Künstler und Schriftsteller: Günter Brus bei seiner Ausstellung "Unruhe nach dem Sturm" im Belvedere 21 in Wien am 01. 02.2018.
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Künstler und Schriftsteller: Günter Brus bei seiner Ausstellung "Unruhe nach dem Sturm" im Belvedere 21 in Wien am 01. 02.2018.

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Aktionskünstler Günter Brus ist tot

Grenzüberschreitung war sein Programm: Günter Brus stieß das Publikum einst mit Körperkunst-Aktionen vor den Kopf. Später wurde er gefeiert und arbeitete in zahlreichen künstlerischen Bereichen. Jetzt ist der Wiener Künstler mit 85 Jahren gestorben.

Über dieses Thema berichtet: Kulturjournal am .

Der einst geschmähte, dann gefeierte österreichische Aktionskünstler und Maler Günter Brus ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 85 Jahren, wie der Leiter des Grazer Bruseums, Roman Grabner, der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag sagte. Das Bruseum ist eine Dauerausstellung in der Neuen Galerie Graz, die dem Gesamtwerk des Künstlers gewidmet ist.

Brus war Mitbegründer des Wiener Aktionismus und "eine der herausragenden Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, der mit seiner Kunst an die Grenzen gegangen ist und seinen Körper sprichwörtlich der Zerreißprobe ausgesetzt hat", schrieb Grabner in einer Würdigung. "Er hat bedingungslos für die Kunst gelebt und nie vor den Konsequenzen seiner Radikalität zurückgeschreckt." Das Museum würdigte "seine furchtlose Kompromisslosigkeit, seine klare und unveräußerliche Haltung und seine unabdingbare Radikalität".

Die Nachkriegsgesellschaft schockiert

Brus wurde durch einen Skandal berühmt: im Protestjahr 1968 nahm er mit anderen Künstlern an einer Performance an der Universität Wien teil, wo Brus sich teils nackt, mit eigenem Kot beschmierte, onanierte und dabei die österreichische Nationalhymne sang. Die als "Uni-Ferkelei" berüchtigte Aktion, die die Gesellschaft aus der Nachkriegslethargie holen sollte, schockierte das Publikum.

Die Aktion sei "der einzige relevante Beitrag Österreichs zu den weltweiten Protesten dieses Jahres" gewesen, schreibt das Bruseum. "Dass dieser künstlerisch ausfiel und nicht politisch, lässt im Übrigen genauso auf die österreichische Gesellschaft schließen wie die Art des Protestes." Brus wurde damals unter anderem wegen "Verletzung der Sittlichkeit und Schamhaftigkeit" verurteilt und flüchtete vor einer Haftstrafe für einige Jahre nach Berlin.

Künstler, Schriftsteller, Bühnenbildner

Brus wurde zwar als Protagonist des Wiener Aktionismus bekannt, aber die Phase spektakulärer Aktionen dauerte nur wenige Jahre. Anfang der Siebzigerjahre ließ Brus den Aktionismus hinter sich und verlegte sich auf das Zeichnen, Malen und Schreiben. Sein 60 Jahre umspannendes Werk als Künstler umfasst Zeichnungen, Fotomappen, Aktionsskizzen, Druckgrafiken und sogenannte Bild-Dichtungen, die Brus erfand: Text-Bild-Dialoge, in denen das Bild und die Dichtung gleichbedeutend nebeneinanderstehen. US-Künstler wie Paul McCarthy oder Raymond Pettibon sahen darin europäische Vorfahren der Comic-Art. Brus schrieb auch Romane und Theaterstücke, er arbeitete als Bühnenbildner und Komponist.

Geplante Ausstellung im Kunsthaus Bregenz

Im Kunsthaus Bregenz am Bodensee war seit Langem eine Brus-Ausstellung geplant. Sie werde wie vorgesehen ab 17. Februar bis 20. Mai zu sehen sein, wie das Kunsthaus am Sonntag mitteilte. Brus habe an der Ausstellung mit fast 500 seiner Arbeiten, großenteils aus seinem Privatbesitz, mitgearbeitet. "Brus zählt zu den wichtigsten Positionen der Nachkriegszeit, sein Abschied ist ein unvergleichlicher Verlust für die Kunstgeschichte Österreichs", würdigte Museumsdirektor Thomas Trummer den Künstler.

Mit Informationen von dpa

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