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Mikrophon für die Angeklagte Beate Zschäpe

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NSU-Prozess: Nächste Woche Schlussworte der Angeklagten

Mehr als fünf Jahre nach dem Beginn des NSU-Prozesses ist das Urteil in diesem Mammutverfahren in greifbare Nähe gerückt. Das Münchner Oberlandesgericht hat den Fahrplan für die Schlussphase festgelegt. Von Thies Marsen

Über dieses Thema berichtet: Bayernmagazin am .

Bereits nächste Woche haben die fünf Angeklagten die Möglichkeit, letzte Worte an den Strafsenat zu richten. Danach haben die Richter elf Tage Zeit, ihr Urteil zu verkünden. Bei vielen Anwälten der NSU-Opfer ist die Erleichterung groß. "Wir haben erst gestern im Kollegenkreis mal gerätselt: Gab es eigentlich schonmal einen Prozess mit soviel Hauptverhandlungstagen?", so Nebenklageanwalt Hardy Langer. "Und nun sind auch mal froh, wenn es zu Ende geht." Sein Kollege Björn Elberling ergänzt: "Wirklich glauben tue ich es erst, wenn der Vorsitzende den Termin für das Urteil bestimmt, was ja hoffentlich nächste Woche der Fall sein wird." Auch Anwältin Doris Dierbach ist noch vorsichtig: "Ob das wirklich so ist, bleibt abzuwarten. Denn die Verteidigung von Beate Zschäpe hat ja angekündigt, noch Beweisanträge zu stellen."

Erneute Anträge von Zschäpes Altverteidiger

Auch am 436. Verhandlungstag hatte es zunächst so ausgesehen, als würden die Zschäpe-Altverteidiger Wolfgang Heer und Anja Sturm das Verfahren erneut verzögern. Nachdem das Gericht auf ihren Antrag hin am Vormittag einen Brandsachverständigen des bayerischen Landeskriminalamts vernommen hatte, wollten Sturm und Heer auch noch einen Brandschutzsachverständigen laden lassen. Dabei geht es um das Feuer, das Beate Zschäpe am 4. November 2011 in der Wohnung des NSU in Zwickau gelegt hat, um Beweise zu vernichten. Dass die Verteidiger so kurz vor Prozessende noch einmal Beweisanträge stellen wollen, stößt bei Opferanwalt Thomas Bliwier auf Unverständnis: "Das sind so letzte Rückzugsgefechte: Anträge, die mit der Beweisaufnahme, der Schuld- und der Straffrage wirklich nichts mehr zu tun haben."

Zschäpe brüskiert ihre Altverteidiger

Nach mehreren Verhandlungsunterbrechungen verwarf der Senat schließlich den Antrag von Sturm und Heer. Diese hatten zwar noch versucht, ihre Mandantin, die seit bald drei Jahren mit ihnen kein Wort mehr wechselt, zu einem Befangenheitsantrag gegen die Richter zu bewegen. Doch Beate Zschäpe brüskierte ihre Altverteidiger einmal mehr und ließ über ihren neuen Verteidiger Hermann Borchert ausrichten, dass sie daran kein Interesse habe. Womit nun tatsächlich der Weg frei ist für die Endphase des Prozesses: Die Schlussworte der fünf Angeklagten.

Nur André E. will weiter schweigen

Bis auf den mutmaßlichen NSU-Unterstützer André E. haben alle am Dienstag angekündigt, diese Gelegenheit auch zu nutzen - einschließlich Beate Zschäpe. Kommenden Dienstag soll es soweit sein. Theoretisch könnte der Strafsenat gleich im Anschluss an die letzten Worte sein Urteil fällen, allerdings gehen Prozessbeobachter davon aus, dass das Oberlandesgericht sich damit etwas Zeit lässt, um den zahlreichen Nebenklägern, den Opfern des NSU bzw. deren Angehörigen, die Gelegenheit zu geben, nach München zu reisen und der Urteilsverkündung beizuwohnen. Doch egal wie das Urteil am Ende ausschauen wird - eines steht für Nebenklage-Anwalt Hardy Langer schon fest: "Es gibt in der Tat noch viele Sachen, die noch nicht geklärt sind und die die Angehörigen der Opfer viel mehr interessiert hätten."

Viele Fragen bleiben ungeklärt

Insbesondere die Verantwortung staatlicher Behörden und hier vor allem der Geheimdienste harrt weiter der Aufklärung, sagt Thomas Bliwier, der die Eltern des Kasseler NSU-Mordopfers Halit Yozgat vertritt: „Wir können jetzt klarer als zu Beginn des Verfahrens sagen, dass tatsächlich bestimmte Fragen nicht beantwortet werden sollen und das liegt maßgeblich an den Verfassungsschutzbehörden.“

Dennoch sei der NSU-Prozess nicht umsonst gewesen, betont Björn Elberling, der Opfer des Nagelbombenattentats in der Kölner Keupstraße vertritt: "Ich glaube, dass nach diesem Prozess schon feststeht, dass der NSU kein abgeschlossenes Trio war, sondern aus einem Netzwerk besteht. Der Prozess hat den Rassismus in den Polizeibehörden oder institutionellen Rassismus an vielen Stellen nochmal deutlich gemacht und dass da noch viel zu klären wäre an sogenannten Pannen. Wie viel davon allerdings im Urteil stehen wird, das weiß ich nicht."