Verteidigungsminister Boris Pistorius besuchte die Bundeswehr in Weiden und Oberviechtach und sprach mit den Soldatinnen und Soldaten.
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Verteidigungsminister Boris Pistorius besuchte die Bundeswehr in Weiden und Oberviechtach und sprach mit den Soldatinnen und Soldaten.

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Neue Brigade: Bundeswehr schickt Vorkommando nach Litauen

Die Bundeswehr will dabei helfen, die Nato-Ostgrenze besser zu schützen - als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. In Litauen soll eine komplette Brigade stationiert werden. Jetzt macht sich ein Vorkommando auf den Weg.

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Auch Deutschland lag einmal an der Nato-Ostgrenze. Daran erinnert Boris Pistorius (SPD) immer wieder – vor kurzem erst bei einem Besuch in Sachsen. Deutschland, so der Verteidigungsminister, habe sich immer auf die westlichen Verbündeten verlassen können. Und als größtes Mitglied der Allianz in Europa sei die Bundesrepublik "natürlich auch Garant für Sicherheit und Freiheit auf dem Nato-Territorium – und damit auch im Baltikum".

An diesem Montag bricht in Berlin ein Vorkommando nach Litauen auf. Rund 20 Soldatinnen und Soldaten gehören dazu. Sie sollen die geplante Stationierung einer Kampfbrigade im Baltikum vorbereiten. Mit der litauischen Seite sind Fragen wie diese zu besprechen: Wie müssen die Kasernen vor Ort ausgestattet sein, damit die deutschen Einheiten ihren Job machen können? Gibt es genügend Wohnungen für die Bundeswehrangehörigen und ihre Familien? Und wie sieht es mit Kita-Plätzen aus?

Pistorius: Litauen-Brigade ist "Leuchtturm-Projekt"

Viele Punkte sind also noch zu klären, aber für Pistorius steht bereits fest: Die neue Brigade werde ein "Leuchtturm-Projekt der Zeitenwende". Dass dem Minister die Sache wichtig ist, betont er bei jeder Gelegenheit. Und so wird der SPD-Politiker an diesem Montag die Mitglieder des Vorkommandos laut Pressemitteilung persönlich am Berliner Flughafen verabschieden. Auch der Heereschef Alfons Mais wird dabei sein – und zusammen mit dem Vorkommando ins Baltikum fliegen.

Fast 5.000 Soldatinnen und Soldaten will die Bundeswehr für den geplanten Großverband in Litauen zusammenbekommen – und zum Teil auch auf Partnernationen setzen. Eine komplette Brigade, ausgestattet mit Leopard-2-Kampfpanzern und Schützenpanzern vom Typ Puma. Das gehe in die richtige Richtung, hat Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik unlängst im BR24-Interview deutlich gemacht. Doch der Verteidigungsexperte bezweifelt, dass dieser Schritt ausreicht, um das russische Regime auf Dauer abzuschrecken. Die Brigade sei ein "Stolperstein", biete aber keine "absolute Gewissheit, […] dass Russland es nicht versuchen würde, das Baltikum zu überfallen".

FDP-Fraktion unterstützt Pläne für Litauen-Brigade

Mit der neuen Brigade will die Bundesregierung jedenfalls dazu beitragen, einen etwaigen Angriff Russlands unwahrscheinlicher zu machen. Auch deshalb sollen die deutschen Soldaten auf Dauer in Litauen stationiert werden. Normalerweise werden Bundeswehrkräfte im Ausland nach einigen Monaten abgelöst. Doch in diesen krisenhaften Zeiten greift die Regierung zu besonderen Maßnahmen.

Ein Ansatz, den die Ampel-Fraktionen offenbar mittragen. Der FDP-Abgeordnete Nils Gründer etwa begrüßt die Verlegungspläne ausdrücklich. "Mit der Brigade in Litauen übernimmt Deutschland zusätzliche Verantwortung für die europäische Sicherheit", teilt der Oberpfälzer Abgeordnete auf BR24-Anfrage mit. Er mahnt aber auch, dass dadurch "auf keinen Fall die Einsatzbereitschaft und Ausstattung der Truppe in Deutschland" in Mitleidenschaft gezogen werden dürften.

Drohen durch Litauen-Brigade neue Lücken bei der Bundeswehr?

Damit spricht Gründer ein Dilemma an, vor dem das Verteidigungsministerium nun steht. Wird die neue Brigade in erster Linie mit vorhandenem Gerät ausgestattet, würde das Lücken in den Bundeswehrbeständen hierzulande reißen. Wenn man aber das nötige Material neu beschafft, wären beträchtliche Investitionen nötig. Dem Vernehmen nach könnten sich die Kosten für den Großverband auf mehrere Milliarden Euro belaufen.

Der Verteidigungsminister habe die Brigade "mit viel Tamtam" angekündigt, sagt die CDU-Abgeordnete Serap Güler. Das Projekt sei aber im Haushalt nicht hinterlegt. Aus Sicht von Güler wird Pistorius nicht umhinkommen, die Finanzierungsfrage zu klären. Die Bundesregierung will allerdings noch keine konkrete Summe nennen. Laut Verteidigungsministerium wird der finanzielle Bedarf für den Großverband in Litauen noch ermittelt.

Oberpfälzer Panzergrenadiere sollen Teil der Litauen-Brigade sein

Die Kampfbrigade soll sich unter anderem auf zwei Heereseinheiten stützen, deren bisherige Heimatstandorte in Bayern und in Nordrhein-Westfalen liegen. Aus Augustdorf bei Bielefeld soll ein Panzerbataillon nach Litauen verlegt werden. Und Oberviechtach im Landkreis Schwandorf wird laut den Plänen eine Panzergrenadiereinheit beisteuern. Ende Februar war Pistorius in der Oberpfalz zu Besuch. Damals stellte er fest, die Brigade sei "auf einem sehr guten Weg".

Von den befragten Bundeswehrkräften dort sei rund die Hälfte bereit, freiwillig nach Litauen zu gehen, so Pistorius. Allerdings setzt die Bundeswehr darauf, dass es noch mehr werden. Deshalb wird an einem Paket gearbeitet, mit dem den Soldatinnen und Soldaten die Verlegung schmackhaft gemacht werden soll. Es geht etwa um spezielle Zulagen oder regelmäßige Heimfahrten für den Fall, dass die Familie in Deutschland bleibt. Bis zum Sommer will Pistorius in diesem Punkt Klarheit schaffen. Finden sich nicht genügend Freiwillige, könnte die Bundeswehr aber auch Soldatinnen und Soldaten zu einem Einsatz in Litauen verpflichten. Ein Szenario, das das Ministerium gerne vermeiden würde.

Die Bundeswehr hat die ersten Soldaten der künftigen Brigade Litauen in das östliche Nato-Land verlegt. Bis Ende 2027 sollen bis zu deutsche 5000 Soldaten dauerhaft gefechtsbereit in dem Land sein.
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Die Bundeswehr hat die ersten Soldaten der künftigen Brigade Litauen in das östliche Nato-Land verlegt.

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