Regionalzug fährt in den Hauptbahnhof München ein
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Bisher konnten Fahrgäste bei Verspätungen ab einer Stunde 25 Prozent, ab zwei Stunden 50 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen. (Symbolbild)

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Neue EU-Verordnung: Was Bahnreisende wissen sollten

Unabhängig vom Grund für die Verspätung: Bislang musste die Bahn Entschädigung zahlen. Eine neue EU-Verordnung führt nun für "außergewöhnliche Umstände" gewisse Ausnahmen ein. Und: Es gibt noch weitere Neuerungen.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Kabeldiebstähle, Notfälle im Zug, Personen im Gleis - auch bei Verspätungen aus Gründen wie diesen, mussten Bahnunternehmen bislang Entschädigung zahlen.

Das ändert sich mit einer neuen EU-Verordnung "über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr" die am Mittwoch in Kraft getreten ist. Bei Zugausfällen und -verspätungen müssen Bahnunternehmen in der EU nun keine Entschädigungen mehr zahlen, wenn außergewöhnliche Umstände der Grund sind.

Für welche Fälle die Verordnung gilt

Bisher konnten Fahrgäste durch die Verordnung bei Verspätungen ab einer Stunde 25 Prozent und ab zwei Stunden 50 Prozent des Ticketpreises zurückverlangen. Mit der Anpassung gibt es ab sofort Szenarien, bei denen der Entschädigungsanspruch entfällt. Dazu zählen laut neuer EU-Verordnung extreme Witterungsbedingungen, große Naturkatastrophen, schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder Terrorismus.

Auch bei "Verschulden eines Fahrgasts" fällt die Erstattung weg oder wenn Menschen das Gleis betreten, Kabel gestohlen werden oder es einen Notfall im Zug gibt. 2022 musste die Bahn Fahrgästen Rekordsummen an Entschädigung zahlen. Mit der neuen Verordnung dürfte sich der Betrag nun verringern.

"Gewöhnliche Unwetter ausgenommen"

"Die Vorgaben zur höheren Gewalt sind zu unpräzise formuliert", kritisiert jedoch Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er geht davon aus, dass Gerichte entscheiden werden, wann es sich etwa um außergewöhnliche Wetterlagen handelt. Nach Angaben der Bahn werden Kundinnen und Kunden bei Verspätungen durch Unwetter wie Stürme oder Hochwasser auch in Zukunft entschädigt.

"Gewöhnliche Unwetter sind explizit ausgenommen", sagte DB-Marketing-Vorständin Stefanie Berk kürzlich. Bei Ereignissen wie der Jahrhundertflut im Ahrtal 2021 falle der gesetzliche Anspruch zwar weg, die Bahn wolle sich aber jeden Einzelfall anschauen und den Fahrgästen gegebenenfalls mit Gutscheinen entgegenkommen, erklärte das Unternehmen.

Unterbringung und Umbuchung: Was sich noch ändert

Auch weitere Änderungen treten in Kraft: Sind außergewöhnliche Umstände die Ursache für die Zugausfälle, kann das Bahnunternehmen künftig die Unterbringung im Hotel auf höchstens drei Nächte begrenzen, heißt es im Artikel 20 der Verordnung.

Außerdem können Fahrgäste bei einer absehbaren Verspätung von mehr als einer Stunde auch auf den Zug eines anderen Anbieters umbuchen. Um Entschädigungen gültig zu machen, muss der Antrag künftig innerhalb von drei Monaten gestellt werden statt wie bisher innerhalb eines Jahres.

Was Taxifahrten als Ersatz angeht, sei die in Deutschland geltende Eisenbahn-Verkehrsordnung kundenfreundlicher als die EU-Verordnung, erklären die Verbraucherschützer des vzbv. Liegt die planmäßige Ankunftszeit zwischen null Uhr und fünf Uhr und ist eine Verspätung von 60 Minuten absehbar, können Fahrgäste mit dem Taxi ans Ziel fahren.

Verspätung und Deutschlandticket: Umstieg in teurere Züge?

Für reguläre Nahverkehrstickets gilt: Wenn der gebuchte Zug sein Ziel "nur" mit mehr als 20 Minuten Verspätung erreichen sollte, können Fahrgäste einen nicht-reservierungspflichtigen Zug des Fernverkehrs nutzen. Das gilt allerdings nicht für "erheblich ermäßigte" Tickets, worunter auch das Deutschlandticket fällt.

"Es ist unverständlich, warum Reisende bei Verspätungen nicht kostenfrei auf höherwertige Züge ausweichen dürfen", erklärte vzbv-Chefin Ramona Pop dazu - das schrecke potenzielle Käuferinnen und Käufer ab und gefährde die Mobilitätswende.

Verkürzte Frist: Bis wann man Beschwerden melden muss

Derzeit liegt die Frist für Beschwerden nach einem Zugausfall oder einer Verspätung bei einem Jahr nach Ablauf der Gültigkeit des Fahrscheins. Diese Frist wird mit der neuen Verordnung auf drei Monate verkürzt. "Die DB wird aber im Regelfall sehr kulant sein und weiterhin die fahrgastrechtlichen Beschwerden auch nach Ablauf der 3-Monats-Frist annehmen und bearbeiten", erklärte die Deutsche Bahn dazu.

Barrierefreiheit und Fahrrad-Transport? Kritik an Neuerungen

Doch es gibt weitere Kritikpunkte: "Die EU-Novelle sieht mickrige vier Fahrradstellplätze für jeden neuen oder modernisierten Zug vor", kritisiert Alexander Kaas Elias, Bahnsprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Ursprünglich seien vom EU-Parlament acht Plätze gefordert worden. Der VCD fordert weitere Maßnahmen von Bahnunternehmen, um Fahrräder besser zu befördern.

Zudem muss es laut Verordnung an Bahnhöfen zukünftig eine zentrale Anlaufstelle für mobilitätseingeschränkte Menschen geben. Hier soll der Ein- und Ausstieg angemeldet werden können. "Das mag zwar auf den ersten Blick die Bahnfahrt erleichtern, bedeutet aber im Grunde nur, dass nach wie vor an vielen Bahnhöfen kein barrierefreier Ein-, Aus- oder Umstieg ohne Voranmeldung und Hilfsmittel wie Hublifte möglich sein wird", erklärt der VCD. Spontane Fahrten blieben so weiterhin Zukunftsmusik.

Mit Informationen von dpa und AFP

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Bei Verspätungen und Ausfällen können Kunden Geld zurückverlangen. In Zukunft wird das aber in weniger Fällen möglich sein. Denn seit heute gilt eine neue EU-Verordnung mit neuen Regeln für Entschädigungen. Ein Überblick:
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Seit heute gilt eine neue EU-Verordnung mit neuen Regeln für Entschädigungen. Ein Überblick.

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