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Christian Lindner

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Lindners Bäckerei-Äußerung freut die AfD

Lindners Bäckerei-Äußerung freut die AfD

Ist es Alltagsrassismus, nur unglücklich formuliert oder völlig in Ordnung? Das Netz spottet und diskutiert über die Parteitagsrede von FDP-Chef Christian Lindner. Und die AfD freut sich – mit bissigen Bemerkungen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Christian Lindner bekommt scheinbare Rückendeckung von einem Mann, von dem er sie sich sicher nicht gewünscht hat. AfD-Chef Jörg Meuthen spricht von einem "unberechtigten Vorwurf" gegen Lindner – und kombiniert diese Verteidigung mit Schadenfreude. Es sei "schön", sagt Meuthen, wenn nun "einer wie Lindner", der der AfD zu Unrecht Fremdenfeindlichkeit und Rassismus vorwerfe, einmal selbst mit diesem Vorwurf konfrontiert werde.

AfD: "'Altparteien' übernehmen unsere Positionen"

Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Georg Pazderski freut sich derweil, dass die "Altparteien" gar nicht mehr anders könnten, "als die Positionen der AfD zu übernehmen" – weil sie sonst den Anschluss an die Realpolitik und die Bürger "endgültig verlieren".

Auch die Fraktionschefin der AfD im Bundestag, Alice Weidel, reagiert auf Lindners Bäckerei-Äußerung. Sie allerdings sieht darin nichts weiter als "markige Sprüche", die nicht darüber hinwegtäuschen könnten, dass die FDP seit langem keine liberale rechtsstaatliche Politik mehr verfolge.

Alice Weidel bietet der FDP indirekt Zusammenarbeit an

Weidel weist darauf hin, dass sich die FDP im Bundestag bisher "jedem Antrag der AfD konsequent verweigert" habe – und drückt ihre Hoffnung aus, dass sich das ändert: "Wir laden die FDP aber gerne ein, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen."

Ist also Lindners Bäckerei-Geschichte aus der Parteitagsrede ein politischer Schwenk nach rechts? Der FDP-Chef sah sich bemüßigt, diesen Eindruck zu zerstreuen. In einem Twitter-Video erklärte er, was er mit der "Anekdote" habe ausdrücken wollen – und fügte hinzu: Wer darin "Rassismus lesen will oder Rechtspopulismus, der ist doch etwas hysterisch unterwegs".

FDP nimmt Christian Lindner in Schutz – und der Grünen-Chef auch

Unterstützung kommt von Lindners Parteifreunden. Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Alexander Graf Lambsdorff sprach von einem Missverständnis, und der Innenpolitiker Konstantin Kuhle twitterte: "Wenn wir unsere Regeln für Flucht und Einwanderung nicht klar durchsetzen, dann bringt dieses Zaudern alle Einwanderer in Misskredit." Nichts anderes habe Lindner gesagt – und "wer darin Rassismus erkennen will, ist nicht ganz bei Trost".

Unerwartete Unterstützung für Lindner kam von den Grünen. Deren Parteichef Robert Habeck sagte der "Bild", Lindner sei kein Rassist; er nehme ihn da gegen jeden Verdacht in Schutz. Aber: Lindners Argumentation sei "schief" und "falsch" gewesen; die Äußerung insgesamt "dusselig".

Welche Annahmen liegen Lindners Anekdote zugrunde?

Man könnte es damit bewenden lassen: Die einen kritisieren Lindners Bäckerei-Äußerung, die anderen finden, er sei missverstanden worden, wieder andere freuen sich – ob scheinbar oder wirklich. Politische Reflexe, nichts besonderes. Oder man schaut sich die umstrittene Stelle von Lindners Parteitagsrede genauer an – und stellt fest, dass seiner Äußerung zumindest diskussionswürdige Annahmen zugrunde liegen.

Lindner stellt zunächst fest: "Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterscheiden, wenn einer mit gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hoch qualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist, oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer." Schon an dieser Stelle stellt sich die Frage, wie viele Bäckerei-Kunden sich wirklich Gedanken über den Job oder das Aufenthaltsrecht eines anderen Kunden Gedanken machen.

Angst vor jemandem, der gebrochen deutsch spricht?

Dann kommt Lindner zu seinem Anliegen. Er findet: "Damit die Gesellschaft befriedet ist, müssen die anderen, die in der Reihe stehen, damit sie nicht diesen einen schief anschauen und Angst vor ihm haben, müssen sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich legal bei uns aufhält." Lindner setzt also voraus, dass Menschen "Angst" vor jemandem haben, der "in gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt". Der FDP-Chef erklärt diese Angst nicht für irrational, nicht einmal für diskussionswürdig, und hält es offenbar auch nicht für problematisch, den gebrochen Deutsch sprechenden Kunden "schief an[zu]schauen".

Was seiner Ansicht nach die Aufgabe des Staates in diesem Zusammenhang ist, erklärt Lindner dann: "Die Menschen müssen sich sicher sein, auch wenn jemand anders aussieht und noch nur gebrochen deutsch spricht, dass es keine Zweifel an seiner Rechtschaffenheit gibt." Warum aber sollte man überhaupt jemandes Rechtschaffenheit in Zweifel ziehen, der "anders aussieht" und "gebrochen Deutsch spricht"?

Chancen und Risiken der freien Rede

Christian Lindner gilt als einer der besten Redner im Bundestag, vielleicht ist er sogar der beste. Er redet frei und trotzdem meist druckreif – und hat das auch beim Parteitag getan. Grundsätzlich ist das gut so. Wer frei spricht, redet in der Regel besser.

Ein Nachteil ist eben, dass eine solche Rede zwangsläufig weniger genau vorbereitet ist. Hätte Lindner seine Bäckerei-Geschichte gedruckt auf Papier gesehen – er hätte sie vielleicht einfach aus seiner Rede gestrichen.