Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, war einer der Gäste beim 27. Renovabis-Kongress.
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Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, war einer der Gäste beim 27. Renovabis-Kongress.

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30 Jahre Renovabis: Hilfswerk im Angesicht des Ukraine-Kriegs

Das katholische Hilfswerk Renovabis mit Sitz in Freising unterstützt seit 30 Jahren die Länder Osteuropas – auch die Ukraine. Beim Festakt in München ging es auch um den Krieg Russlands und die Rolle der Kirche mit Papst Franziskus an der Spitze.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Nach dem Mauerfall starteten Katholiken Solidaritätsaktionen in Osteuropa. Daraus entstand das in Freising ansässige Hilfswerk Renovabis, das nun sein 30. Jubiläum feiert. Beim Festakt in München mit Alt-Bundespräsident Joachim Gauck wurde auch die Rolle der katholischen Kirche im Ukraine-Krieg diskutiert. Erst kürzlich sorgte Papst Franziskus mit Aussagen, die von ukrainischer Seite als prorussisch gewertet wurden, für Unmut.

Ukrainerin: "Verletzt durch Äußerungen anderer"

"Manchmal fühlen wir Ukrainer uns verletzt durch Äußerungen anderer", sagt Tetiana Stawnychy, Präsidentin der Caritas Ukraine. Das ist ihre Antwort auf die Frage, wie sie die Rolle von Papst Franziskus im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine wahrnimmt. Sie ringt um die richtigen Worte, wirkt niedergeschlagen.

Die Friedensbemühungen des Vatikans um einen Dialog zwischen den Kriegsparteien haben letzte Woche einen Dämpfer bekommen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak lehnte eine Vermittlung der katholischen Kirche am Freitag im Nachrichtensender 24 mit der Begründung ab, Papst Franziskus sei "prorussisch". Aus Sicht der ukrainischen Regierung würde der Papst Russland nicht eindeutig als Aggressor bezeichnen.

Hilfswerk Renovabis: Projekte in 29 Ländern Osteuropas

Die Ukrainerin Tetiana Stawnychy ist anlässlich des 30-jährigen Jubiläums von Renovabis nach München gereist. Mit Hilfe des Osteuropa-Hilfswerks der katholischen Kirche in Deutschland organisiert die 56-Jährige vor Ort humanitäre Hilfe: Trinkwasser, Nahrungsmittel, Medikamente, vor allem Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Und auch Freizeiten für Kinder und Jugendliche werden angeboten, denn diese würden, ihrer Beobachtung nach, am meisten unter dem Krieg leiden.

Renovabis hat allein im Jahr 2022 die Ukraine mit über 15 Millionen Euro an Spenden unterstützt. Von Albanien über Tadschikistan bis zur Ukraine fördert das Hilfswerk Projekte in 29 Ländern. "Renovabis nimmt uns als Projektpartner auf Augenhöhe wahr", betont Tetiana Stawnychy. Vor Ort entscheiden die jeweiligen Diözesen und Pfarreien selbst, was sie brauchen und wie sie gemeinsam nachhaltige Hilfe ermöglichen.

Bischof aus Odessa: Aufgabe des Papstes ist Gebet, nicht Politik

Zum Jubiläum sind 300 Festgäste gekommen, darunter auch viele Projektpartner aus Osteuropa. Für Bischof Stanislaw Szyrokoradiuk aus Odessa hat die katholische Kirche ganz konkret eine Hauptaufgabe, nämlich die seelsorgerische Begleitung der Menschen vor Ort. "Der Papst hat mit seinen Friedensgebeten schon viel für uns getan", sagt der Bischof. Politik sei nicht seine erste Aufgabe. Gerade in diesen Kriegszeiten sei es wichtig, dass Kirche den Menschen einen Raum der Hoffnung und des Gebetes biete.

Darüber hinaus sei natürlich auch die humanitäre Hilfe entscheidend. Aktuell würden in den Kirchengebäuden seiner Diözese auch viele Kriegsflüchtlinge versorgt, vor allem alte Menschen und von Armut Betroffene.

Renovabis-Geschäftsführer: Papst nicht prorussisch

"Der Vatikan bietet beiden Konfliktparteien immer wieder Gespräche an", sagt Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz. Der Vorwurf, Papst Franziskus sei "prorussisch" eingestellt, sei nicht haltbar. Als Mahner des Friedens müsse der Papst immer beide Seiten im Blick haben, um Gespräche überhaupt erst zu ermöglichen.

Offene Gespräche und Dialogbereitschaft – darauf setze auch das Hilfswerk Renovabis im Kontakt mit den Partnerländern in Osteuropa. Was die Rolle des Patriarchen der russischen orthodoxen Kirche, Kyrill I., angehe, so würde dieser seine Möglichkeiten zu wenig nutzen. "Er hat sich seine Hände so schmutzig gemacht mit Blut, dass er als Gesprächspartner für die Menschen in der Ukraine nicht mehr in Frage kommt", sagt Schwartz.

Alt-Bundespräsident Gauck: Waffenlieferungen gerechtfertigt

"Wir müssen die Ukraine so unterstützen, dass sie sich verteidigen kann", sagte Alt-Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Festrede. Er sehe es als Akt tätiger Solidarität, dem angegriffen Land auch finanziell zu helfen. Friedensliebe dürfe nicht in romantischen Träumen enden, sondern müsse sich auch materiell zeigen.

Kirche habe also auch einen politischen Auftrag, so stehe es schon in der Bibel: "Widersteht dem Bösen!" Tätige Nächstenliebe, das sei die Aufgabe von Kirche in diesen Zeiten. Gauck dankte Renovabis dafür, dass das Hilfswerk "ein Netzwerk des Guten und der Guten geschaffen habe", die Basis für eine menschliche Gesellschaft.

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