der Junge seine Spielzeugeisenbahn beim Versuch, die Szene wieder und wieder zu erleben nicht ruiniert, gibt ihm seine Mutter eine Kamera. Die Geburt eines Regisseurs.

"Die Fabelmans" erzählt vom Zauber der Leinwand, und das elegant und unterhaltsam. Es ist Spiebergs bislang persönlichster Film.

„Das eigene Leben findet sich immer auf Zelluloid wieder, ob man das will oder nicht. Das passiert uns allen. Bei den ‚Fabelmans‘ war es aber keine Metapher, sondern meine Erinnerung.“

Der Blick durch die Kamera enthüllt dabei eine unbequeme Wahrheit, einen Fehltritt der geliebten Mutter. Sammys heile Familienwelt gerät ins Wanken, auch muss er Mobbing ertragen. Trotzdem bewahren "Die Fabelmans" einen positiven Grundton. Steven Spielberg schafft starkes, einnehmendes Erzählkino – nominiert für sieben Oscars.

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Einer der vielen Bewohner der "Eiche" (Filmszene).

"Die Eiche – Mein Zuhause" – Aufregender Blick auf ein Biotop der Mannigfaligkeiten

Ein Eichhörnchen, Vögel, Mäuse, Wildschweine, Biber, Otter und nicht zuletzt ein kleines Insekt mit gigantischem Rüssel der Eichelbohrer sind die Bewohner der Eiche. Ein gigantischer Baum, der in Michel Seydouxs Natur-Dokumentarfilms "Die Eiche - Mein Zuhause" im Mittelpunkt steht. Der Film war ein Publikumserfolg in Frankreich. Und das mit Recht. Seydoux zeigt ganz nah das Leben am, im und unterm Stamm. Und dieses Leben ist dramatisch, witzig, bildstark.

Nicht nur Drolliges gibt es zu sehen, sondern auch den steten Überlebenskampf der Tiere. Die Natur in ihrer Rauheit und Mannigfaltigkeit. "Die Eiche – Mein Zuhause" zeigt alle Facetten, allerdings bleibt der harte Tod außen vor. Womit sich dieser Baumbesuch auch für kleinere Kinobesucher empfiehlt.

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"Ladybitch"-Filmszene

"Ladybitch" – Machtmissbrauch in der Kreativbranche

Die junge und unerfahrene Berliner Schauspielerin Ela ergattert ihre erste Hauptrolle als Lulu in der neuen Theaterproduktion des bedeutenden Regisseurs Franz Kramer. Eine große Chance für Ela, der Leistungsdruck unter den Schauspielern ist enorm. Kramer verkauft das Stück als feministisch, auch wenn das Team überwiegend aus Männern besteht. Bald schon geht Ela die weibliche Perspektive auf die Rolle verloren. Dann kommt es zur Katastrophe: Regisseur Kramer beginnt Ela sexuell zu belästigen.

Grenzüberschreitungen, sexuelle Gewalt, emotionale Manipulation. Hauptfigur Ela will sich wehren in diesem Low-Budget-Drama, gedreht im Stil eines Dokumentarfilms. "Ladybitch" bricht verkrustete Strukturen auf – und ist auch immer ein Stück weit irritierend. Der Brisanz des Themas tut das keinen Abbruch.

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Steht unter Anklage wegen Mord an ihrem eigenen Kind: Guslagie Malanda als Laurence in "Saint Omer" von Alice Diop.

"Saint Omer" - Preisgekröntes Drama über Mutterschaft und Rassismus

Ein Prozess in der nordfranzösischen Stadt "Saint Omer": Angeklagt ist eine junge Akademikerin aus dem Senegal: Laurence soll ihre 15 Monate alte Tochter ermordet zu haben, indem sie das Kind eines Nachts in Berck am Strand zurückgelassen hat, als die Flut hereinbrach. Im Publikum ist auch Rama, eine Professorin und Schriftstellerin. Sie will aus der Geschichte ein Buch mit dem Titel "Médée naufragée" machen, eine zeitgemäße Nacherzählung des Medea-Mythos.

"Saint Omer" ist ein ambitioniertes Drama nach einem wahren Fall. Ein Film, der sein Publikum fordert, denn er ist so trocken wie manch ein Gerichtsverfahren selbst und so erschütternd wie das Leben sein kann. "Saint Omer" geht für Frankreich ins Oscar-Rennen in der Kategorie Bester Internationaler Film. Das Drama gewann den Black Reel Award 2023 als bester fremdsprachiger Film. 2022 gab es beim Film Fest Gent zudem den Großen Preis des Wettbewerbs.

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Nach außen hin scheint alles gut mit dem Freund, doch droht Ina am seelischen Druck innerlich zu zerbrechen in "Alle wollen geliebt werden".

"Alle wollen geliebt werden" - Eine Psychotherapeutin am Rande des Nervenzusammenbruchs

Ina ist Psychotherapeutin, Mutter einer Teenagerin und zusammen mit Reto, der ihr mehr als einmal Druck macht, mit ihm doch endlich nach Finnland zu ziehen. An einem schwül heißen Sommertag merkt Ina, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Doch sie hat keine Zeit, darüber näher nachzudenken: In der Praxis warten die Patient:innen, ihre Tochter droht zum Vater zu ziehen. Und dann ist da auch noch der 70. Geburtstag ihrer egozentrischen Mutter, der natürlich groß im Garten gefeiert werden soll. Ina will es allen recht machen und stellt sich und alles auf eine Zerreißprobe.

Was sich liest wie ein Drama, ist in Wirklichkeit eine Tragikomödie über das ganz normale Patchwork-Familienchaos. Stilsicher inszeniert von Katharina Woll. Die Regisseurin dazu im Interview mit kinokino: "Also ich liebe einfach den französischen Film. Ich liebe es, wenn viel geredet wird im Kino was im deutschen Film manchmal ein bisschen zu kurz kommt. Ich mag schnelle und gute Dialoge."

Die sind gelungen. Das sah auch das Publikum so. Beim Filmfest München 2022 gewann das Drehbuch zu Katharina Wolls Spielfilm-Debüt den "Förderpreis Neues Deutsches Kino". Ein lustiger, temporeicher und zugleich auch sehr wahrhaftiger Film.

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