Unterhalb des Fluchthorns entstand eine zwei Kilometer lange Gerölllawine
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Unterhalb des Fluchthorns entstand eine zwei Kilometer lange Gerölllawine

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Riesiger Bergsturz am Fluchthorn in den Tiroler Alpen

Der Gipfel des Fluchthorns wurde weggerissen, die Gerölllawine ist zwei Kilometer lang: Im Tiroler Silvretta-Massiv hat sich ein großer Bergsturz ereignet - verletzt wurde niemand. Zur Ursache gibt es bereits eine Vermutung.

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Im österreichischen Bundesland Tirol haben sich am Sonntag im Silvretta-Gebirge nahe Galtür riesige Gesteinsmassen gelöst. Dabei stürzte auch ein Teil des rund 3.400 Meter hohen Südgipfels des Fluchthorns ein, wie die österreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf einen Bergretter berichtete.

Teil des Gipfels weggerissen

Auf dem Video eines Augenzeugen, das die "Tiroler Tageszeitung" veröffentlichte, ist zu sehen, wie Geröll und Gestein einer Flutwelle gleich talwärts donnerten. Laut dem ORF ereignete sich der Felssturz im Bereich der Nordwestflanke des südlichen Fluchthorns. Dabei wurde offenbar auch das Gipfelkreuz weggerissen.

Das Geröll ist dem ORF zufolge über das Hochmoor Breites Wasser in Richtung Jamtal abgegangen. Die Jamtalhütte soll dabei unversehrt geblieben sein. Laut APA hat die Polizei die Geröll-Lawine nahe der Schweizer Grenze überflogen. Es gebe keine Hinweise, dass Menschen zu Schaden gekommen sind.

"Die Berge bröckeln"

Nach einem Erkundungsflug schätzte Tirols Chef-Geologe Thomas Figl, dass mindestens 100.000 Kubikmeter Gestein vom Südgipfel des Fluchthorn-Massivs gestürzt waren. Es seien klare Anzeichen zu erkennen gewesen, dass das schwindende Permafrost-Eis im Gestein die Ursache für das Naturereignis war, sagte Figl. "Das Eis schmilzt wegen der stattfindenden Klimaerwärmung, und das sorgt eben dafür, dass die Berge bröckeln", erklärte der Geologe. "Das Eis ist der Klebstoff der Berge, und dieser Klebstoff geht jetzt schön langsam verloren".

"Hundert Meter vom Gipfel sind weggebrochen", schätzte der Leiter der örtlichen Bergrettung in Galtür, Christian Walter. Eine Gruppe von Bergrettern hatte am Sonntag unterhalb des südlichen Fluchthorn-Gipfels einen Ausbildungskurs absolviert. Die etwa 30 Beteiligten wurden Zeugen, wie sich nur wenige Minuten nach dem Felssturz ein Sturzbach bildete, der an einer Berghütte vorbeirauschte, sagte Ausbildungsleiter Riccardo Mizio. "Ein Kollege hat geschrien, dass wir den Platz sofort verlassen sollen", berichtete er. Die Gruppe sei durch den Bergsturz aber nicht gefährdet gewesen.

Wanderrouten vorsorglich geschlossen

Einige Wanderrouten um das Fluchthorn sind seit Sonntag vorsorglich geschlossen. Die Gemeinde Galtür war hingegen nicht betroffen. Das Dorf ist mehr als neun Kilometer entfernt und liegt in einer anderen Richtung als die Schneise der etwa zwei Kilometer langen Gesteinslawine. Galtür war im Jahr 1999 Schauplatz einer Katastrophe, als dort eine riesige Lawine niederging. 38 Menschen starben, die meisten waren Deutsche.

Auch rund 60 Kilometer weiter südwestlich in der Schweiz rumort es am Berg oberhalb des Dorfes Brienz gewaltig. Am Wochenende sind riesige dicke Gesteinsbrocken hinuntergedonnert. Dort hat sich eine langjährige Gesteinsrutschung im Frühjahr so beschleunigt, dass die gut 80 Einwohner in der ersten Maihälfte vorsichtshalber in Sicherheit gebracht wurden. Bislang sind die Brocken oberhalb des Dorfes liegengeblieben. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch das Dorf getroffen werden könnte. Im Unterschied zu Galtür gibt es bei Brienz keinen Permafrost. Der Berg bewegt sich dort schon seit Hunderten Jahren.

Behörden sehen keine unmittelbare Gefahr im Allgäu

Bei einem ebenfalls einsturzbedrohten Berg im Allgäu sehen die Behörden derzeit keine unmittelbare Gefahr. Der Hochvogel, einer der bekanntesten Gipfel der Allgäuer Alpen wenige Kilometer von Oberstdorf entfernt, bricht seit vielen Jahren langsam auseinander, es könnte dadurch zu einem riesigen Felssturz kommen. Eine Sprecherin des Landkreises Oberallgäu sagte am Montag, dass die Gesteinsmassen in einem unbewohnten Gebiet niedergehen würden. Dort gebe es nur einen Wanderweg, der aber bereits seit sehr mehr als einem Jahrzehnt wegen des Risikos gesperrt sei.

Am Hochvogel hatte sich eine gewaltige Felsspalte im Bereich des 2.592 Meter hohen Gipfels gebildet. Der Berg steht auf der Grenze zwischen Bayern und Tirol, Wissenschaftler der Münchner Universitäten und weiterer Einrichtungen dokumentieren seit Jahren die Bewegungen des Massivs. Nach Berechnungen könnten bis zu 260.000 Kubikmeter Fels ins Tal stürzen. Die Behörden in Deutschland und Österreich glauben dennoch, dass es dann in den nächst gelegenen Ortschaften allenfalls Staubwolken geben könnte.

Mit Informationen von dpa und AFP

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