König Charles III. (r) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Garten von Schloss Bellevue
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König Charles III. (r) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Garten von Schloss Bellevue

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Staatsbesuch in Berlin: Roter Teppich für Charles III.

Begrüßung am Brandenburger Tor, Staatsbankett im Schloss Bellevue, Auftritt im Bundestag: In Berlin wird viel Aufwand betrieben, um aus dem Besuch von Charles III. einen Erfolg zu machen. Denn es geht um weit mehr als schöne Bilder. Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Himmel über Berlin ist grau an diesem Nachmittag. Doch das tut der Stimmung am Brandenburger Tor keinen Abbruch. Hunderte Menschen sind gekommen, viele von ihnen schwenken britische Fähnchen. Einige Kinder tragen Pappkronen mit dem Logo einer Fastfood-Kette auf dem Kopf. Man könnte meinen, auf einem Volksfest zu sein – wären da nicht die vielen Polizisten und Absperrungen.

Viele Schaulustige wollen Charles und Camilla sehen

Nur noch wenige Minuten sind es bis zur Ankunft von Charles III. und seiner Frau Camilla am Pariser Platz. Die meisten Schaulustigen dürften aus Berlin und Umgebung kommen, aber manche haben einen weiten Weg in Kauf genommen, um den Staatsbesuch aus nächster Nähe zu verfolgen. Zwei Frauen sind beispielsweise aus dem Harz angereist, "aus Interesse an der königlichen Familie", wie sie sagen. Dafür haben sich die beiden extra einen Tag freigenommen. Und ein paar Meter weiter gibt sich ein Mann als überzeugter Anhänger der Monarchie zu erkennen. Ein Brite, der in Berlin lebt und die Royals als Stabilitätsanker für sein Heimatland empfindet.

Steinmeier grüßt die Zuschauer am Brandenburger Tor

Um kurz nach drei Uhr taucht eine Wagenkolonne mit Blaulicht auf. Der König? Nein, den Anfang macht der Bundespräsident. "Danke fürs Kommen", ruft er den Schaulustigen zu, als er mit seiner Frau Elke Büdenbender über den Platz läuft. Dann kommt der Moment, auf den alle gewartet haben: Wieder eine Wagenkolonne, und an einer der Limousinen ist die Standarte des britischen Königs zu erkennen. Als Charles und Camilla den Platz betreten, brandet Jubel auf.

Charles mit militärischen Ehren empfangen

Für den König und seine Gemahlin wurde eigens ein roter Teppich vor dem Brandenburger Tor ausgerollt. Der Staatsgast wird mit militärischen Ehren empfangen – eine Premiere an diesem Ort. Vor dem Berliner Wahrzeichen wartet eine Ehrenformation der Bundeswehr. Steinmeier und sein Gast schreiten die Formation ab, die Nationalhymnen beider Länder ertönen. Vor dem Eintreffen der hohen Repräsentanten haben die Musiker der Bundeswehr zur Einstimmung noch die "Berliner Luft" gespielt, ein in der Hauptstadt beliebtes Operettenlied im Marschrhythmus. Jetzt also geht es etwas staatstragender zu.

Nächste Station ist Schloss Bellevue

Zeit für Handshakes sieht das Protokoll dennoch vor. Und so schütteln Steinmeier und Charles noch viele Hände, bevor sie zusammen mit ihren Ehefrauen wieder in ihre dunklen Limousinen steigen. Nächste Station ist Schloss Bellevue, der Amtssitz des Bundespräsidenten. Der Gastgeber richtet ein Staatsbankett aus, mit rund 130 geladenen Gästen. Dem Vernehmen nach werden gebeizter Karpfen und Weidehuhn serviert, dazu heimische Schaumweine.

Charles spricht als erster Monarch im Bundestag

Doch die Bedeutung dieses Staatsbesuchs macht sich nicht an einem Dinner im Schloss fest. Am Donnerstag hält Charles eine Rede im Bundestag. Als erster Monarch überhaupt. Der Bundespräsident nennt den Berlin-Besuch des britischen Staatsoberhaupts schon jetzt eine "großartige persönliche Geste und zugleich ein wichtiges Zeichen für die deutsch-britischen Beziehungen" – umso mehr, als Charles noch vor seiner Krönung im Mai in Deutschland zu Gast ist. Hinzu kommt, dass es sich um die erste Auslandsreise handelt, die Charles als König antritt. Ein Titel übrigens, den er vor der eigentlichen Krönungszeremonie führen darf, denn den Thron hat er schon bestiegen.

Erste Auslandsreise als König

Dass Charles als erstes ein Land in Kontinentaleuropa besucht, ist kein Zufall. Dem wäre auch so gewesen, wenn er wie ursprünglich geplant erst nach Frankreich gereist wäre. Die britische Botschafterin in Berlin, Jill Gallard, will das im Interview mit dem Deutschlandfunk als Zeichen des Zusammenhalts verstanden wissen: Großbritannien habe die EU verlassen, nicht aber Europa.

Neues Kapitel nach Brexit-Drama?

Vor genau sechs Jahren hat die Regierung in London ihren Austrittsantrag in Brüssel gestellt. Danach nahm das Brexit-Drama seinen Lauf, begleitet von harschen Tönen auf beiden Seiten. Doch der neue Premierminister Rishi Sunak scheint ernsthaft an einem Neustart in den Beziehungen zur EU zu arbeiten. Darauf deutet etwa das Ende eines langen Streits hin, bei dem es um Brexit-bedingte Komplikationen im Handel zwischen Irland und der britischen Provinz Nordirland ging. Insofern überrascht es nicht, dass Charles mit dem Deutschland-Besuch einer "Empfehlung" der britischen Regierung folgt, wie es die Botschafterin formuliert.

Gut möglich allerdings, dass es eine solche Empfehlung gar nicht gebraucht hätte. Denn Charles hat schon vor seiner Thronbesteigung ein ausgeprägtes Interesse an Deutschland bewiesen – rund 40-mal war er bereits hier. Außerdem wird ihm ein sehr passables Deutsch bescheinigt. Deshalb wird es in Berlin für möglich gehalten, dass er Teile seiner Bundestagsrede in der Sprache der Gastgeber hält. Doch auch, wenn er durchgehend Englisch sprechen sollte, würde das nichts an der politischen Symbolik ändern. Mit diesem Besuch wollen beide Seiten ein neues Kapitel aufschlagen – und das dürften nicht nur die Fähnchen schwenkenden Menschen am Brandenburger Tor mit Erleichterung zur Kenntnis nehmen.

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