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NSU-Prozess

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Wirbel um neuen Beweisantrag im NSU-Prozess

Zum Jahresbeginn kam der NSU-Prozess zügig voran. Doch nun könnte ein neuer Beweisantrag das Verfahren verzögern. Die Verteidigung Wohlleben will zwei Zeugen laden und Akten aus dem Stuttgarter Landeskriminalamt einbringen. Von Alf Meier

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Die Zeit des Stillstands durch zahllose Befangenheitsanträge schien vorbei zu sein. Weitgehend ungestört konnten die Nebenkläger im Januar ihre Plädoyers fortsetzen. Letzte Woche standen nur noch wenige Schlussvorträge aus. Schon bald, glaubten viele Prozessbeobachter, würden die Verteidiger von Beate Zschäpe und der anderen vier Angeklagten mit ihren Plädoyers beginnen. Danach würde das Urteil des Oberlandesgerichtes folgen.

Beweismaterial aus dem Landeskriminalamt in Stuttgart

Doch nun will die Verteidigung von Ralf Wohlleben zwei neue Zeugen laden. Ein halbes Jahr nach dem offiziellen Ende der Beweisaufnahme stellen die Anwälte einen Antrag, der den Fortgang der Plädoyers erheblich verzögern könnte. Sven R. und Jug P., gehörten zur rechten Szene Thüringens.

Wohllebens Anwälte behaupten, dass entgegen des Geständnisses des Angeklagten Carsten S. und entgegen der Darstellung der Bundesanwaltschaft nicht Wohlleben und Carsten S. den mutmaßlichen NSU-Terroristen die Mordwaffe beschafft hätten. Sven R. und Jug P. seien die Waffenlieferanten gewesen. Die Verteidiger wollen auch, das Akten des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg angefordert werden, das offenbar ein eigenes Ermittlungsverfahren zur Neonaziszene führt und dafür auch Personen aus dem NSU-Umfeld vernommen hat.

Bundesanwaltschaft: Verfahren soll verschleppt werden

Die Bundesanwaltschaft zeigt sich empört. Die Ankläger werfen Wohllebens Verteidigern vor, den Prozess mutwillig verzögern zu wollen. Es handele sich um den "Prototyp eines ins Blaue hinein gestellten Antrags". Das der Weg der Mordwaffe über Sven R. und Jug P. zum NSU führe, sei reine Spekulation. Der Antrag solle "allein der Verschleppung des Verfahrens dienen".

Wochenlange Verzögerung denkbar

Mit Spannung wird erwartet, wie das Gericht mit dem Antrag nun verfahren wird. Werden die Männer als Zeugen geladen, was nicht unwahrscheinlich ist, dann muss nach deren Auftritt allen Prozessbeteiligten Gelegenheit gegeben werden, Stellung zu beziehen. Die Plädoyers, die schon gehalten wurden, müssen zwar nicht komplett wiederholt, aber möglicherweise ergänzt werden. Ein Procedere, das viel Zeit kosten wird.

Sollte, das Gericht den Antrag ablehnen, dann folgt vermutlich sofort ein Befangenheitsantrag gegen den Senat. Eine weitere Bremse für den Prozess. Auch die Beiziehung der Akten des Stuttgarter LKA kann sich ziehen. Seit fast fünf Jahren, seit dem 6. Mai 2013, findet der Prozess unter Vorsitz von Manfred Götzl vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichtes statt. Es gilt als ziemlich sicher, dass auch im sechsten Jahr noch verhandelt wird.