Das Kiewer Höhlenkloster
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Ukraine erhöht Druck auf orthodoxe Kirche - Abt mit Fußfessel

Metropolit Pawlo, der dem berühmten Höhlenkloster in Kiew vorsteht, ist von der ukrainischen Justiz unter Hausarrest gestellt worden. Er wird beschuldigt, die russische Aggression gegen das Land zu rechtfertigen. Pawlo muss eine Fußfessel tragen.

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In Kiew eskaliert die Auseinandersetzung zwischen der Regierung und der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK). Ein ukrainisches Gericht hat den Vorsteher des weltberühmten Kiewer Höhlenklosters, Pawlo, für zwei Monate unter Hausarrest gestellt. Der Vorwurf: Volksverhetzung und Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs.

Der 60-tägige Hausarrest soll laut Gericht bis zum 30. Mai dauern. Der religiöse Würdenträger muss demnach eine elektronische Fußfessel tragen. Er dürfe "im Rahmen des Strafverfahrens nicht mit Zeugen sprechen", erklärte das Gericht weiter. Der als russlandfreundlich bekannte Geistliche kam mit dem eigenen Mercedes zum Gericht. Die Polizei musste den 61-Jährigen also nicht aus dem Kloster abführen.

Verbindungen nach Russland und Agententätigkeit?

Die Vorladung des Metropoliten erfolgte nur drei Tage nach dem Ablauf einer Frist für die Räumung des zum Unesco-Weltkulturerbe gehörenden Klosters. Bis vor kurzem war es der Sitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche, ihre Mönche lebten kostenlos in einem Teil des Klosters. Sie haben angekündigt, so lange wie möglich bleiben zu wollen.

Die UOK gehörte noch bis vor kurzem zum Moskauer Patriachat von Kyrill I. Ende Mai 2022 spaltete sie sich jedoch von diesem ab, weil Kyrill sich offen für den Krieg in der Ukraine ausspricht und auf die Seite Putins stellt. Russland erkennt die neue Kirche nicht an. Und auch Priester und Bischöfe der ukrainisch-orthodoxen Kirche stehen immer wieder unter Verdacht, weiter Verbindungen nach Russland zu unterhalten. Durch den ukrainischen Geheimdienst kam es beispielsweise wiederholt zu Razzien in Klöstern.

Zum Artikel: "Hüten Sie sich vor ihm": War Patriarch Kyrill KGB-Agent?

Vorwurf: Religion als Propaganda

Der ukrainische Inlandsgeheimdienst (SBU) erklärte, Pawlo werde verdächtigt, die "Aggression der russischen Armee gegen die Ukraine zu rechtfertigen und abzustreiten und ihre Mitglieder zu verherrlichen". Zudem werde ihm vorgeworfen, gegen die "Gleichstellung der Bürger" zu verstoßen.

"Das Gesetz und die Verantwortung für seine Verletzung ist für alle gleich und ein Priestergewand ist keine Garantie für reine Absichten", erklärte SBU-Chef Wasyl Maljuk. Er warf Russland vor, Religion für Propaganda und die Spaltung der ukrainischen Gesellschaft zu benutzen.

Bisher legte der SBU aber keinen schwerwiegenden Beweis vor, dass der Abt im Krieg auf Moskaus Seite steht. Stattdessen veröffentlichte die Behörde mehrere Audioschnipsel von Telefonaten. Darin soll Pawlo zu hören sein, wie er etwa sagt, die Ukrainer hätten die Russen "provoziert" und seien daher mitverantwortlich für den Krieg. Oder: Im damals von Moskauer Truppen besetzten ukrainischen Cherson gebe es schon überall russische Fahnen und die Menschen seien zufrieden.

Abt Metropolit Pawlo weist Anschuldigungen zurück

Abt Metropolit Pawlo wies vor dem Richter vehement den Vorwurf zurück, er befürworte Putins Krieg. "Ich möchte, dass Russland uns in Ruhe lässt", zitieren ukrainische Medien den Abt. "Ich war immer gegen die Aggression. Ich bin jetzt in der Ukraine. Das ist mein Land."

Unbestreitbar äußerte sich Pawlo allerdings wiederholt sehr abfällig über die konkurrierende Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). "Aber seine Worte unterscheiden sich nicht so sehr von den Äußerungen von Priestern der OKU über Pawlos Kirche", sagte der ukrainische Rechtsprofessor Dmytro Wowk der Katholischen Nachrichten-Agentur. Die einen diffamierten die UOK als "Putins Kirche", die anderen die OKU als nicht den kirchlichen Regeln entsprechend.

Sowohl der Ruf des Klostervorstehers als auch der Justiz sei in der Ukraine sehr schlecht, so Wowk, der als Fachmann für Recht und Religion seit Kurzem in den USA lehrt. Es laste ein "starker Druck von Seiten des Sicherheitsdienstes SBU und der öffentlichen Meinung auf dem Gericht". Der Richter habe wohl "keine Probleme" bekommen wollen. Die Religionsfreiheit sieht Wowk allerdings nicht bedroht. "Der Staat hat ein legitimes Interesse, die nationale Sicherheit zu schützen und religiösen Hass zu verhindern", argumentiert er.

Metropolit Pawlo, Abt des Höhlenklosters in Kiew
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Metropolit Pawlo, Abt des Höhlenklosters in Kiew

Hausarrest mit Fußfessel in privater Pracht-Villa

Den Hausarrest wollte der Abt im Höhlenkloster verbringen. Das Gericht legte als Ort aber seine Registrierungsadresse, eine private Villa im Dorf Woronkiw, fest. Sie liegt etwa 40 Kilometer südöstlich des Höhlenklosters. Die Fotos von dem prachtvollen Anwesen schaden dem Image von Pawlos Kirche in der Bevölkerung weiter.

Die Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer befürwortete in Umfragen bereits ein Verbot der UOK. Mehr als 25.000 Menschen stellten sich hingegen hinter die Kirche und unterstützten eine Online-Petition gegen ein von Präsident Wolodymyr Selenskyj gefordertes Verbot von Religionsgemeinschaften, die von Russland beeinflusst werden.

  • Zum Artikel: Wie steht es um die Religionsfreiheit in Zeiten des Krieges?

Mit Informationen von dpa, KNA und AFP

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