Karl Lauterbach
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Minister am Limit: Die Corona-Volte des Karl Lauterbach

Gestern so, heute so - und morgen wieder anders? Bei der Corona-Isolationspflicht hat Karl Lauterbach eine überraschende Kehrtwende hingelegt. Das kratzt weiter am Image des Gesundheitsministers. Eine Analyse.

Dass Karl Lauterbach nicht viel schläft, ist kein Geheimnis. Er hat es oft genug erzählt, und selbst wenn man den omnipräsenten Minister und seine Ausführungen tatsächlich verpasst haben sollte, Lauterbachs Twitter-Account schläft praktisch nie.

So auch in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch, um 2.37 Uhr: Lauterbach war zuvor noch in seiner Lieblings-Talkshow im ZDF, und bei "Markus Lanz" hatte er bereits gesagt, was er später auf Twitter bestätigte - nämlich dass die Isolationspflicht für Corona-Infizierte nun doch nicht wegfällt.

Ein Ministerium mit Problemen

Fehler machen, Fehler zugeben, und Fehler korrigieren ist an und für sich nichts Schlechtes, in der Politik kommen die zwei Letzteren zwar selten vor, aber im Prinzip ist es sympathisch. Lauterbach mag auf diesen Effekt gehofft haben, als er seine ursprüngliche Ankündigung, dass sich Corona-Infizierte ab 1. Mai freiwillig isolieren sollten, nur einen Tag später als "schädlichen Fehler" kassierte.

Nach heftiger Kritik von Patientenschützern, der Opposition und sogar aus den eigenen Reihen der Ampel-Koalition. In manchen Häusern müsse personell noch nachgearbeitet werden, hieß es zum Beispiel aus der SPD, es war explizit das Bundesgesundheitsministerium gemeint. Nicht gemeint war allerdings, dass der Stuhl von Lauterbach nach gerade mal 100 Tagen wackelt. Sondern dass sein Ministerium noch reichlich unsortiert ist.

  • Zum Artikel: "Gar nicht so einfach - Fehlerkultur in der Politik"

Erratische Kommunikation

Denn das Ministerium, das mit dem Epidemiologen einen ausgewiesenen Fachmann an der Spitze bekommen hat, ist derzeit vor allem: in Aufruhr. Was zum Teil daran liegt, dass ständig umgezogen wird. Allein in Berlin ist das Ministerium auf mehrere Standorte verteilt, und dann gibt es ja noch den Amtssitz in Bonn. Lauterbach hat langsam angefangen, das lange Zeit Unions-geführte Haus umzustrukturieren, mehrere Abteilungsleiter gingen in Rente, Lauterbach selbst sprach bereits vor Wochen von Inventur.

Das Kommunikationsverhalten des Ministers ist hingegen gleichgeblieben. Es ist schlicht erratisch. So erratisch, dass selbst in seiner Pressestelle oft Verzweiflung herrscht, weil Mitarbeiter nicht wissen, was genau ihr Minister als nächstes plant.

Holetschek empfiehlt Talkshow-Abstinenz

Nun also soll die Isolation weiterhin vom Gesundheitsamt angeordnet werden, die Quarantäne, wenn man mit Infizierten in Kontakt gekommen ist, allerdings nicht. Damit will Lauterbach die Gesundheitsämter entlasten, seine Begründung für seine jüngste Kehrtwende. Aus Bayern kam – im Übrigen ebenfalls per Twitter – von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) die Aufforderung an Lauterbach, seinen Politikstil zu ändern und besser zu kommunizieren.

Der doppelte Lauterbach

Lauterbachs Volte kratzt einmal mehr am Image des Ministers, der ohnehin, seit er im Amt ist, einiges vertreten musste, was er als Abgeordneter und Dauer-Talkshow-Gast niemals unterschrieben hätte. Er verkaufte in Pressekonferenzen die Lockerungen als guten Kompromiss und warnte dann bei Twitter vor Long Covid und den Gefahren für Risikogruppen. Er rechtfertigte, dass die Maskenpflicht abgeschafft wird - und rief eindringlich dazu auf, die Maske weiter zu tragen. Der Spagat zwischen dem pragmatischen Gesundheitsminister einer Dreierkoalition, in der mindestens ein Partner, die FDP, diametral zu Lauterbachs privater Position steht, und dem mahnenden Warner in der Corona-Krise.

Man fragt sich, wie lange der nachtaktive Lauterbach das noch aushält. Wie aber das Dilemma lösen? Karl Lauterbach müsste wohl ganz gegen seine Natur zu Karl Leiserbach werden.

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