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Symbolbild: Abgase kommen aus einem Dieselfahrzeug

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Steuerzahler soll für Diesel-Nachrüstung blechen

Eine vom Bundesverkehrsministerium eingesetzte Kommission will offenbar Hardware-Nachrüstungen bei älteren Diesel-Fahrzeugen mit Steuergeld fördern. Das geht aus dem Entwurf der Abschlusserklärung hervor. Von Arne Meyer-Fünffinger und Josef Streule

Kann die Politik die Autoindustrie zwingen, über die bereits verabredeten Software-Updates hinaus auch Hardware-Nachrüstungen auf eigenen Kosten vorzunehmen? Den Einbau eines zusätzlichen Katalysators also? Die Rechtslage ist nach Einschätzung der Regierungskommission nicht eindeutig, so die Informationen von BR Recherche und Süddeutscher Zeitung. In einem Papier der Kommission heißt es, dass das Kraftfahrtbundesamt die Konzerne nur zu einer solchen Maßnahme verpflichten könne, "sofern das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung hinreichend nachgewiesen ist". Deswegen kommt für das Gremium jetzt auch eine finanzielle Förderung dieser Maßnahmen in Frage.

"Bei Vermeidung von Fahrverboten kann das Ziel eines möglichst großen Anteils nachgerüsteter Fahrzeuge wesentlich dadurch verfolgt werden, dass die Kosten für die Nachrüstung durch eine externe Förderung abgedeckt werden. Eine solche Förderung könnte sich neben öffentlichen Mitteln auch aus finanziellen Beiträgen der Automobilhersteller speisen." Entwurf der Abschlusserklärung Expertenrunde 1 Nationales Forum Diesel

Verbände halten wenig von öffentlicher Förderung

Ins Detail geht die Kommission dabei nicht, aber die Grundrichtung scheint festzustehen: Steuergeld für die Lösung eines Problems, das vor allem die Autoindustrie zu verantworten hat. Vertreter von Verbänden, darunter Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, stehen dieser Idee "sehr zurückhaltend" gegenüber und sehen in erster Linie die Konzerne in der Pflicht.

"Ich habe den Eindruck, dass sich die Autoindustrie nicht in der Verantwortung sieht. Und das ist eindeutig falsch. Ob sie juristisch verantwortlich ist, das ist für mich eigentlich nachrangig. Die Bundesregierung muss mit der Autoindustrie sprechen und ihr sagen, das ist ein Problem, das ihr verursacht habt. Und ihr seid diejenigen, die dafür gerade stehen müssen. Es wäre das falsche Signal, mit Abwrackprämien oder Neukaufprämien zu arbeiten, weil man damit die Autoindustrie aus der Verantwortung lassen würde. Ich sehe auch bei der Hardwarenachrüstung die Autohersteller in der Pflicht." Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer Deutscher Städtetag
"Die Hersteller müssten die Kosten in Gänze tragen, weil sie auch für das Problem ursächlich verantwortlich sind. Wenn man sie aber rechtlich dazu nicht zwingen kann, muss die Politik Druck machen und zwar so weit, dass die Hersteller, wenn sie schon nicht alles tragen, den größten Teil tragen. Am Ende dürfen nicht die Kunden auf den Kosten sitzen bleiben." Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität beim VZBV

VDA weiter gegen Hardware-Nachrüstungen

Damit wiederum kann sich die Autoindustrie nicht anfreunden. Hardware-Nachrüstungen seien "äußerst komplex und aufwändig. Insbesondere müssen individuelle Lösungen für einzelne Baureihen entwickelt werden", ließ der Verband der Automobilindustrie (VDA) in einem Sondervotum der Kommissionserklärung festhalten. Das hängt damit zusammen, dass ein vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenes Gutachten der Technischen Universität München, dessen Darstellung ebenfalls in der Abschlusserklärung breiten Raum einnimmt, zu dem Ergebnis kommt, die Nachrüstung zum Beispiel von älteren Euro 5-Diesel-Fahrzeugen sei "mit einem verträglichen Aufwand möglich".

Der mit Datum 13. Februar nach mehrmaliger Überarbeitung und Abstimmung fertiggestellte Entwurf des Abschlussberichtes dieser Expertenrunde kommt außerdem zu dem Ergebnis: "Entscheidend für die angestrebte Minderung der NOx-Emissionen über die gesamte Diesel-Fahrzeugflotte ist das Erreichen eines möglichst großen Anteils nachgerüsteter Fahrzeuge am technisch nachrüstbaren Fahrzeugpark." Vertreter der Länder Bayern und Niedersachsen sowie von mehreren Verbänden halten deswegen an ihrem Vorschlag für eine neue Abwrackprämie für ältere Diesel-Fahrzeuge in Höhe von 2.000 Euro fest. Er ist in dem BR Recherche und der SZ vorliegenden Protokoll ebenfalls enthalten. Der BR hatte darüber bereits am 1. Februar berichtet.

Diesel-Gipfel beschloss Software-Updates und Expertengruppen

Dass Software-Updates alleine nicht ausreichen könnten, um das Problem hoher Schadstoffwerte vor allem in Ballungsräumen in den Griff zu bekommen, hat der Diesel-Gipfel am 2. August 2017 bereits angedeutet. "Die technischen Nachrüstungen sind ein erster wichtiger Schritt zur Senkung des NOx-Ausstoßes der Dieselfahrzeuge in unseren Städten. Weitere Schritte müssen folgen", stellte die Politik in ihrer nach dem Gipfel verbreiteten Erklärung fest. Die Vertreter der Autoindustrie unterzeichneten diese Erklärung damals nicht. Sie erklärten sich lediglich dazu bereit, bei etwa 5,3 Millionen älteren Diesel-Fahrzeugen Software-Updates vorzunehmen. Der Gipfel einigte sich damals auch darauf, mehrere Expertenkommissionen einzusetzen, darunter eine mit dem Titel "Emissionsreduzierung in den im Verkehr befindlichen Fahrzeugflotten". Neben mehreren Bundes- und Landesministerien gehören ihr Vertreter verschiedener Verbände und auch die Autoindustrie selbst an.

Ende Februar kommt diese Expertengruppe zu ihrer sechsten Sitzung zusammen, um über das Protokoll und die darin enthaltenen Vorschläge zu beraten. Die aktuelle Version, so eine Mail aus dem Bundesverkehrsministerium, war zwischen allein Teilnehmern abgestimmt.