Hospiz

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Welthospiztag: Bewegung für ein würdevolles Sterben

Es war eine Revolution im Umgang mit Tod und Sterben, als vor 50 Jahren in London die Ärztin Cicely Saunders das St. Christopher’s Hospiz in London eröffnete, das erste Krankenhaus, in dem unheilbar Kranke auf ihrem letzten Weg begleitet wurden.

Über dieses Thema berichtet: Religion und Orientierung am .

Es sei eine sehr schöne, herausfordernde aber auch eine sehr befriedigende Arbeit, erzählt Claudia Bausewein, Direktorin der Palliativklinik im Klinikum Großhadern in München: "Es macht große Freude, wenn Sie sehen, wie sich die Lebensqualität eines Menschen verbessert, wie große Not ein Stück weit gelindert werden kann."

Ganzheitliche Begleitung beim Sterben

Im Büro von Claudia Bausewein hängen Fotos, die sie zusammen mit der Britin Cicely Saunders zeigt: "Sie war eine unheimlich lebendige, interessante Frau mit einer unglaublichen Ausstrahlung", sagt Bausewein. 1967 startete Saunders die moderne Hospizbewegung mit der Gründung des St. Christopher’s Hospice in London, ein Vorbild für Einrichtungen weltweit. Die Idee einer ganzheitlichen Begleitung für sterbende Menschen, auf körperlicher, seelischer, sozialer und spiritueller Ebene war damals eine Revolution. Der Grundgedanke der Hospize heute – egal ob sie ambulant oder stationär arbeiten – ist, dass Helfer aus verschiedenen Bereichen wie Medizin, Seelsorge und Ehrenamt gemeinsam mit Angehörigen und Patienten ein Netzwerk bilden, um ein Sterben individuell und in Würde zu ermöglichen.

In Deutschland wurde die Hospizbewegung anfangs kritisch betrachtet, seitens der Politik und sogar der Kirchen. Zunächst missverstand man das Christophorus-Hospiz in London als "Sterbeklinik". In den 1980er Jahren gründeten sich auch in Deutschland verschiedene Hospiz-Vereine, die vor allem vom ehrenamtlichen Engagement lebten. Auch Mediziner mussten erst umdenken, um ihre Rolle in der Palliativmedizin zu akzeptieren: dort geht es nicht mehr ums Heilen, sondern nur noch ums Lindern.

50 Jahre Hospizbewegung

Schließlich kam es zur Gründung von Palliativstationen und Hospizen, wie dem "Haus Hörn“ in Aachen und Hospizvereinen wie Christophorus in München in den 1980er-Jahren. Die Kirchen unterstützen die Hospizarbeit seither - und verweisen gerade in der Diskussion um Sterbehilfe auf menschenwürdiges, begleitetes Sterben im Hospiz.

"Sterben bereitet totale Schmerzen, nicht nur körperlich und psychisch, sondern auch familiär und sozial, auch spirituell. Ich habe gelernt, dass die Menschen nach dem Sinn suchen, vor allem am Ende." Cicely Saunders

In den 90er-Jahren gründete sich der Deutsche Hospiz- und Palliativverband, der heute ein Dachverband von mehr als tausend Einrichtungen ist. Seit 1994 gibt es die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, die sich die Förderung der Palliativmedizin zum Ziel gesetzt hat. In den Jahren danach entstanden erste Lehrstühle zur Sterbebegleitung an Universitäten.

Das ewige Problem: Finanzierung der Palliativversorgung

Seit 1997 wird die Palliativversorgung, die vorher vor allem durch Spenden finanziert wurde, auch von Kranken- und Pflegekassen bezuschusst. An der Ludwig-Maximilians-Universität München gibt es seit 2010 eine Professur für "Spiritual Care" zur Erforschung psychologischer und spiritueller Bedürfnisse von Sterbenden. Mittlerweile gibt es bundesweit rund 250 stationäre Hospize, mehr als 300 Palliativstationen und fast ebenso viele, auf Palliativmedizin spezialisierte, ambulante Teams.

"Palliativdienste sind in Deutschland erst langsam im Kommen, weil es bisher kaum eine ausreichende Finanzierung gegeben hat. Das hat sich geändert, ist aber immer noch nicht ganz optimal, wir ringen mit den Krankenkassen. Aber wir haben überhaupt mal eine Finanzierung, das heißt wir können das Personal auch zahlen." Claudia Bausewein, Leiterin der Palliativklinik am Klinikum Großhadern

Eine flächendeckende Versorgung, vor allem in ländlichen Gebieten, ist in den meisten Bundesländern aber nicht gewährleistet, auch nicht in Bayern.

Sterben bringt kein Geld

Ein weiteres Problem: Fallpauschalen. Das Gesundheitswesen unterliegt den Gesetzen der Wirtschaft: Wettbewerb und Kostendruck. Blindarm-OPs, Geburten oder eine neue Herzklappe werden nach Diagnosen abgerechnet, was beim Sterben nicht passt. In der Palliativmedizin ist ein ganzheitlicher Ansatz gefragt - geht um körperliche Symptome, die psycho-soziale und spirituelle Verfassung des Patienten und ein ganzes Helfernetzwerk - doch das bringt kein Geld, sagt Claudia Bausewein: "Weil wir eben nicht aufwändige Untersuchungen machen. Die Gespräche, die Zuwendung, das ist was, was sie da wenig unterbringen." In Australien beispielsweise sei die Palliativmedizin von den Fallpauschalen ausgeschlossen. "Da hinken wir in Deutschland extrem weit hinterher", meint Bausewein.