Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, Inspekteur der Deutschen Marine, im Marinekommando.
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Ukraine-Krise: "Scherbenhaufen" nach Rücktritt von Marine-Chef

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Ukraine-Krise: "Scherbenhaufen" nach Rücktritt von Marine-Chef

Die Bundesregierung fürchtet wegen des russischen Truppenaufmarschs einen Krieg mitten in Europa – ausgerechnet der deutsche Marine-Chef widersprach öffentlich. Nun räumte Vize-Admiral Schönbach seinen Posten. Doch der Ukraine reicht das nicht.

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Der "Fall Schönbach" ist schon längst keiner mehr, der nur die Berliner Politik bestürzt zurücklässt – er hat rasant international Schlagzeilen gemacht: Vor allem in der Ukraine sorgten die Worte des deutschen Vize-Admirals für Schock und Empörung. Der ukrainische Botschafter in Deutschland begrüßte zwar den Rücktritt von Kay-Achim Schönbach, hält diesen aber für unzureichend: Der Eklat hinterlasse "einen Scherbenhaufen" und stelle die internationale Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Deutschlands "massiv in Frage", sagte Botschafter Andrij Melnyk dem ARD-Hauptstadtstudio. Für den EU-Partner Ukraine scheint der Vorfall also alles andere als abgeschlossen.

Schönbach widerspricht Bundesregierung öffentlich

Schönbach, bis gestern Abend noch Chef der deutschen Marine, hatte mit Aussagen, die in deutlichem Widerspruch zur Linie der Bundesregierung stehen, für mehr als nur Stirnrunzeln gesorgt: "Hat Russland wirklich Interesse an einem kleinen Stück ukrainischen Bodens?", fragte der Vizeadmiral während eines Vortrags, den er bei einem ThinkTank in Indien hielt, und gab sich selbst die Antwort: "Nein, das ist Nonsens." Während USA, NATO und Bundesregierung eindringlich vor einem drohenden Krieg in Europa warnen, spekulierte Schönbach in die entgegengesetzte Richtung.

Putin habe, mutmaßte er weiter, kein Interesse an einem Angriff, sondern wolle nur eins wirklich: "Respekt". Es sei einfach, Putin diesen Respekt zu erweisen, den er einfordert, und "wahrscheinlich auch verdient", so der Marine-Chef wörtlich. Der sich Russland als Partner an der deutschen Seite gegen China wünscht. Schon weil er als "radikaler römisch-katholischer Christ" ein christliches Land als Partner bevorzuge, so Schönbach.

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Zu spätes Zurückrudern

Danach sprach der hochrangige Militär auf Twitter von einem "klaren Fehler." Doch reparieren ließ sich da schon nichts mehr. Die Folge: Erst bat ihn der ranghöchste Soldat, der Generalinspekteur, zum Gespräch, wie dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigt wurde. Kurze Zeit später war klar: Kay-Achim Schönbach räumt seinen Posten. Er habe die Verteidigungsministerin gebeten, ihn von seinen Ämtern zu entbinden, teilte der Vize-Admiral mit. Dem habe die Ministerin entsprochen.

Kiew bestellte deutsche Botschafterin ein

Dadurch, dass er die russische Bedrohung kleinredete, hatte Schönbach wichtige Bündnispartner erzürnt – und gleichzeitig die Linie der deutschen Politik unterminiert, die um Geschlossenheit im Umgang mit Moskau ringt. Und dann hatte er auch noch diese Sätze gesagt: "Die Krim-Halbinsel ist weg. Sie wird nie zurückkommen." Äußerungen, die in Kiew für so viel Ärger sorgten, dass das ukrainische Außenministerium die deutsche Botschafterin einbestellte.

Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag ist, hält den Rücktritt für folgerichtig: Schönbach habe mit seinen Äußerungen die europäische Sicherheitsstruktur und das Völkerrecht in Frage gestellt. Auch aus Sicht des CDU-Verteidigungspolitikers Henning Otte war der Schritt unvermeidlich: "Wer bei dieser angespannten sicherheitspolitischen Lage Respekt und Verständnis für Putin suggeriert, unterliegt einer militärischen Fehleinschätzung", erklärte Otte.

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