Die zurückgetretene Bundefamilienministerin Anne Spiegel
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Die zurückgetretene Bundesfamilienministerin Anne Spiegel

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Nach Spiegel-Rücktritt: Wie geht es bei der Ampel weiter?

Nach Spiegel-Rücktritt: Wie geht es bei der Ampel weiter?

Nach vier Monaten muss die Koalition den ersten Minister-Rücktritt verkraften. Bundesfamilienministerin Anne Spiegel beugte sich dem politischen Druck nach Fehlern bei der Flutkatastrophe. Was heißt das für die Arbeit der Regierung? Eine Analyse.

Nachdem sie in der Ahrtal-Flutkatastrophe Fehler eingestehen musste, ist Bundesfamilienministerin Anne Spiegel von den Grünen zurückgetreten. Dieser Schritt schwächt jedoch vor allem ihre eigene Partei, die ohnehin in dieser Ampel-Koalition darum kämpft, ihre ur-grünen Themen durchzusetzen.

Baerbock und Habeck überstrahlen alle

Das wichtige Finanzministerium war schon während der Koalitionsverhandlungen an die FDP gegangen. Mit der Folge, dass der sehr finanzaffine Bundeskanzler mehr mit seinem Zahlenmeister Christian Lindner zu tun hat als mit seinem Vizekanzler Robert Habeck. Da mag es die Grünen nur wenig trösten, dass sie mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und eben jenem Vizekanzler die derzeit beliebtesten Politiker*innen stellen.

Es kann den Grünen nicht gefallen, dass nun eine Grünen-Ministerin als erste ihren Hut nehmen muss. Auch wenn Spiegel im Amt bislang deutlich weniger Eindruck hinterlassen hat als etwa Annalena Baerbock oder Robert Habeck, was allerdings eher mit der aktuellen Weltlage zu tun hat als mit Spiegels ministerialen Fähigkeiten. Ein Schwergewicht im Kabinett war sie dennoch nicht.

  • Zum Artikel: Die Grünen wollen noch vor Ostern Spiegel-Nachfolge klären

Die Grünen auf der Suche nach ihren Themen

Spiegels Rücktritt hat die Grünen kalt erwischt, er kam definitiv zur Unzeit. Schon der Ukraine-Krieg war ein Schlag ins Kontor. Die ehemalige Pazifisten-Partei liefert jetzt in Regierungsverantwortung Waffen in ein Kriegsgebiet, rüstet die Bundeswehr auf, spricht über Öl- und Gasboykott gegenüber Russland.

Ein Tempolimit allerdings können oder wollen die Grünen nicht durchsetzen, auch das Konzept für die Kindergrundsicherung kommt erst Ende 2023, die Prioritäten haben sich verschoben. Das Aufweichen von Teilen linker Programmatik ist der Zeitenwende geschuldet, es hat allerdings das Standing der Grünen in der Ampel-Koalition nicht unbedingt verbessert. Dass mit Anne Spiegel ausgerechnet eine linke Grüne das Kabinett verlassen muss, dürfte den Wahrern der fragilen Balance der Macht Kopfzerbrechen bereiten.

FDP und SPD in der Zuschauerrolle

FDP und SPD mögen sich die Qualen des Koalitionspartners mit einem lachenden und einem weinenden Auge ansehen. Die FDP, seit Beginn der Ampel sehr darauf bedacht, einen möglichst allumfassenden Freiheitsbegriff zu verteidigen, zur Not, wie beim Infektionsschutzgesetz, dem Tempolimit oder in der Landwirtschaft auch gegen SPD oder Grüne, dürfte sich als stabiler Anker der Koalition verstehen.

Die SPD wiederum, die zwar den Kanzler stellt, aber bis auf den Mindestlohn noch eher wenig SPD-Themen umgesetzt hat, dürfte sich darüber freuen, dass ihre beiden Wackelminister*innen, Lambrecht und Lauterbach, zumindest vorübergehend aus dem kritischen Fokus der Öffentlichkeit verschwunden sind.

Opposition profitiert kaum

Ist die Ampel aus dem Tritt? Für die CDU-Vize Karin Prien muss diese Frage unbedingt mit "Ja“ beantwortet werden. "Nach vier Monaten hat Scholz mindestens eine Ministerin, die von sich aus geht. Er hat vielleicht noch ein, zwei weitere, wo man auch die Frage stellen muss: Sind die da auf der richtigen Position? Ein richtiger Aufbruch ist das nicht“, stellt Prien fest, die derzeit aktiv im schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf unterwegs ist.

Für die Opposition sind die derzeitigen Ampel-Störungen allerdings noch kein Grund zur Freude. Sie profitiert kaum davon, auch weil derzeit vor allem die Schockwellen von Krieg und Corona durch die Republik schwappen, die Politik im "Business-as-usual-Modus“ unmöglich machen.

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