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Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, (re.)

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Rechtsruck in Österreich: "Heikle Ministerien, sensible Daten"

Österreich hat eine neue Regierung: Sebastian Kurz steht nun einer Koalition aus ÖVP und FPÖ vor - Alexander Pollak, Sprecher der österreichischen Menschenrechtsorganisation "SOS-Mitmensch", im radioWelt-Interview zum Rechtsruck des Landes.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Österreich hat eine neue Regierung: Inzwischen ist Kanzler Sebastian Kurz vereidigt worden - oder "angelobt" worden, wie das bei unseren Nachbarn heißt. Kurz steht nun einer Koalition aus ÖVP und FPÖ vor - das Land rückt nach rechts. Das dürfte auch eine Folge der Zuwanderung sein. Alexander Pollak ist Sprecher der österreichischen Menschenrechtsorganisation "SOS-Mitmensch".

Baayern 2-radioWelt: Nun hat sich auch der UN- Menschenrechtskommissar zu Wort gemeldet. Er spricht mit Blick auf die österreichische Regierung von einer "gefährlichen Entwicklung im politischen Leben Europas". Wie gefährlich ist diese Entwicklung?

Alexander Pollack: Österreich ist eine gefestigte Demokratie. Die wird nicht so schnell ins Wanken zu bringen sein. Aber es ist eine Tatsache, dass erstmals seit 1945 das sehr mächtige Innenministerium in Österreich in der Hand von Leuten ist, die ein nahes Verhältnis zu Rechtsextremismus, zu Rassismus, zu Antisemitismus haben. Das ist eine durchaus problematische Entwicklung und birgt auch Gefahrenpotenzial für Menschenrechte, für soziale Errungenschaften und auch für demokratie-politische Errungenschaften in sich.

radioWelt: Es ist ja nicht nur das Innenministerium, sondern auch das Verteidigungsministerium - das sind ja zwei sensible Ressorts, in denen es um Sicherheitspolitik und auch um Uniformträger geht, also um Polizisten und Soldaten. Eröffnet das nicht der FPÖ große Möglichkeiten, ihr rechtsnationales Gedankengut weiter zu verankern?

Alexander Pollack: Sie sprechen mir aus der Seele. Wir halten das für sehr problematisch. Man hat ja auch in Deutschland gesehen: Es gibt immer wieder rechtsextreme Umtriebe in der Bundeswehr oder auch im österreichischen Bundesheer. Wenn dann an der Spitze jemand ist, der Rechtsextremismus seit Jahren fördert und mitfinanziert, dann ist das eigentlich ein Widerspruch in sich in einer Demokratie. Auch im Innenministerium gibt es den Verfassungsschutz - fast eine Perversität, dass jemand den Verfassungsschutz kontrolliert, der auch eine gewisse Nähe zu verfassungsfeindlichen Kreisen hat.

radioWelt: Nun war die FPÖ ja schon einmal an der Macht. Haben Sie die Hoffnung, dass sie in der Regierungsarbeit "eingefangen" wird, dass die extremen Enden gekappt werden?

Alexander Pollack: Bei der letzten Koalition, bei der die FPÖ vertreten war, ist die FPÖ dann abgestürzt, weil die Realität gezeigt hat: Man kann gut aufwiegeln gegen Menschen, man kann gut alles Mögliche fordern, aber die Realität ist dann doch eine andere. Möglicherweise wird es dieses Mal ähnlich, aber der Preis dafür ist sehr, sehr hoch. Wenn man heikle Ministerien, sensible Daten und auch Menschenschicksale in die Hand von Leuten gibt, die eigentlich bewiesen haben, dass sie nicht vertrauenswürdig sind, dann kann das durchaus negative Effekte haben.

radioWelt: Sebastian Kurz stellt sich aber klar zu Europa. Vertrauen Sie dem?

Alexander Pollack: Ja, die ÖVP war immer eine europafreundliche Partei, davon werden sie sich nicht abwenden. Umgekehrt: Die Freiheitliche Partei, die FPÖ, war früher auch eine europafreundliche Partei und hat sich radikal geändert. Sie ist noch immer im Verbund mit dem "Front National", der europafeindlich ist. Die wollen Europa zerschlagen. Aus diesem Verbund will die FPÖ auch nicht rausgehen.