Raubkunst aus dem westafrikanischen Benin: Die ersten Benin-Bronzen werden zurückgegeben.
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Raubkunst aus dem westafrikanischen Benin: Die ersten Benin-Bronzen werden zurückgegeben.

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Reise nach Nigeria: Baerbock und Roth geben Benin-Bronzen zurück

Die Außenministerin und die Kulturstaatsministerin der Ampelregierung wollen in Nigeria ein Zeichen setzen: Mit der Rückgabe von Benin-Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin wird ein Stück kolonialer Vergangenheit aufgearbeitet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Mit der Rückgabe wertvoller Benin-Bronzen in Nigeria wollen Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth ein internationales Zeichen setzen. Die Grünen-Politikerinnen reisen von Sonntag bis Dienstag in das krisengeschüttelte westafrikanische Land, um dort die ersten Exemplare der kostbaren Kunststücke persönlich an Nigeria zu übergeben.

Über 1.000 Arbeiten bislang in deutschen Museen

Mehr als 1.100 der Arbeiten aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, waren bisher in rund 20 deutschen Museen zu finden. Bei den Benin-Bronzen handelt es sich um Metalltafeln und Skulpturen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die Objekte, die neben Bronze auch aus Elfenbein und anderen Materialien gefertigt sind, stammen größtenteils aus britischen Plünderungen im Jahr 1897 und landeten dann als Raubkunst in europäischen Museen.

Baerbock und Roth wollten in der Hauptstadt Abuja zunächst insgesamt 20 Benin-Bronzen aus deutschen Sammlungen zurückgeben, teilte der Sprecher des Auswärtigen Amts am Freitag mit. Dass der Restitutionsflug noch in diesem Jahr realisiert werden könne, sei der guten Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Städten und Museen zu verdanken. Es zeige auch, wie ernst Deutschland es mit der Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit meine.

Direktoren mehrerer Museen begleiten Baerbock und Roth

Baerbock wird neben Roth auch von der baden-württembergischen Kunstministerin Petra Olschowski (Grüne) sowie den Direktoren der fünf Museen begleitet, in deren Besitz sich die größten Sammlungen von Benin-Bronzen in Deutschland befinden - das Ethnologische Museum Berlin, das Völkerkundemuseum Dresden/Leipzig, das Museum am Rothenbaum in Hamburg, das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum sowie das Linden-Museum in Stuttgart. Auch Bayerns Museen diskutierten im vergangenen Jahr die Rückgabe von geraubten Kulturgütern.

Baerbock und Roth werden zehn Benin-Stücke aus Berlin dabei haben, je drei aus Dresden, Hamburg und Köln sowie eine Arbeit aus Stuttgart. Unter den Objekten, die zurückgegeben werden, ist auch der königliche Thronhocker des Oba Eresoyen aus dem 18. Jahrhundert. Das rund 90 Kilogramm schwere Stück war bis zu dieser Woche noch im Berliner Humboldt Forum ausgestellt.

Baerbock schaut sich auch Wiederaufbau mehrerer Dörfer an

Weitere Themen der Nigeria-Reise würden die beiderseitigen Beziehungen sowie Fragen regionaler Sicherheit sein, sagte der Sprecher weiter. Baerbock wird demnach neben ihrem Amtskollegen auch die Vizepräsidentin der Regionalorganisation Ecowas in Abuja treffen. Zudem werde die Außenministerin in den Nordosten des Landes reisen, um sich dort ein Bild von dem mit deutscher Unterstützung erfolgenden Wiederaufbau mehrerer Dörfer zu machen, die von der Dschihadistenmiliz Boko Haram zerstört wurden.

Nach der Absichtserklärung folgt nun die Reise

Im Sommer hatte die Bundesregierung mit Nigeria eine Absichtserklärung für die Übertragung der Eigentums der Objekte aus den deutschen Museen unterzeichnet. Seitdem verhandeln die jeweiligen Träger der Museen mit den zuständigen Stellen in Nigeria. Die Museen in Berlin, Hamburg, Köln und Stuttgart haben die Eigentumsrechte an den Beständen an die nigerianische Seite bereits übertragen.

Es geht dabei nicht nur um direkte Restitutionen, als Rückerstattungen. Die bisher vier abgeschlossenen Abkommen regeln jeweils auch, wie viele und welche der Kunstschätze als Leihgaben in Deutschland bleiben können oder immer wieder ausgetauscht werden. So sollen zum Beispiel von den bisher 514 Bronzen in Berlin 168 als langfristige Leihgaben im Depot des Ethnologischen Museums bleiben und abwechselnd im Humboldt Forum gezeigt werden. Solche Regelungen wurden auch für die anderen Museen vereinbart. Zudem sind umfassende Kooperationen zwischen nigerianischen und deutschen Museen geplant oder bereits angeschoben.

"Ein neues Verhältnis zu Nigeria"

Von einem "Modellfall" sprach Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der das Berliner Museum gehört. "Aus dieser Eigentumsübertragung ist wirklich etwas Neues entstanden: eine enge Zusammenarbeit, ein neues Verhältnis zu Nigeria, zum globalen Süden insgesamt", sagte er bei der Entnahme des Thronhockers. Auch für die nigerianischen Partner seien erste Restitutionen noch in diesem Jahr wichtig.

Mit Informationen von dpa und AFP

Eine Elfenbeinmaske, die aus Stuttgart nach Nigeria überführt wird - präsentiert auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.
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Eine Elfenbeinmaske, die aus Stuttgart nach Nigeria überführt wird - präsentiert auf einer Pressekonferenz am Mittwoch.

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